Jess (Sarah Michelle Gellar) und Ryan (Michael Landes) sind ein glückliches Paar. Einzig Ryans Bruder Roman (Lee Pace) trübt die Stimmung. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis ist er in das Haus der jungen Eheleuten eingezogen, um hier in ein normales Leben zurückzufinden. Mit seinem weniger als halbherzigen Versuch, sich anzupassen, wirkt er auf Jess jedoch vor allem störend, macht ihr zeitweise gar Angst. Als er sich schließlich doch urplötzlich aufmacht, das Haus zu verlassen, ahnt sie nichts Gutes und alarmiert Ryan per Handy. Eilig macht sich dieser auf den Weg, seinen Bruder aufzuhalten. Zu eilig. Denn in den unheilvollen Schatten einer unversehens aufziehenden Nebelwand rasen die Autos der Brüder ungebremst ineinander.
Schwer verletzt liegen Ryan und Roman fortan im Koma. Nach Ansicht der Ärzte besteht kaum Hoffnung auf Genesung. Doch entgegen aller Erwartungen erwacht Roman schließlich, nur scheint er nicht mehr er selbst zu sein. Vielmehr berichtet er von Erinnerungen, welche unmöglich seinem eigenen Gedächtnis entsprungen sein können, und legt zunehmend Verhaltensweisen an den Tag, die eher seinem Bruder als ihm selbst zugehörig erscheinen und Jess in höchstem Maße verschrecken. Nur zögerlich lässt sie eine Annäherung zu und beginnt schließlich, eine ungeheure Möglichkeit in Betracht zu ziehen: hat ihr Ehemann die Fesseln seiner eigenen sterblichen Hülle, dem Tode näher als dem Leben, abgelegt und ist im Körper seines Bruders zu ih
r zurückgekehrt?
Bereits 2007 wurde die Produktion fertiggestellt und sollte Anfang des folgenden Jahres ihr Debüt auf der großen Leinwand feiern. Doch finanzielle Nöte auf Seiten des Verleihs sorgten für ein schrittweises Verschieben des Kinostarts, bis dieser schließlich ganz aufgegeben und stattdessen der direkte Weg zum DVD-Markt eingeschlagen wurde. Zunächst lief das Werk noch unter dem Titel "ADDICTED", was sich an jenen des südkoreanischen Films "JOONG-DOK" hielt, der hier als Vorlage gedient hatte. Für die Veröffentlichung änderte man den Titel des Remakes in
"POSSESSION", eine dezente Modifizierung, welche verschiedene mögliche Nuancen der Geschichte verdeutlicht. Überflüssig zu erwähnen, dass der deutsche Untertitel wie so oft nur wenig Bezug hierzu aufweist.
Scheint die Wahl eines anderen Titels auf den ersten Blick nur wenig Bedeutung zu haben, enthüllt sich bei genauerer Betrachtung der Knackpunkt in dieser kleinen Abänderung, der eng mit einer inhaltlichen Evolution einherging. Klein, aber fein ist der Unterschied, welcher zwischen
possession und
addiction besteht. Während das erste eine zügellose Gier mit drohender Gefährdung Anderer erahnen lässt, betont das zweite eine Abhängigkeit in Verbindung mit Selbstaufgabe. Im vorliegenden Falle trifft der ursprünglich gewählte Titel weniger den Tenor des fertigen Filmes, dafür aber umso mehr jenen des alternativen Endes. Mit geänderter Szenenfolge und neu eingefügten Sequenzen präsentiert diese auf der DVD enthaltene zweite Fassung einen Film, der sich in seiner Grundstimmung recht deutlich von dem unterscheidet, was schließlich im Hauptfilm mit
"POSSESSION" betitelt wurde. Der romantisch veranlagte Zuschauer mag eher der Endfassung zugetan sein, während der alternative Schnitt wohl mehr etwas für den Realisten ist. Fest steht: nach dem groß angekündigten Thriller sucht man in beiden Varianten vergebens, ist der Film doch vor allem eine emotionale Geschichte über zwischenmenschliche Beziehungen. Höhepunkte in der Spannungskurve sind dabei eher selten, der Erzählfluss bleibt seiner zu Beginn etablierten ruhigen Art überwiegend treu. Wer gern einer stillen Erzählung lauscht, wird sich von
"POSSESSION" durchaus unterhalten fühlen. Wer jedoch auf übernatürlichen Nervenkitzel hofft, wird wohl oder übel enttäuscht werden. Ein echtes Highlight findet sich fast nur in
Lee Pace ("Pushing Daisies"), der den Balanceakt zwischen selbstbewusster Verkörperung des Rauhbeins Roman und zurückhaltend sensibler Darstellung des charmanten Ryan (?) nach dem Unfall scheinbar mühelos meistert. Die übrigen schauspielerischen Leistungen sind unterdessen solide, hinterlassen jedoch kaum nachhaltigen Eindruck.
Dafür gibt es auf technischer Seite wenig Anlass zur Beanstandung. Der Score passt sich der überwiegend ruhigen Stimmung an und unterstreicht den Verlauf der Geschichte mit zumeist bedachten Tönen. Zu dieser gelungenen Untermalung gesellt sich eine beeindruckende, teils von jeglichen Grenzen losgelöste Kameraführung, die gerade die Schlüsselsequenz – den folgenschweren Unfall – gekonnt in Szene setzt, obwohl der eigentliche Zusammenstoß als solcher niemals zu sehen ist. Dieser tragische Moment spielt sich mehr vor dem inneren Auge des Zuschauers als auf dem Bildschirm ab, ein Konzept, welches sich die gesamte Geschichte hindurch hält. Sowohl im Hauptfilm als auch im alternativen Schnitt bleibt Einiges der Interpretation des Zuschauers vorbehalten, was den Film an mancher Stelle unnötig verkompliziert und den Einen oder Anderen sicherlich unbefriedigt zurücklassen wird.
Alles in Allem ist den Machern mit diesem Remake sicher nicht der große Wurf gelungen. Als Thriller funktioniert der Film leider gar nicht, als Drama ist er immerhin solider Durchschnitt. In beiden Fassungen erwartet den Zuschauer zumindest jeweils eine interessante Wendung, die das sonst eher ideenarme Drehbuch allerdings auch nicht sonderlich aufwerten. Visuell ansprechend, aber inhaltlich eher gewöhnlich ist
"POSSESSION" durchaus für einen DVD-Abend daheim zu gebrauchen, wird dem Filmfreund langfristig aber wohl nicht im Gedächtnis haften bleiben.