Die Coen-Brüder, die sich 2007 eindrucksvoll mit No Country for Old Men zurückgemeldet haben, können in ihrer Filmographie mit einigen Highlights aufwarten: „Fargo“, „Hudsucker“, „The Big Lebowski“ oder „O Brother, where art thou?“ zeigen beispielhaft das Wesen ihrer Filme: eine ruhige Erzählstruktur, schwarzer Humor und eigenartige Charaktere, die immer wieder ungewöhnliche Situationen auslösen oder reingestoßen werden. Barton Fink ist dabei vielleicht der Film, der diese Eigenschaften konzentriert und durch seine wuchtige Bildsprache vollkommen ausreizt.
1941: Barton Finks(John Turturro) Stücke laufen erfolgreich am Broadway. Die lobenden Kritiken, die bis nach Hollywood dringen, widern ihn an - er möchte Kunst erschaffen, eine Plattform für den „einfachen Mann“, trotzdem lässt er sich widerwillig auf eine Einladung von Jack Lipnick(Michael Lerner) ein, dem Inhaber von „Capitol Pictures“. Aber schon sein erster Auftrag, einen simplen Catcher-Film zu schreiben, löst eine Schreibblockade aus, die ihn überfordert und quält. Weder sein Nachbar Charlie Meadows(John Goodman) noch sein Vorbild, der Autor W. P. Mayhew(John Mahoney), den er zufällig trifft, können ihm die erhoffte Hilfe geben. Die Inspiriation kommt schließlich in Form einer toten Frau(Judy Davis) und während Barton vielleicht das beste Script seines Lebens schreibt, weiß er nicht, was ihm noch bevorsteht...
Einer der Eigenheiten, die einen Co
en-Film ausmachen, sind die Charaktere, die dem Zuschauer präsentiert werden - jeder hat Eigenschaften, die für sich nicht ungewöhnlich sind, aber zusammengenommen dann ins Ungewöhnliche, wenn nicht sogar Absurde umschlagen. John Goodman, der schon in The Big Lebowski als Vietnamveteran Walter Sobchak brillieren dürfte, nimmt hier als Versicherungsvertreter und Bartons Zimmernachbar, eine der großen Rollen im Film ein. Er ist der „einfache Mann“, der den Leuten „ein wenig Seelenfrieden“ verkäuft. Seine Rolle hat am Anfang eine gewisse Grundpräsenz - er ist nicht nur ein Spiegel von Bartons bisheriger Inspiration und seiner Zielgruppe, er gibt dem Hotel Earl auch Leben - und ist beispielhaft für die Bildsprache, der sich Barton Fink bedient: andere Bewohner sucht man vergebens, sie werden lediglich angedeutet durch Schuhe oder lautes Stöhnen, wenn sie Sex haben. Das Auftauchen, das Vorhandensein von Charlie Meadows wird auf besondere Weise dargestellt, die man erst nicht mit ihm in Zusammenhang bringen kann, aber dafür später umso bedrohlicher wirkt. Dabei ist es allerdings die Einsamkeit, die die Grundlage ihrer Freundschaft ist und für Barton später auch sehr wichtig werden wird.
Selbstverständlich dominiert Turturro das Geschehen mit seiner Präsenz, seine Figur ist es ja auch, die im Mittelpunkt steht - und so gibt es eben beinahe keine Szene, die ihn nicht zeigt. Wir lernen nicht nur seine Perspektive der Geschichte kennen, sondern auch die Facetten seiner Persönlichkeit: während Barton anfangs verbittert wirkt und es auch bei allen Gelegenheiten rauskehrt, zeigt er später auch Freude und Begeisterung. Durch seine Präsenz wird dem Autoren das Beeindruckende genommen, er verfällt zu einem Menschen, der zufällig seinen Lebensunterhalt mit einer Schreibmaschine bestreitet. Mit anderen Worten: er wird greifbar, ein „einfacher Mann“ eben. Dabei ist er aber immer ein Opfer; die Kernkritik, die der Film transportiert und deren Auswirkungen Barton immer wieder zu spüren bekommt - sowohl am eignen Leib als auch durch das Beobachten anderer Figuren -, wird von Studioboss Jack Lipnick getragen, der den Bezug zur Realität verloren hat und schlicht „Hollywood“ ist. Lipnick hält nichts von innovativen Stoffen. Er gibt vor, dass er das „Barton Fink-Gefühl“ in seinen Filmen vermitteln möchte, obwohl er nur am Namen „Barton Fink“ interessiert ist - das Ausschlachten von Filmstoffen durch Hollywood, Filme, die nachdem selben Schema funktionieren und sich etabliert haben, all das zentralisiert sich in dieser Figur, sogar die Abgehobenheit der Branche wird dargestellt, denn: als die USA in den zweiten Weltkrieg eintreten, ist es Lipnick der in einer Uniform vor Barton steht und darauf wartet eingezogen zu werden, ganz so, sei der Krieg eben nur ein Film, dessen Ausgang gewiß ist; oder ein Drehbuch, was er in Auftrag gegeben habe. Lipnick ist also vielmehr die profitorientierte Filmbranche an-sich, die erst lockt und dann nach und nach ihr wahres Gesicht zeigt, dabei aber keinerlei Bindung zur Realität hat - ein Gegenentwurf zu Bartons Werten und Leben eben.
Das Problem von „Barton Fink“ ist nicht, dass er es nicht mit der Erzählgeschwindigkeit übertreibt, sondern vielmehr dass der Film sich phasenweise in dieses Spiel verrennt und dabei die Grenze zur Langeweile überschreitet. Durch das Auftauchen der ersten Leiche, bekommt der Film wieder Energie und Spannung, gewinnt an Fahrt und bricht langsam mit der gesamten Erzählweise. Der Effekt ist einfach: der Zuschauer schaltet nicht aus. Gerade aber Hinblick auf die zum Teil grandiosen Kameraeinstellungen - als Barton Sex hat, gibt es eine Kamerafahrt in einen Abfluß -, und dem durchdachten Plot, ist es schade, dass der Film einen faden Nachgeschmack hat.