Es sollte nur ein entspannter Kurzurlaub in idyllischer Zweisamkeit werden:
Die junge Kindergärtnerin Jenny (Kelly Reilly, „
Stolz und Vorurteil“) fährt zusammen mit ihrem Freund Steve (Michael Fassbender, „
300“) über das Wochenende hinaus zum Eden Lake - einer prächtigen Naturkulisse, welche bald einer neuen Wohnsiedlung weichen muss - um dort ein Zelt aufzuschlagen und ein wenig den Alltagsstress hinter sich zu lassen.
Bereits auf dem Hinweg machen die Beiden Bekanntschaft mit einigen eigenartigen Anwohnern, die es mit zivilisiertem Verhalten noch nicht so streng sehen – man könnte auch das Wort „asozial“ bemühen…
Endlich am Eden Lake angekommen, vergeht Jenny und Steve auch schnell die Freude an der unberührten Natur, denn am Ufer des Sees hat sich außer ihnen noch eine Clique frecher Teenager mitsamt zähnefletschendem Hund niedergelassen, die zunächst die ruhige Atmosphäre durch den Einsatz extrem lauter Musik zerstört und nach einer Beschwerde von Steve den Federhandschuh als offiziell geworfen betrachtet.
Am nächsten Tag verschwindet während einer kurzen Erfrischung im Wasser die Tasche des Pärchens mitsamt Schlüsseln, Handy und Geld – und auch das Auto steht nicht mehr an seinem Platz.
Natürlich treffen die Beiden nach einer kurzen Suche im Wald auf die minderjährigen Unruhestifter. Und natürlich stecken diese auch hinter dem Diebstahl.
Nach einer ersten verbalen Konfrontation kommt es zum Handgemenge zwischen Steve und dem offensichtlichen Anführer der Gruppe, wobei letztlich auch ein Messer aufblitzt, das in der unübersichtlichen Situation den Hund tödlich verletzt und so eine Spirale der Gewalt auslöst…
„Eden Lake“, der als Eröffnungsfilm auf dem
22. „Fantasy Filmfest“ gezeigt wird, stellt das Regiedebüt des Briten James Watkins dar, der zuvor nur an den Drehbüchern zu den Genreproduktionen „Unsichtbare Augen“ (2002) und „Gone“ (2007) mitgewirkt hat.
Was er den Zuschauern mit seinem Erstlingswerk präsentiert, ist in der Tat recht harter Tobak…allerdings nicht aufgrund von irgendwelchen ausgewalzten Splatterszenen, sondern da der Film über weite Strecken mit einem ungemein realistischen Szenario aufwartet, das bestimmt nicht wenige Leute verdutzt im Kinosessel zurücklassen wird.
Denn wenn man sich vor der Vorstellung auf einen reinrassigen Horrorschocker eingestellt hat, dürfte man sich von dem Resultat ge- oder gar enttäuscht sehen.
Eigentlich funktioniert der Film anfangs eher als eine Mischung aus Drama und Thriller, wobei erst der spätere Überlebenskampf von Jenny nach den Konventionen des Horrorgenres gestrickt ist - und dann leider auch ein paar Ungereimtheiten und Klischees den ansonsten sehr positiven Gesamteindruck etwas schmälern. Etwas.
Denn tatsächlich bleibt es bei diesem einen Kritikpunkt. „Eden Lake“ kann sich wirklich sehen lassen, man merkt es dem gekonnt inszenierten und vor allem – nach der obligatorischen Einführung der Charaktere – straff erzählten Film in keiner Minute an, dass dort ein Debütant auf dem Regiestuhl Platz genommen hat. Der ruhige Anfang geht nahtlos in die spätere, erbarmungslose Hetzjagd im Wald über, während welcher beim Zuschauer die Spannungsschraube bis zum knallharten Ende stetig weiter angedreht wird.
Sehr gelungen sind hier übrigens auch die Aufnahmen von Kameramann Christopher Ross und David Julyans („
The Descent - Der Abgrund des Grauens“, „
Prestige - Die Meister der Magie“) stimmungsvoller Soundtrack, der eben nicht auf ausgelutschte Horrorklänge setzt.
James Watkins gab Alexandre Ajas „
High Tension“ als einzige direkte Referenz zu seinem Werk an, wobei sich zwischen den beiden Filmen eigentlich nur sehr geringe Ähnlichkeiten feststellen lassen. Abgesehen von der unterschiedlichen Story ist auch die Gewaltdarstellung in „Eden Lake“ wesentlich weniger
over the top als in dem französischen Schocker.
Viel eher wird sich der Genrekenner an alte Klassiker wie Wes Cravens „Last House On The Left“ (1972) oder sogar an „Herr der Fliegen“ erinnern, obwohl – wie schon weiter oben erwähnt – durchaus moderne Horrorelemente vorhanden sind, die die ansonsten toternste, reale Stimmung ein wenig durch konventionelle Spannungsbögen „auflockern“.
Wie man ja leider immer häufiger durch die Presse mitbekommt, handelt es sich bei der Thematik von „Eden Lake“ keineswegs um reine Fiktion – schließlich nimmt die Zahl an gewalttätigen Übergriffen jugendlicher Straftäter ständig zu. Die Frage, ob in diesem Zusammenhang auch das spätere Handeln von Jenny angemessen ist, muss jeder Zuschauer für sich selbst beantworten - fest steht nur, dass diese schmerzhaften 90 Minuten kein Publikum kalt lassen werden!
Alles in allem reicht es hier noch nicht ganz, um von einem wirklichen Meisterwerk zu sprechen, aber Regisseur Watkins, der gerade außerdem das Drehbuch zu „
The Descent 2“ verfasst hat, hat zumindest einen sehr packenden und nachdenklich stimmenden Film erschaffen, über den man in nächster Zeit bestimmt noch so einiges in der Fachpresse lesen wird.
Der Horror hier ist die Realität.