Filmkritiken - von Independent bis Hollywood
 
2008 Filmkritiken | 10468 Personen | 3323 Kommentare  
   
Bitte wählen Sie

Email

Passwort


Passwort vergessen

> Neu anmelden

Auch interessant



Blood Creek
von Joel Schumacher




Meist gelesen¹

1. 
Cannibal Holocaust (Nackt und Zerfleischt)  

2. 
Martyrs  

3. 
Auf der Alm da gibt's koa Sünd  

4. 
Troll Hunter  

5. 
Antikörper  

6. 
Das Zeiträtsel  

7. 
Supernatural  

8. 
Harry Potter und der Orden des Phönix  

9. 
Andromeda - Tödlicher Staub aus dem All  

10. 
Midnighters  
¹ gilt für den aktuellen Monat

  FILMSUCHE
  Sie sind hier: Filmkritiken > Joel Hopkins > Liebe auf den zweiten Blick
Liebe auf den zweiten Blick RSS 1.0


Liebe auf den zweiten Blick

Liebe auf den zweiten Blick

Ein Film von Joel Hopkins


Wie heißt die Stadt der Liebe? Die meisten werden mit Sicherheit „Paris“ antworten und damit einem bereits eingelaufenen Pfad folgen, den zuvor schon so viele andere entlang geschlendert sind. Keine Frage: die französische Hauptstadt hat unzählige romantische und harmonische Fleckchen, die sie zum Anlaufpunkt für Frischverliebte und solche, die es noch vor sich haben, werden lassen. Doch wenn man mal genauer nachdenkt, finden sich solche Plätze mitunter auch vor der eigenen Haustür, im heimischen Park … und an Orten, an denen man es auf den ersten Blick gar nicht vermuten würde. Wer nämlich genau hinsieht, kann Paris überall wiederfinden – auch im schönen London. Und dort beginnt unsere Geschichte von zwei Menschen, mit denen es das Schicksal nicht sonderlich gut gemeint hat.


Name: Harvey Shine.
Der New Yorker Werbejingle-Komponist (Dustin Hoffman) reist widerwillig nach London zur Hochzeit seiner Tochter Susan (Liane Balaban). Seine Karriere läuft zur Zeit mehr schlecht als recht, und auch die familiäre Zusammenführung am Abend vor der Hochzeit hatte sich der alternde Harvey sicherlich anders vorgestellt. So wird er kurzerhand in ein abgelegenes Hotel abgeschoben, während die übrige Hochzeitsgesellschaft in einem eigens gemieteten Haus nächtigt. Zu allem Überfluss offenbart Susan ihm kurz vor der Hochzeit, dass sie sich lieber von ihrem Stiefvater (James Brolin) zum Altar geleiten lassen will.
Der Schmerz sitzt tief, so dass Harvey keinerlei Lust mehr verspürt, an der Feier am nächsten Abend teilzunehmen. Doch es kommt natürlich, wie es kommen muss: erhöhtes Verkehrsaufkommen macht seiner geplanten Rückreise einen dicken Strich durch die Rechnung, weshalb sich der Zurückgewiesene genötigt sieht, einen weiteren Tag in London zu verweilen. Missmutig besucht man das Flughafenrestaurant.


Name: Kate Walker.
Eben dort sitzt die erfolglose Passagieraushorcherin (Emma Thompson) nach einem missglückten Blind Date und vergräbt sich in einen Kitschroman. Zunächst gibt es einige Kommunikationsschwierigkeiten, doch nach und nach bricht das Eis und das (nicht nur nach außen hin) ungleiche Paar entschließt sich zu einem ausgedehnten Spaziergang entlang der Themse. Zwei Menschen, vom Schicksal gezeichnet, und letztlich durch selbiges zusammengeführt…


Grund der Einreise: Ein Wink des Schicksals.
Bereits nach wenigen Minuten stehen sowohl Kate als auch Harvey vor den Scherben ihres Lebens, scheint die letzte Chance, alles wieder in geregelte Bahnen zu lenken, in weite, unerreichbare Ferne gerückt. Regisseur und Drehbuchautor Joel Hopkins („Jump Tomorrow“ [2001]) erspart den bereits vom Leben Gezeichneten dabei keine Enttäuschung, weshalb es auch dann noch schlimmer kommt, wenn man denkt, dass es nun endlich überstanden sein müsste. Doch die Schicksalsschraube dreht sich unaufhörlich weiter, und der Zuschauer wird stiller Beobachter der zum Spielball der Emotionen verkommenden Protagonisten. „LIEBE AUF DEN ZWEITEN BLICK“ („Last Chance Harvey“) ergötzt sich jedoch im Weiteren nicht am Schicksal zweier gebeutelter Individuen, sondern zeigt, dass Unangenehmem auch durchaus Hoffnung innewohnen kann. Die mit ruhiger Hand inszenierte, von John de Borman („Weil es Dich gibt“ [2001]) wunderschön fotografierte Reise in die Metropole an der Themse verknüpft dabei gekonnt sich die Waage haltende dramatische Momente mit lustigen, niemals albernen oder gar überzogenen Passagen und zeigt damit die komplette Bandbreite an Emotionen und Gefühlen. Enttäuschung, Hoffnung, das erste Kribbeln seit Jahren – all diese Posten werden für Harvey und Kate zu begleitenden Weggefährten auf ihrem gemeinsamen Weg durch London, das sich extra von seiner schönsten Seite zeigt. Wer hätte gedacht, dass Englands Hauptstadt der französischen derart ähnlich sein könnte? Hopkins` leise Dramödie versteht sich somit gleichermaßen als bildgewaltige, bezaubernde Liebesode an seine Heimat und Chronik einer späten, aber nicht zu späten Liebe. Nur Richard Linklaters „Before Sunrise“ [1995], der von einer jungen Liebe in Wien handelt, fühlte sich in den vergangenen 10 Jahren derart echt, derart ehrlich an.


Geplante Verweildauer: Noch nicht bekannt.
Doch anders als Linklater scheint Regisseur Hopkins dann zum Ende hin doch dem Sieg der Liebe ein Zugeständnis machen zu wollen, was dem grundehrlichen Ton des feinfühligen Films aber keineswegs schadet. Im Gegenteil: Dustin Hoffman („Wenn Träume fliegen lernen“ [2004]) und Emma Thompson („Tatsächlich Liebe“ [2003]), nach „Schräger als Fiktion“ [2006] wieder als etwas anderes Traumpaar vor der Kamera vereint, bieten derart gelungene Charakterisierungen der ihnen eigens auf den Leib geschriebenen, liebenswerten Figuren, dass es einfach nicht fair wäre, wenn … Oder doch? Aber wir wollen ja nicht gleich alles verraten. Denn auch wenn Hopkins` Film in nur allzu bekannten Bahnen verläuft, gibt es doch eine unvorhergesehene Entwicklung gegen Ende, die überraschend eintritt und selbst Hoffmans Figur des Harvey trifft wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel. Und plötzlich ist sie wieder da, jene Erkenntnis, dass es nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen geben kann in dieser Welt. Gnadenlos ehrlich mausert sich „Last Chance Harvey“, so der passendere Originaltitel, zur Bild- und Filmwerdung dieser einen, dieser letzten Chance, die jeden von uns treffen könnte, ist dabei jedoch so gnädig, auch die einzig richtige Lösung aus dem Dilemma anhand des Schicksals zweier Menschen aufzuzeigen: Erkenntnis. Wer sich vor möglichen zukünftigen Schmerzen dadurch zu schützen glaubt, dass er/sie sich abschottet, wird niemals in den Genuss kommen, richtig gelebt zu haben. Wichtig ist vielmehr, dass man erkennt, wie sehr doch ein erfülltes Leben von der eigenen Einstellung abhängt. Und dass man mitunter bereit sein muss, etwas zu riskieren.


„LIEBE AUF DEN ZWEITEN BLICK“ ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein entspannter, wunderschön anzusehender Spaziergang durch eine Metropole, die man so vielleicht noch nie gesehen hat. Und plötzlich fällt die Beantwortung der eingangs gestellten Frage ganz anders aus, als man es vielleicht zunächst erwartet hätte. Denn es gibt sie nicht, die Stadt der Liebe. Vielmehr ist sie überall, genauer gesagt dort, wo unser Herz sie verortet.


Eine Rezension von Stefan Rackow
(15. Oktober 2009)
    Liebe auf den zweiten Blick bei ebay.de ersteigern


Kommentar schreiben | Einem Freund empfehlen

Daten zum Film
Liebe auf den zweiten Blick Großbritannien, USA 2008
(Last Chance Harvey)
Regie Joel Hopkins Drehbuch Joel Hopkins
Produktion Overture Films, Process Productions Kamera John de Borman
Darsteller Dustin Hoffman, Emma Thompson, Kathy Baker, Liane Balaban, James Brolin, Richard Schiff, Tim Howar, Wendy Mae Brown
Länge 89 Minuten FSK ohne Altersbeschränkung
http://www.lastchanceharvey.com/
Filmmusik Dickon Hinchliffe
Kommentare zu dieser Kritik
Stefan R. TEAM sagte am 07.07.2011 um 14:12 Uhr

Das Erste zeigt heute um 22.45 Uhr die Free-TV-Premiere dieser netten Romanze, die durchaus einen Blick wert ist.

Kommentar schreiben | Einem Freund empfehlen

 

Impressum