„It was just like Kevin Bacon!“
Blue Swede bringen es mit ihrem Ohrwurm
Hooked on a Feeling bereits wunderbar auf den Punkt und lassen eine ausführliche Besprechung zu
Marvels illustrer Superhelden-Combo
„GUARDIANS OF THE GALAXY“, dem bisher vielleicht risikobehaftesten Projekt der berühmten Comicschmiede, im Grunde überflüssig erscheinen. Doch wir wollen, entgegen aller Vorschusslorbeeren und grassierenden Hypes, natürlich nicht direkt auf den bekannten Fanboy-Zug aufspringen. Vielmehr widmen wir uns diesem filmischen Wunderwerk, das in den Vereinigten Staaten einen Rekord nach dem anderen bricht, mit der gebotenen Aufmerksamkeit, setzen die rosarote Fanbrille einmal ab und beantworten nachher lieber die Frage, ob es wohl auch hierzulande (insbesondere in der europäischen Waschbären-Hauptstadt Kassel) gelingen wird, die Massen ins Kino zu locken.
Dass kruder Humor nebst ironischer Brechung zu seinem Steckenpferd gehört, bewies Regisseur und Drehbuchautor
James Gunn schon vor acht Jahren mit seiner charmant-trashigen Alienparabel „
Slither“ [2006], der man als Zuschauer zwangsläufig gehörig auf den Schleim ging (der spätere deutsche Untertitel manifestierte dies noch einmal deutlich). Von daher waren die Erwartungen geweckt, als
Marvel verkündete, Gunn mit der Regie ihres neuesten Blockbusters betraut zu haben
. Wie nämlich sollte ein B-Movie-Regisseur von heute auf morgen ein 170 Millionen Dollar teures Mammutprojekt stemmen, noch dazu mit seinem eigenwilligen, nicht gerade massentauglichen Verständnis von Humor? Zu allem Überfluss stellte sich für so manch Unkundigen nach genauerer Recherche auch noch heraus, dass es sich bei den titelgebenden
Guardians of the Galaxy um einen sprechenden Waschbären, seinen Freund, den Baum, eine grüne Diebin, einen komplett tätowierten Kampfkoloss und einen Weltraumvagabunden mit Retro-Faible handelt. Große Augen, offene Münder. Denn seien wir ehrlich: Auf den ersten Blick passt hier wirklich nichts zusammen. Sollte dieser Film also womöglich den ersten vorprogrammierten Flopp in der bisher doch eher von Erfolg gekrönten langen Reihe an
Marvel-Comicverfilmungen darstellen? Antwort folgt.
Und sie lautet ganz klar: Nein! Denn James Gunn schert sich trotz einiger unvermeidlicher Studiovorgaben (Alterfreigabe: PG-13 / ab 12 Jahren) salopp gesprochen einen Teufel um herkömmliche Sehgewohnheiten und inszeniert seine
Guardians einfach als herrlich selbstironische, effektgeladene Weltraumoper, die vor skurrilem Witz, pointierten Dialogen, Dramatik und saftiger Action geradezu aus allen Nähten platzt. Dass dies alles am Ende ein überraschend einheitliches Gesamtgefüge abgibt, verdanken wir dabei ausgerechnet jenem Punkt, den manch einer im Vorfeld noch als Kritik aufgeführt hat – wohlweislich, ohne den Film zu diesem Zeitpunkt bereits gesehen zu haben. Denn dass weder die bunt zusammengewürfelte Truppe in sich noch das Sujet, in das sie geworfen wird, einer mehr oder minder nachvollziehbaren Logik folgt, ist gewissermaßen der springende Punkt und die alles zusammenhaltende Naht, ohne die der Film nicht das wäre, was er ist: eine Geschichte über bereits abgeschriebene Außenseiter, die bisher niemand für voll nahm. Bis zu dem Tag, an dem sie sich schließlich zusammenrotten, um die gesamte Menschheit vor dem nahenden Untergang zu bewahren.
Wie sie sich hiermit gleichzeitig als strahlende Helden zu beweisen versuchen und munter alle Unkenrufe ignorieren, um einfach „ihr Ding“ durchzuziehen, steht beinahe symptomatisch für den gesamten Film und seine Entstehungsgeschichte. Denn wohl kein Filmprojekt der jüngsten Zeit erfährt momentan ein größeres Medienecho als Gunns putziger Weltraum-Spaß, der von Fans der Comics zumeist geliebt, vom herkömmlichen Kinogänger jedoch zuweilen mit kritischen Tönen bedacht wird. Eine derartige Diskrepanz war zweifellos abzusehen, denn einfach macht es einem Gunn nicht, sich in der wirren Welt der
Guardians heimisch zu finden. Bäume, die sprechen und dabei nur über die drei (!) Worte
I am Groot verfügen (noch dazu lediglich in dieser Reihenfolge!), sowie zynisch kommentierende Waschbären sieht man ja auch nicht alle Tage. Doch man sollte alle Zweifel einfach mal beiseite schieben. Denn was diese ungewollten Helden mehr noch alles andere eint, ist ihre zutiefst menschliche Fähigkeit, einander einfach zu akzeptieren. Ihre Freundschaft wird schließlich sogar zum überlebenswichtigen Dreh- und Angelpunkt des ko(s)mischen Treibens, das in Sachen Originalität am Ende zwar auch nur mit den herkömmlichen Genre-Versatzstücken aufwartet, diese jedoch äußerst feinfühlig in eine berührende Geschichte um Anerkennung und Vergangenheitsbewältigung verpackt.
Ja, richtig gelesen. Auch wenn James Gunn ein Schlawiner ist und jede gebotene Chance nutzt, gezielt eine Pointe gen Publikum abzufeuern, finden sich erstaunlich viele dramatische wie auch ruhige Momente in dem zweistündigen Werk, welche ebenfalls ihr Ziel treffen: das Herz des Zuschauers. Sei es der Verlust eines geliebten Elternteils, aufopferungsvolle Gesten der Protagonisten oder einfach nur Sekunden des Zweifelns angesichts der zu bewältigenden Aufgabe:
„GUARDIANS OF THE GALAXY“ reiht diese Momente in genau dem richtigen Maße in den clever-elegant getricksten Weltraumreigen ein, so dass das aufwendige Werk niemals zu pathetisch, rührselig oder gar gefühlsbetont daherkommt. Dies wird zum einen durch die selbst im nachkonvertierten 3D noch unglaublich plastisch wirkenden Digitalwelten und die damit einhergehende schiere Bildgewalt, zum anderen durch den immer wieder hinter der nächsten Ecke wartenden Witz verhindert, welcher den nach außen hin so grundverschiedenen
Guardians einfach gut zur Seite steht. Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich der begleitende Soundtracks mit Titeln von etwa Norman Greenbaum (
Spirit in the Sky) oder The Runaways (
Cherry Bomb) als wahrer Glücksgriff, kreiert er doch eine wunderbare Retro-Atmosphäre, die in einigen Momenten wahrscheinlich nicht ohne Zufall an eine kultige Sternen-Saga aus ebenjener Zeit erinnert.
Dass
„GUARDIANS OF THE GALAXY“ derart vorzüglich funktioniert, liegt selbstverständlich auch an den gecasteten Schauspielern für die Haupt-, Sprech- und Nebenrollen. In einem Film, der sich niemals zu ernst und darüber hinaus auch mal gerne selbst auf die Schippe nimmt, ist
Chris Pratt („
Her“ [2013]) als Star-Lord Peter Quill mit seinem frechen, unverblümten Charme die geradezu perfekte Wahl. Ihm zur Seite steht die schlagkräftige Kampf-Amazone Gamora, die von
Zoe Saldana („
Avatar“ [2009]) mit der nötigen Überzeugungskraft dargestellt wird. Von enormer physischer Präsenz zeigt sich auch ein muskelbepackter
Dave Bautista („The Man with the Iron Fists“ [2012]) als Drax, der jedoch weitaus mehr als einen dicken Bizeps zu bieten hat.
Bradley Cooper („Hangover“ [2009]) und
„xXx - Triple X“-Star
Vin Diesel sorgen schließlich mit hörbarem Spaß alleine mit ihrer Stimme dafür, digitalen Waschbären und Baumwesen kongenial Leben einzuhauchen. Gerade Diesel überrascht hierbei mit immer neuen stimmlichen Variationen ein und derselben drei Worte und kann zum Ende hin sogar die vielleicht schönste, berührendste Szene des gesamten Films für sich beanspruchen. Dass sich in Kleinstrollen außerdem noch Stars wie
Glen Close („Albert Nobbs“ [2011]),
Benicio del Toro („Savages“ [2012]) oder der
The Walking Dead-Fiesling
Michael Rooker verirrt haben, ist definitiv nur noch als Sahnehäubchen auf einem in sich stimmigen, vollmundigen
Marvel-Mahl zu werten. Wir sagen
Guten Appetit und freuen uns bereits auf die Fortsetzung!
Fazit: Frisch, frech und weitaus weniger trashig als befürchtet: Mit den
„GUARDIANS OF THE GALAXY“ präsentiert sich uns die bisher wohl vergnüglichste, ehrlichste und gelungenste
Marvel-Verfilmung aller Zeiten, in der neben Witz, Herz und Action auch die dramatischen Elemente nicht zu kurz kommen. Wenn in diesem an aufwendigen Blockbustern bestimmt nicht armen Kinosommer ein Film ganz vorne mitspielt, dann definitiv dieser.
Cover & Szenenbilder: © Marvel Studios 2014