Lederschuhe, Handtaschen, Jacken – warum sollte etwas, das sich zu teuren, Aufsehen seitens der luxuriösen Modewelt oder der ein oder anderen Tierschutzkampagne erregendes Material nicht auch um seinen Ursprungskörper gewickelt in einem Horrorfilm so einiges hergeben? Klar, dass Krokodile und Alligatoren nicht nur wegen ihrer äußeren Verpackung attraktiv erscheinen; auch ihre vielen spitzen Zähne, der böse Saurierblick und ihre Vorliebe für rohe Fleischhappen geben auf eine Leinwand gebannt doch so einiges her. Wenn’s einem schon bei ihrem Anblick im Zoo gruselt, ist doch Schritt zum Gruselfilmdarsteller gar nicht mehr so weit. Bei einer anderen auf unserem Planeten wandelnden Spezies erscheint dies schon weniger offensichtlich. Was man sonst nur als leckere Hauptattraktion auf seinem Teller neben Rotkohl und Kartoffelklößen eingetunkt in brauner Soße findet, soll nun als Bestie dem geneigten Tierhorrorfan Angst einjagen? Da muss man sich wohl schon einiges einfallen lassen, um die Hauptspeise glaubwürdig zum Fresssack mutieren zu lassen.
Großstadtpolizist Kim (Tae-Woong Eom) muss aufgrund einer Versetzung die Millionenmetropole Seoul verlassen und zusammen mit seiner Mutter und seiner schwangeren Frau in eine dörflich-ländliche Ortschaft ziehen, in der es – so wird es immer wieder betont – keine Verbrechen gibt. Langweilig wird’s hier aber anscheinend dennoch nicht, denn ein massenmordendes, furchtbar hungriges Wildschwein gigantischen
Ausmaßes sucht immer wieder die Möchtegernidylle heim. Um der Keilerei ein Ende zu bereiten, ziehen Kim, Großwildjäger Baek (Jae-Moon Yoon) und Biologiestudentin Su-ryeon (Yu-mi Jeong) schließlich kampfbereit in die Wälder…
So ganz taufrisch ist die Idee, einen Tierhorror um die Bestie Schwein zu drehen, vor allem nach „
Pig Hunt – Dreck, Blut und Schweine“ (2008) nicht gerade, aber sie erscheint auch nicht so ausgelutscht wie zum Beispiel oft gesehener Krokodil-Horror wie „
Rogue - Im falschen Revier“ oder Filme á la „
Der weiße Hai“. Somit dürfte „Keiler – Der Menschenfresser“ für den Genrefan eine gern gesehene Abwechslung darstellen, denn zu witzig scheint die Idee, ein Wildschwein einfach auch wirklich mal ein wildes Schwein sein zu lassen.
An dieser Stelle ist es leider die Genremischung von Tierhorror und Komödie, die hier zu einigen Punktabzügen in der Bewertung von „
Keiler – Der Menschenfresser“ führt. Was bei „
Arac Attack“ zum Beispiel noch ganz gut funktioniert, geht bei besagtem Schweinefilm aber gepflegt nach hinten los. Der um Weiten überstrapazierte Blödeleihumor nervt hier nämlich auf Dauer gewaltig. Fast alle Figuren sind auf irgendeine Weise so dämlich-blöde, dass das Niveau des Films Minute um Minute sinkt. Da gibt es zum Beispiel einen Haufen horstiger Typen von Wildjägern, Marke hohl aber aggressiv, denen ein aus den „
Terminator“-Filmen geklauter
Hasta la vista-Spruch auch nicht zu mehr witziger Selbstironie verhilft. Ein dicker Haufen von Polizisten-Vollpfosten, streitlustige Kampfzicken in einer Bar und eine freakige Möchtegernpopband namens „Love Space“ runden den Kreis von sich wiederholenden, sinnlos-unterirdischen Witzen wunderbar ab. Die geistig kranke Mutter des Polizisten Kim und eine gestörte Frau aus dem Dorf, die so aussieht, wie man sich die Mutter vom „
The Ring“-Mädchen (das mit der unvorteilhaften Schwarzhaarfrisur) vorstellt, sind dann einfach nur noch peinlich. Dass ein paar der zuhauf vorkommenden Gags aber dennoch ziehen, muss fairerweise an dieser Stelle aber auch angemerkt werden. Nur reicht dies bei weitem nicht aus, um das Feuerwerk an Dummbratzenhumor zu überblenden.
Die Animation des Keilers ist soweit in Ordnung, allerdings muss man sich bei näherem Hinsehen eingestehen, dass es doch ein bisschen was von einem Mammut hat. Naja – wirkt eben wie ein Riesenhaufen Pappmaché, der zuerst in Klebstoff, anschließend in braunen Teppichflusen gebadet und zuguterletzt mit zwei Stoßzähnen bestückt wurde. „Echt“ zieht einfach besser, wie man es zum Beispiel bei „
Black Water“ eindrucksvoll vorgeführt bekommt. Und auch an der Glaubwürdigkeit der tierischen Hauptattraktion kann man so nach und nach einige Zweifel hegen. Die menschenmordende Wildbestie ist zwar groß und furchteinflößend, aber auch ziemlich dämlich und ungelenk. So kommt es also auch nicht nur einmal vor, dass der Keiler, wenn er wieder einmal schwenkenden Ringelschwänzchens und Rüssel voran durchs Dickicht hoppelt, über seine eigenen Hufe stolpert.
Immerhin ist „
Keiler – Der Menschenfresser“ aber keine komplette Schweinerei, denn wie gesagt gibt es einige Gags, die eben doch zünden, die Effekte sind okay und nach anfänglichen Längen wird der Film dann in seiner Endphase doch sogar noch ein bisschen rasant und spannend. Die wirklich grottige Synchronisation hierzulande sei an dieser Stelle nicht als Mangel des Films selbst genannt, immerhin können die koreanischen Macher auch nichts für die miese deutsche Toninterpretation. Da ist es noch eher ein Plus der DVD-Features, dass man den Film eben im Originalton mit deutschen Untertiteln sehen kann. Zum Schluss gibt es noch einen Extra-Stern für die relativ innovative Filmidee und das süße kleine Frischlingsschweinchen, mit dem die Figuren das ein oder andere Mal durchs Bild rennen: goldig! Insgesamt schafft es „
Keiler – Der Menschenfresser“ somit auf ein mittelprächtiges Mittelmaß.
Grunz und aus.