Penetrante Schleimer sind an und für sich schon ziemlich unangenehm. Das weiß auch Regisseur und Drehbuchautor James Gunn, dessen albern- launige Horror- Parodie “Slither” diese Annahme wörtlich nimmt. Die Bedrohung entsteht hier nämlich durch ein äußerst aufdringliches, außerirdisches Etwas, dessen Wirt sich von seiner Liebsten zurückgewiesen fühlt und der nun alles dran setzt, ihr einen Liebesbeweis zu erbringen- allerdings mit einigen ekelhaften Nebenwirkungen, die ihre Opfer fordern. Was da in Gunns 15- Millionen- Dollar- Produktion so rumkreucht und -fleucht, verlangt Zartbesaiteten sicher robuste Mägen ab, doch die trashige Gaudi nimmt sich nicht ansatzweise ernst und ironisiert das Szenario ganz offensichtlich. Das Resultat ist ein sinnfreies B- Movie, das geballten Fun- Splatter für Abgebrühte liefert…
Das kleine Provinznest Wheelsy ist einer dieser Orte, wo jeder jeden kennt. Die Polizisten haben hier nichts Besseres zu tun, als bei Nacht die Geschwindigkeit von vorbeifliegenden Vögeln zu messen. Daher bemerken sie auch nicht, dass ein Stückchen abseits von ihnen ein undefinierbares Objekt vom Himmel fällt. Der frustrierte Grant (Michael Rooker), dessen Frau Starla (Elizabeth Banks) ihm soeben den Beischlaf verweigert hat, streift durch den Wald und findet dort einen seltsamen Kokon vor, dessen Inhalt plötzlich lebendig wird und sich in Grants Körper einpflanzt. Während sich Starla im Verlauf der nächsten Tage über die Wundmal
e und das merkwürdige Verhalten ihres Gatten wundert, der zu allem Übel einen abnormalen Heißhunger auf rohes Fleisch entwickelt hat, verschwinden in der Umgebung auf einmal sämtliche Haustiere. Wie sich bald herausstellt, ist Grant von einem außerirdischen Parasit befallen, der ihn äußerlich immer mehr entstellt. Sheriff Bill Pardy (Nathan Fillion) und Bürgermeister Jack MacReady (Gregg Henry) versuchen alles, um der gefährlichen Kreatur beizukommen. Mittlerweile hat die Invasion in Form von schleimigen Nacktschnecken die versammelten Bürger der Kleinstadt fest im Griff…
James Gunn hatte bei der Umsetzung seiner aberwitzigen Alien- Parade wohl die alten Trash- Streifen aus den 80er Jahren als Vorlage im Sinn. Mit krudem Humor zitiert er die “Körperfresser” oder “Das Ding aus einer anderen Welt” und schert sich einen Dreck um `political correctness´. Der Bürgermeister, welcher in einer derart misslichen Notlage eigentlich seiner Vorbildfunktion nachkommen sollte, flucht permanent und haut rotzige Oneliner raus. Gregg Henry bringt mit seinem vulgären Auftreten zwar die Situation im Film aus dem Gleichgewicht, dafür aber das Publikum zum Lachen. Am treffsichersten sind somit die Anarcho- Gags, während es zum Ende hin fast schon ein wenig zu platt und albern wird. Der Hommage- Gedanke Gunns ist durchweg präsent und die altmodische Monster- Story in Zeiten von Folterfilm- Endlosware á la
Hostel und haufenweise zurückgebliebenen Rednecks wie in “Wrong Turn”,
Texas Chainsaw Massacre (Remake) oder jüngst
Frontier(s) eine erfrischende Abwechslung, doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich dem genrekundigen Auge, dass “Slither” ganze Szenen aus diversen SF- Gruselstreifen der vergangenen Dekaden abgeschaut hat. Immerhin lässt sich vermerken, dass Gunn in seinem Erstlingswerk in der Lage ist, diese zu einem unterhaltenden Cocktail zusammenzurühren und mit gut portionierter Ironie zu versehen. Diesbezüglich sollte man den Texten der Musikstücke eventuell mal aufmerksam lauschen (auf dem Soundtrack gibt es auch ein paar echte Ohrwürmer).
Der Spagat zwischen Comedy und Horror funktioniert bei “Slither” ausgezeichnet. Auf der einen Seite haben wir das mit einem ordentlichen Schuss schwarzen Humor ausgestattete Porträt der konservativen US- Kleinstadt- Hillbillies, welches Gunn mit beinahe kindlichem Eifer kräftig durch den Kakao zieht und auf der anderen haben wir die saftigen Effekte aus der Schmiede MasterFX, die- wie es sich für ein echtes Guts `n´ Gore- Festmahl gehört- besonders unappetitlich sind. Jüngere Jahrgänge brauchen also keinen zweiten “Arac Attack” zu erwarten, denn blutarm geht es hier garantiert nicht zu. Und auch wenn wir ein sich im Bauch eines lebendigen Menschen einnistendes Alien schon aus Ridley Scotts gleichnamigen SF- Klassiker kennen, ist eine solche Sequenz auch in James Gunns Interpretation noch bösartig genug.
Dem Cast des Films kommt die Aufgabe zu, inmitten dieses Tohuwabohus aus Schleim und Gedärm Coolness zu bewahren. Nathan Fillion (“Serenity”), der den Suchtrupp auf der Jagd nach der Kreatur anführt, fühlt sich zunächst ziemlich überfordert, bis er schließlich die nötige Courage aufbringt, um das unbekannte Wesen dingfest zu machen. Begleitet von seinen Sidekicks Gregg Henry und Elizabeth Banks (“Spider- Man 2”) gibt er eine selbstironische Vorstellung, immer darauf bedacht, im Angesicht von Abertausenden von kriechenden Schmarotzer- Maden locker zu wirken, um seiner Angebeteten aus Jugendtagen, der von Banks gespielten Starla, zu imponieren, die derweil versucht, ihren zum Ungeheuer gewordenen Gatten von der Wichtigkeit des heiligen Bundes der Ehe zu überzeugen. Trotz der unbeschwerten Komik dieser Szenen ist “Slither” doch auch im gesundenen Rahmen gruselig und beinhaltet einige gestandene Gänsehaut- Momente. Die Exposition, die sich ungewöhnlich lange Zeit für die Charaktereinführung lässt, ist zwar nüchtern betrachtet überflüssig, weil Gunn sie mit seiner rasanten Monsterhatz später sowieso pulverisiert, doch langweilig ist dieser rund halbstündige Prolog keineswegs.
Fazit: James Gunn, der schon das Skript zu Zack Snyders Zombie- Remake
Dawn of the Dead verfasste, leistet mit “Slither” einen überaus spaßigen Beitrag zur aktuellen Horror- Bewegung und lehnt sich dabei storytechnisch (manchmal zu eng) an die unzähligen “Alien”- Epigonen der 80er an. Wer kein grundsätzliches Problem mit der Art von Film hat, die mit lustig umherspritzenden Eingeweiden und allerlei bizarr ausschauenden Mutationen ihren Schabernack treibt, für den könnte “Slither” möglicherweise keine schlechte Wahl sein…