Eine Gruppe Möchtegernstars trifft sich im abgelegenen Wald, um eine neue Reality-Show zu drehen: Apocalypse, eine Survivalshow in einer postnuklearen Zukunft - oder halt, mangels Atomkrieg, nur simuliert im Wald. Das Starlet selbst wird leider zerteilt, als sich die Straße teilt, so dass die Produktionsassistentin einspringen muss. Schon bald finden immer mehr Showteilnehmer ein mehr oder minder blutiges Ende, denn die Hinterwäldler aus Wrong Turn 1 sind zurück. Doch der Showmaster und das eigentliche Gimmick, ein ehemaliger Marine, gibt sich nicht so leicht geschlagen...
Der Vorgänger,
Wrong Turn, war ja in der Tat ein ganz netter Backwoods-Slasher. Man kennt das Schema: Äusserst Attraktive Teenager respektive Twentysomethings unternehmen Trip, müssen aus irgendeinem Grunde anhalten, und werden der Reihe nach dezimiert, bis schließlich das Final Girl Rache nehmen kann und entkommt. Wrong Turn tat nie etwas anderes, überzeugte dafür mit recht dichter Atmosphäre und überraschender Härte. Dazu noch die lässigen Hinterwäldler, und fertig war ein kleiner, gelungener Horrorfilm der harten Schule, jenseits von jeglicher selbstironischer und -referentieller, damals schon ausklingender, Screamwelle; die 80er waren wieder ansatzweise da, man fuhr das eigentlich angenommene Teenagerpublikum mit dem absoluten Mangel an Humor einfach über den Haufen. Bei geschätzten 10 Millionen $ Produktionskosten sp
ielte der Film natürlich sein Geld wieder ein und entwickelte sich gerade auf DVD zu einem kleinen Hit. Kein Wunder, dass man schließlich auf die Idee kam, ein Sequel zu machen. Und natürlich ist Teil 3 auch schon in der Mache.
Infolge der aktuellen Gore- oder auch (ich hasse diesen Ausdruck) Tortureporn-Welle ließ man sich nicht lumpen, und schiebt jetzt einen günstig produzierten Nachfolger direkt für den Video- respektive DVD-Markt nach. Auf dem Regiestuhl nimmt ein Nobody Platz, die meisten Darsteller sind auch unbekannte Nasen und die Schreiberlinge haben bereits Horrorerfahrung mit Candyman 3, Leprechaun 2 und Sleepstalker gesammelt. Und man kann ganz ehrlich schon im Voraus sagen: die Entscheidung, das Teil knapp zu budgetieren, und nicht ins Kino zu bringen, sondern direkt den DVD-Markt anzupeilen, hat sich gelohnt! Denn Wrong Turn 2: Dead End ist tatsächlich ein recht unterhaltsames Stückchen Film geworden, Zelluloid gewordenes Horror-Fast-Food für die Generation "Hardgore". Natürlich gespickt mit zahlreichen Selbstreferenzen, aber auch mit begeisternd agierendem Cast und Crew kann - kann! - der Film sogar den unbedarften Horrorvielschauer überzeugen, denn Wrong Turn 2 ist sich über sich selbst bewusst, und möchte auch wenig mehr sein - und genau das ist seine Stärke.
Wrong Turn 2 ist Fanservice. Das Drehbuch ist eher subinteressant, die Charaktere ebenso. Dafür sind diese mit reichlich Spielfreude am Start. Herausragend im Cast ist natürlich Henry Rollins. Der ehemalige Sänger von Black Flag, jetzt Schauspieler und Comedian ist mit schierer Freude und riesigem Engagement bei der Sache und spielt den ehemaligen Soldaten, als gäbe es keinen Morgen mehr. Overacting at its best, ohne nervig zu wirken. Positiverweise merkt sich das Drehbuch im Laufe der Spielzeit auch, dass der gute Herr ja früher bei der Armee war, und daher die Hinterwäldler keine Chance im Nahkampf gegen ihn haben. Die sonstigen Charaktere sind größtenteils Klischees und Abziehbilder, erfüllen diese Rolle aber vollauf: da gibt es (zumindest zu Beginn) das blonde aufstrebende Sternchen, den schwarzen ehemaligen Footballstar, die verliebte Produktionsassistentin, die karrieregeile Schlampe, das alternative Veganer-Emo-Mädel oder auch den Spaßvogel. Aber auch das funktioniert, da der Film keinerlei Tiefe vortäuschen will, die er eh nicht hat - und zumindest bei den Frage nach dem Final Girl bzw. den Überlebenden kann der Film doch fast überraschen.
Und wo der Film richtig dicke punkten kann sind, natürlich, die Effekte. Regisseur Joe Lynch blendet eigentlich nie weg, wenn die Künstler von WCT Production loslegen. Da wird gesprengt, erschossen, zerteilt, geschlitzt, geboren, skalpiert und durchbohrt als gäbe es keinen Morgen mehr. Alles Handarbeit, alles überzeugend, alles spaßig. Kein düsteres Foltergemetzel ala Saw und Konsorten, sondern zelebrierter Splatter als Gewaltspitzen, mit schwarzhumoriger Überzeichnung. Die Effekte sind mit Liebe zum Detail gemacht, gerade die Teilung zu Beginn sorgt mit dem richtigen Publikum sicherlich für Szenenapplaus, und natürlich kommt auch eine im weitesten Sinne landwirtschaftliche Maschine zum blutigen Einsatz, wie sollte es anders sein. Leider kann da das Make-Up der Hinterwäldler mit der entsprechenden Darstellung aus Teil 1 nicht ganz mithalten, aber die Arbeit eines Stan Winston (RIP) ist nunmal doch eine andere Budgetklasse. Und natürlich gibt es, wie sollte es auch anders sein, ein paar Brüste zu sehen, die für die Handlung gelinde gesagt absolut unwichtig sind, aber es ist nunmal Fanservice.
Regisseur Joe Lynch inszeniert das Geschehen absolut schnörkellos, es gibt eigentlich keine unnötigen Handlungsstränge, und auch das Bild wird weder sonderlich gefiltert, farblich verändert oder technisch beeinflusst. Dafür setzt er interessante Höhepunkte der Gewalt, hält ein hohes Tempo und sorgt für so manchen Anflug von Humor, ohne das ganze zur Comedy-Show verkommen zu lassen. Im Cast gibt es immerhin Ken Kirzinger als Anführer der Hinterwäldler zu sehen, der ja auch schon den guten alten Jason Voorheese gegeben hat. Ansonsten sehen wir Texas Battle, der auch schon in einer recht expliziten Sexserie mitgespielt hat, und Kimberly Caldwell, die scheinbar in der US Version von DSDS erfolgreich war.
Wrong Turn 2: Dead End ist sicherlich kein herausragender Film, aber bestimmt ein unterhaltsames Stück Horrorkino für das Videopublikum. Tolle Effekte, gesunde Härte und schnörkellose Inszenierung sorgen für ein gesteigertes Filmvergnügen.
Wrong Turn 2: Dead End ist Fanservice im positivsten Sinne.
Und wenn dann im Making-Of der Regisseur sich vor Lachen fast in die Ecke schmeißt und wie ein kleines Kind freut, als eine Puppe blutigst in alle Einzelteile gesprengt wird, da kann man sich sicher sein: der Film wurde von Fans für Fans gemacht. Zumindest hinter und vor der Kamera standen viele Leute, die sowas tatsächlich aus Leidenschaft machen. Die Produktionsfirmen lassen wir da mal raus, man will ja nicht romantisieren.
Wrong Turn 2: Dead End sudelt, unterhält, rockt und Wrong Turn 3 kann ruhig genauso werden.