Im Grunde könnte man Jean-Marc Vincents „Lady Blood“ einfach als typischen Videotheken-Schund der Kategorie C abtun - würde das Resultat nicht als offizielle Fortsetzung des französischen Kult-Streifens „Baby Blood“ von 1990 angepriesen werden, welcher Fans mit für damalige Verhältnisse recht saftigen Splatter-Einlagen begeistert hat und sogar Vergleiche mit dem ganz frühen Peter Jackson („Bad Taste“) zuließ.
Während Alain Robaks Vorgänger noch einen sympathischen Low-Budget-Charme versprüht und mit einer gesunden Portion rabenschwarzen Humors aufgewartet hat, weiss man als Zuschauer nun nicht so recht, was beim Zusammenschustern des Sequels wohl in den Köpfen der Verantwortlichen vorgegangen (beziehungsweise: schiefgelaufen) ist.
Bei „Lady Blood“ handelt es sich nämlich um eine ganz schön krude Mischung aus SciFi-Horror und Kriminalfilm, deren Bestandteile irgendwie nie so recht zusammenfinden wollen und deshalb einen völlig zerfahrenen Gesamteindruck hinterlassen.
Wir erinnern uns:
In „Baby Blood“ ist die junge Yanka (Emmanuelle Escourrou) von einem außerirdischen Parasiten befallen worden, welcher in ihrem Bauch heranwuchs und seine widerwillige Mutti mit zynischen Bemerkungen zur Beschaffung menschlicher Nahrung zwang.
Bevor der Schrecken ein Ende nahm, konnte die gepeinigte Frau die Höllenbrut noch ins offene Meer entlassen.
Ganze fünfzehn Jahre nach den blutigen Vorfällen kehrt nun das Grauen aus der Tiefe zurück.
Dass man besser damit fährt, wenn man sämtliches logisches Denken bereits
vor der Sichtung der Fortsetzung über Bord wirft, verdeutlicht schon der Einstieg des Machwerks.
Denn die recht angespannte Heldin des Originals hat die – nun ja: sonderbaren – Ereignisse offensichtlich nicht nur recht gut weggesteckt, sondern es außerdem noch zur Polizeichefin (!) und stolzen Familienmutter gebracht. Sowas fordert schonmal ordentlich Respekt ein…
Was nun im weiteren Verlauf von „Lady Blood“ geschieht, passt allerdings wirklich auf keine Kuhhaut mehr.
Irgendwo in der Schnittmenge zwischen Jack Sholders „The Hidden“ (1987), einem eigentlich belanglosen Gangster-Subplot inklusive Foltereinlagen mit diversen Elektrowerkzeugen, düsteren Visionen einer mysteriösen, zunächst unbekannten Protagonistin sowie Telepathie, Kannibalismus und fragwürdigsten Polizeimethoden versucht Regisseur Vincent seinem recht amateurhaft in Szene gesetzten Gruselkabinett eine eigene Note zu verpassen und scheitert dabei völlig.
Um einen Punkt dabei ganz klar zu stellen:
Wer generell ein Faible für billig heruntergekurbelten Horror-Schmu hat oder den Streifen lediglich als Hintergrunds-Programm für einen bierseligen und spaßigen Abend auserkoren hat, könnte hier vielleicht noch den einen oder anderen positiven Aspekt aus der spannungsarmen Grütze ziehen.
Dass man in der Videothek aus einer verzweifelten Langeweile heraus schon zu weit schlimmeren filmischen Untaten als der vorliegenden gegriffen hat, soll auch keinesfalls bestritten werden – da man das Werk aber schließlich irgendwo mit seinem tatsächlich um Lichtjahre besseren, direkten Vorgänger in Verbindung bringen muss, kann man das Resultat nur als absoluten Reinfall bezeichnen.
Ob vor Beginn der Aufnahmen ein vollständiges Drehbuch gefehlt oder wohlmöglich ein schusseliger Praktikant im Produktions-Büro aus Versehen die Papiere verschiedener Vorlagen durcheinandergewirbelt hat, darüber lässt sich von dieser Seite aus natürlich nur spekulieren.
Das Gefühl, dass sich eines dieser beiden Ereignisse so oder ähnlich zugetragen hat, beschleicht einen allerdings recht penetrant während der Sichtung des wirklich wirren Materials.
Und so ziehen sich die Macher dann auch vor unangenehmen Erklärungen elegant aus der Affäre:
Obwohl man als Zuschauer recht schnell Zeuge wird, wie ein extraterrestrischer Wurm von Wirt zu Wirt springt, fällt es den Charakteren deutlich schwer, das dämliche Geschehen in zumindest einigermaßen stimmige Worthülsen zu verpacken.
Oftmals wird im Film deshalb recht abstrakt davon gesprochen, dass sich „die Scheisse“ verbreitet. Auf die konkrete Frage, welche „Scheisse“ denn nun gemeint sei, reagieren allerdings selbst offenkundige Insider mit völligem Unwissen und faseln irgendetwas davon, dass einen „die Scheisse“ dazu bringt, den Verstand zu verlieren.
Zumindest hat wohl selbst das Innenministerium schon Wind von der Sache bekommen und „die Scheisse“ seit dem ersten Vorfall (vor fünfzehn Jahren!) zur Panikprophylaxe lieber erstmal unter Verschluss gehalten. Jaja, unsere Politiker mal wieder - das kommt davon...
Abgesehen von schleimigen Würmern (den im Film gebräuchlichen, vulgären Ausdruck spart sich der Schreiber dieses Mal), irgendeinem Gangster-Krieg, der sich inmitten des Trubels zusätzlich entfacht hat, und einer Handvoll ansehnlicher Make-Up-Tricks, gibt es in „Lady Blood“ noch Kurzauftritte von „
Frontier(s)“-Regisseur Xavier Gens und Philippe Nahon („
High Tension“), der scheinbar in jedem französischen Genre-Streifen mitmischen muss und hier einen Polizeikommissar mimt, zu sehen.
„Genug von der Scheisse!“, fährt Nahon in einer Szene recht grob einen Kollegen an,
„Ab ins Archiv - und zwar sofort!!“
Ein besseres Fazit zu dem Quatsch hätte der Rezensent nicht formulieren können...