Was passiert, wenn man sich für eine Erfolgsserie eine Geschichte ausgedacht hat, die dann letztlich doch unverfilmt bleibt? Ganz klar, man beschließt, das ganze als Erstlingswerk ins Kino zu bringen. Klingt abwegig?
Glen Morgan und
James Wong, einstiges Autorenduo bei der Kultserie „
Akte X“, ereilte dieses Schicksal, und für sie war es überhaupt nicht abwegig, aus dem unverfilmten Stoff einen Kinofilm zu machen. Zusammen mit
Jeffrey Rednick entstand das Drehbuch zu einem Film, der unverkennbar die Handschrift der Top-Story-Lieferanten trägt, allerdings nicht etwa Ausgelutschtes, aus der Serie Aufgewärmtes präsentiert, sondern sowohl überraschend einfalls- als auch spannungsreich daher kommt und den Zuschauer durchaus unterhält.
„FINAL DESTINATION“ fängt schon im Vorspann wunderbar die düstere Atmosphäre von „Akte X“ ein und beginnt danach standesgemäß, wie es sich für einen guten Horrorfilm gehört, ganz harmlos. Alex Chance Browning (Devon Sawa) soll mit seiner Schulklasse eine Klassenfahrt nach Paris machen. So findet sich die komplette Klasse am Flughafen ein und nimmt, nachdem das Flugzeug nach Paris gelandet ist, allmählich die Plätze im vollbesetzten Flieger ein. Doch kurz vor dem Start der Maschine hat Alex plötzlich eine Vision, die ihm gar Schreckliches
zeigt: das Flugzeug soll explodieren, und alle sich in ihm Befindenden sterben einen qualvollen Tod! Diese kurze Vision reicht aus, um den Schüler vollends zu verängstigen, und er versucht panisch, die Passagiere zum Aussteigen zu bewegen. Doch sein Bemühen missfällt dem Flugpersonal, welches ihn des Flugzeuges verweist, um mit dem nächsten Flieger nachzukommen. Begleitet wird der immer noch aufgebrachte Alex von einigen Schülern und seiner Lehrerin Ms. Valerie Lewton (Kristen Cloke), die natürlich versuchen, Licht ins Dunkel respektive Alex’ absonderliches Verhalten zu bringen.
Während die Zurückgelassenen also zu ergründen versuchen, weshalb Alex derart ausgerastet ist, wird die Szenerie plötzlich erfüllt vom Klirren der Panaromascheibe des Flughafens, die einer gewaltigen Druckwelle nicht mehr standhalten konnte – das Flugzeug mit Alex’ Schulklasse ist unmittelbar nach dem Start wirklich in der Luft explodiert! Woher konnte Alex nur davon wissen? Hatte er gar seine Hände mit im Spiel in diesem Unglücksfall? Sicher ist nur eines: plötzlich sterben nach und nach all jene, welche sich nicht im Unglücksflieger befanden, auf grausame (und überaus einfallsreiche) Weise, so dass in Alex ein schrecklicher Verdacht keimt. Gevatter Tod scheint geradebiegen zu wollen, was der Schüler durch seine Vision verhindert hat – den Tod
aller Passagiere des Flugzeugs. So beginnt der Junge, seine Mitschüler zu warnen, denn augenscheinlich klappert der Sensenmann seine „Patienten“ in der Reihenfolge ab, wie sie eigentlich hätten sterben sollen. Doch lässt sich Gevatter Tod wirklich austricksen, Vorbestimmtes verändern oder vielleicht sogar verhindern?
Derart Morbides kann auch wirklich nur aus der Feder des „Akte X“-Erfolgsduos Glen Morgan und James Wong stammen. Angefangen bei der düsteren Grundstimmung, die den ganzen Film vereinnahmt, über die für ein Erstlingswerk überraschend souveräne und gradlinige Inszenierung, bis hin zum serienerprobten Kameramann
Robert McLachlan, der für die toll eingefangenen Bilder verantwortlich zeichnet, lassen die beiden Kino-Neulinge dem Zuschauer kaum Luft bei der adrenalinhaltigen Action-Hatz. Das Schlimme ist hier: man weiß zwar schon relativ früh, welchem Grundmuster die durchaus durchdachte Geschichte folgt, doch gerade diese Erwartung, dass gleich mit an Sicherheit –
todsicher?! – grenzender Wahrscheinlichkeit etwas Schlimmes passiert, sorgt allen Horrorgesetzen zum Trotz für ein gehöriges Maß an Suspense und „wohlige“ Schauer. Seltsam, wo doch die Protagonisten im Grunde nur wie in einem berühmten Kinderlied nach und nach auf überaus makabre Art und Weise dezimiert werden.
Und hier spaltet der Film verständlicherweise auch die Massen. Die morbide Geschichte ist sicherlich nicht nach jedermanns Geschmack, und vor allem die unzähligen, einfallsreichen Todesarten sind, da man sich hier „dank“ fieser Großaufnahme wie ein ganz übler Voyeur fühlt, noch um einiges intensiver und erschreckender als etwa bei anderen Genre-Produktionen. So ist der Film gerade nicht ein weiterer, seelenloser Vertreter der Marke „08/15-Teenie-Horror“, den man vergisst, sobald man ihn gesehen hat, denn hier wird man die Bilder so schnell nicht los. Erträglich und aufgelockert wird das tödliche Treiben zum einen durch geschickt eingestreuten Humor, der jedoch bei genauerer Betrachtung genauso schwarz ist wie die alles verschluckende Nacht, durch die sich unsere jungen Helden todesmutig bewegen. Zum anderen hinterlässt das Spiel der Jungstars (unter anderem
Seann William Scott, der hier zunächst viel ernster als in den „American Pie“-Klamotten wirkt und anschließend wahrlich kopflos durch die Gegend torkelt) einen nachhaltigen Eindruck.
Alles in allem ist
„FINAL DESTINATION“ in Anbetracht der Tatsache, dass es sich hier um das Kinodebüt von zwei Personen handelt, welche zuvor das Gesicht einer Serie (drei, wenn man zu „Akte X“ zum einen noch die kurzlebige Serie „Space: Above and Beyond“, zum anderen die „Akte-X“-ähnliche Mystery-Serie „MillenniuM“ addiert) maßgeblich beeinflussten, eine durchaus beachtliche Leistung. Originell, durchweg schwarz und spannend inszeniert, zelebrieren Wong und Morgan ein blutiges, gleichwohl unterhaltsames Horror-Fest für Augen und Ohren, das Altbekanntem („Erst waren’s 10, dann 9, dann 8...“) noch die ein oder andere Facette entlocken kann. Vor allem das Knalleffekt-Ende trifft den Zuschauer so überraschend wie schnell und gibt dem ganzen Film eine zu ihm passende, wahnsinnig makabre Schlussnote. Das alternative Ende, welches sich zusätzlich auf der DVD befindet, ist im übrigen mindestens ebenso überraschend. So ist dieses Debüt zwar nicht als Meisterwerk oder gar Meilenstein, aber immer noch als ausnahmslos grundsolide und atmosphärisch dicht zu bezeichnen. Eine Bezeichnung, die bei den Nachfolgern langsam, aber sicher den Adjektiven „ausgelutscht“ und „durchgekaut“ weichen sollte. Es ist fast wie bei den Kinderliedern, nur andersherum. Erst waren’s 1, dann 2, dann 3, und so weiter, und so fort. Aber das kennt man ja bereits.
Auch interessant:
„
Final Destination 3“ [2006]
„
Final Destination 4“ [2009]