Nachdem der Kollege Genzel sich in der Vergangenheit schon wagemutig an die schlimmsten Greueltaten des Schundfilmers Joe D'Amato (echter Name: Aristide Massaccesi) herangewagt hat, wollen wir ihm an dieser Stelle tatkräftige Unterstützung leisten und nun das „Meisterwerk“ des Horror, Softporno und Thriller-Kurblers besprechen.
Denn da die deutschen Behörden nach Ankuft des Streifens in unseren Landen bereits rot gesehen haben wie der Stier beim Kampf in der Arena, und diesem kurz darauf durch weitreichende Zensur zu fast schon Kultfilm-Ehren verholfen haben, ist das Werk eindeutig zu D'Amatos populärster „Leistung“ avanchiert.
Natürlich wusste auch der Verleiher, wie ein solches Schundprodukt absolut sicher vermarktet werden kann, und so wurden kurzerhand Poster an die Kinos geliefert, welche unter großen Warntafeln einen der entsetzlichsten Filme überhaupt angepriesen haben. Das Ganze wurde dann natürlich mit dem expliziten Hinweis versehen, dass es sich dabei
nicht um einen Werbegag handele, und Herzkranke, Kreislaufschwache und Schwangere doch bitte auf den Kinobesuch verzichten mögen. Dass diese Plakate eben genau das Gegenteil erreicht haben, sollte klar sein…
Dann mal ran an den Schmu.
Die Story beginnt ganz idyllisch mit einem vergnügten jungen Pärchen, das an der Küste Griechenlands Urlaub macht. Während der Mann sich erstmal am Strand chilligerweise auf seiner Decke niederlässt und mit seinem Walkman etwas hört, das uns der Regisseur anscheinend als Musik verkaufen will, geht die Frau eine Runde schwimmen. Ein Stückchen weiter draußen im Meer entdeckt sie ein verlassenes Ruderboot. Bevor man allerdings erfährt, was es damit auf sich hat, nähert sich die Kamera bedrohlich vom Meeresgrund auf die Touristin zu.
An dieser Stelle könnte dem Kinogast damals schon der Angstschweiß auf der Stirn gestanden haben: Sollte er sich wohlmöglich im Saal geirrt haben, und im neuesten Sequel des „Weissen Hais“ gelandet sein??!
Zum Glück erweist sich diese spontane Vermutung als Irrtum, wenn die Kamera sich Richtung Strand bewegt und man endlich unheilsames Knurren, Brummen und Stöhnen vernimmt. Da der immer noch in der Sonne brutzelnde junge Mann von seinem Unglück nichts mitbekommen hat, kriegt er erstmal eine Axt zwischen die Augen.
Nein - das war
kein Hai...das war der „Man-Eater“!
Da das kleine Blutbad natürlich nicht für einen waschechten Schocker reicht, muss noch eine weitere Gruppe junger Leute eine Segeltour zu dem scheinbar nicht so empfehlenswerten Ort machen. Damit die Spielzeit von rund 90 Minuten erfüllt wird, werden auf der Überfahrt erstmal die nicht gerade vor Komplexität strotzenden Charaktere vorgestellt, und da D'Amato das wahrscheinlich für eine gute Idee gehalten hat, hat eine der Anwesenden spiritistische Fähigkeiten. Natürlich wird das böse Omen der Hellseherin von dem Rest der Truppe als bloßer Humbug abgetan und der langsam ungeduldige und von unwichtigen Informationen überversorgte Zuschauer denkt sich: „So langsam kanns mal losgehen!“
Leider watscheln die Protagonisten noch eine Weile durch das – sowas könnte einem normalen Menschen zu denken geben – wie ausgestorben wirkende Dörfchen. Zwischendurch taucht ab und zu kurz eine in schwarz gekleidete Frau auf, was sowohl auf die Charaktere als auch den Zuschauer recht mysteriös und
spooky wirkt. Da das Boot aber inzwischen sowieso vom Ufer abgetrieben ist, und auch ein Blick auf die Uhr zum Überprüfen der Spieldauer signalisiert, dass langsam mal etwas passieren müsste, macht sich die Gruppe zu einem großen Anwesen auf. Dort werden sie von einem blinden Mädchen attackiert, das sie irrtümlicherweise für denjenigen gehalten hat, der für das Verschwinden der Menschen im Dörfchen verantwortlich ist.
Jetzt kommt etwas Fahrt in das Touristenführer-ähnliche Treiben, wenn endlich der titelgebende „Man-Eater“, ein großer und nicht sonderlich attraktiver Zeitgenosse, in den dunklen Ecken des Hauses sein Unwesen treibt und die eine oder andere Figur schonmal recht unsanft vernascht.
Als dann zumindest der erste Bedarf des Zuschauers an blutrünstigen Szenen gedeckt ist, will uns D'Amato sogar noch ein wenig emotional berühren, wenn er die Überlebenden der ersten Attacke an das Geheimnis des Ungetüms führt. Das menschenfressende Ekel trägt nämlich bürgerlich den Namen Nikos Karamanlis, und hat wegen grossem Hunger auf hoher See nach einem Schiffunglück seine eigene Frau und seinen kleinen Sohn verspeist. Das hat ihm offenbar sehr geschmeckt, denn von nun an steht Menschenfleisch bei ihm ganz oben auf der Speisekarte.
Um noch ein bisschen Gruselstimmung in sein Machwerk zu zaubern, hetzt der Regisseur gegen Ende zwei seiner Figuren zu – laut Fan-Seite im Netz – „atmosphärischen Kompositionen“ des „Maestros“ Marcello Giombini durch die Katakomben eines Friedhofs. Jetzt dachte sich D'Amato wohl, dass er zum Schluss nochmal voll auf die Tube drücken müsste, und lässt dort den „Man-Eater“ einer schwangeren Protagonisten einen Embryo aus dem Leib reißen und verspeisen. Das ist dann wohl auch die berüchtigte Szene, die dem Film neben seiner Schleichwerbung durch die Zensur zu zweifelhaften Ehren verholfen hat. Ob selbst der abgebrühteste Zuschauer so etwas Widerliches sehen möchte, ist wohl sehr fraglich – meine Wenigkeit hat das peinliche Stück zumindest nach dem Leih von einem Kumpel in der Wohnung verstecken müssen (am besten im Wäschekorb unter den schmutzigen Socken!), um den angekündigten Damenbesuch nicht zu verschrecken…
Zu guter Letzt
*ACHTUNG, ACHTUNG – ein Spoiler für die Hartgesottenen!* schafft es doch noch ein Pärchen, dem „Man-Eater“ zu entkommen und haut ihm eine Spitzhacke in den Bauch. Da dieser scheinbar trotz tagelangem Schlemmen immer noch nicht satt gewesen ist, greift er in der finalen Einstellung nach seinen heraushängenden Gedärmen und beisst herzhaft zu – Bon Appétit!
Inzwischen ist D'Amatos 80er Schocker sogar als jugendfreie FSK 16-Version für den Großhandel erschienen, aber eigentlich sollte dieser Text als Warnung vor einem stümperhaften, debilen Italo-Trash-Streifen verstanden werden, den man in
keiner Fassung besitzen muss!!
Als kleine Bekräftigung der letzten Aussage sei noch hinzugefügt, dass wirklich
jeder Film von Lucio Fulci („
Ein Zombie hing am Glockenseil“) ein poetisches Gedicht gegenüber diesem Müll darstellt.
Ab in die Tonne!