„Sequel! Sequel!“
„Die Muppets sind wieder da? Applaus, Applaus, Applaus!“ Mit diesen Worten endete damals unsere Kritik zum nach 12 Jahren Leinwandabstinenz realisierten neuen
Kino-Comeback der weltberühmten Puppen. Und viele sahen es ähnlich: Der überaus schrille Mix aus Parodie, Komödie, Musical und Nummernrevue begeisterte die Massen, gewann sogar einen Oscar für den besten Filmsong (
„Man or Muppet“) und machte die Frage nach einer nach Hollywood-Regeln unvermeidbaren Fortsetzung eigentlich überflüssig. Denn hier ist sie dann auch schon. Soweit, so vorhersehbar. Was aber niemand so recht vorhersehen konnte:
Disneys
„MUPPETS MOST WANTED“ siedelt sich im Gegensatz zum soliden Vorgänger wieder eher bei den schwächeren Filmen um die lustige Puppen-Truppe an, was vielfältigen Gründen geschuldet ist. Und der unsägliche
Fluch der Fortsetzung, der mit schöner Regelmäßigkeit um sich greift, ist nur einer davon:
Die
Muppets gehen nach den Ereignissen im Vorgängerfilm und der Überredungskunst ihres neuen Agenten Dominic (Ricky Gervais) auf große Europa-Tour. Was sie dabei allerdings nicht wissen: Dominic ist seinem Nachnamen entsprechend ein wahrer
Bad Guy und schmiedet zusammen mit Gangsterfrosch Constantine einen gar fiesen Plan, bei dem die
Muppets – ohne dass sie es übe
rhaupt wissen – eine sehr wichtige Rolle spielen. Denn Constantine, der abgesehen von einem (leicht zu überpinselnden) Muttermal wie Kermits Zwillingsbruder aussieht, nutzt die äußerst günstige Gelegenheit und schleust sich kurzerhand, nachdem er dem nichts ahnenden Kermit auf einem gemütlichen Spaziergang am zwielichtigen Orte ein aufklebbares Muttermal verpasst hat, in die Puppentruppe ein. Von da an hat er leichtes Spiel. Denn es dauert nicht lang, bis Interpol und Konsorten auf den vermeintlichen Gangsterfrosch Kermit aufmerksam werden und ihn ohne Prozess inhaftieren. Wird Kermit rechtzeitig seine Unschuld beweisen können?
Eine Fortsetzung ist niemals so gut wie das Original. – Dass diese gerne als Faktum hingestellte Aussage sich nicht derart pauschal auf die Filmgeschichte anwenden lässt, dürfte jeder Filmfreund ja mittlerweile wissen. Doch nach Sichtung des fertigen Films ist eine gewisse Selbstironie nicht zu verleugnen, die zudem auch eine traurige Wahrheit birgt. Denn zunächst sind es niemand anderes als die
Muppets persönlich, die in den ersten Minuten des Films auf den Pauschalisierungszug aufspringen, indem sie beschließen, kurzerhand ein
Sequel zur gerade erfolgreich bestandenen Reunion zu drehen – inklusive kultigem
Sequel-Song und eben der Aussage, dass Fortsetzungen niemals an das Original heranreichen. Eine im Grunde ironische Brechung der filmisch transportierten Realität, die sich bei näherer Betrachtung allerdings mehr in der echten Realität verankert, als es die Macher wahrscheinlich beabsichtigt hatten. Das beginnt schon damit, dass sich vieles in
„MUPPETS MOST WANTED“ wie aufgewärmtes Puppentheater anfühlt, in dem nur wenige Momente individuelle Akzente setzen können. Diese wissen dafür aber zu gefallen.
So dürfen, dem Nummernrevue-Charakter der Show folgend, etliche Gaststars in Klein- und Kleinstrollen ihre Liebe zu den
Muppets bekunden, indem sie entweder herrlich selbstironisch agieren, karikierend über die Strenge schlagen, oder aber schlicht und ergreifend sie selbst sind. Diese Lust zum gepflegten Unsinn zeichnete die
Muppets bekanntermaßen seit jeher aus, und auch der neueste Kinostreich
„MUPPETS MOST WANTED“ nimmt sich keinesfalls von dieser Regel aus. So gibt es unzählige schmissige Songs, ausgedehnte, komplett durch-choreographierte Musicaleinlagen und berühmte Cameo-Auftritte am laufenden Band, die hier – so bleibt zumindest zu hoffen – für die ein oder andere Überraschung sorgen dürften. Denn ansonsten fällt die noch vorab vermutete rege Ausbeute an Überraschungen eher übersichtlich aus – was dann im Grunde irgendwie doch noch einer handfesten Überraschung gleichkommt...
Der sprühende Witz des Vorgängers ist hier nämlich fast vollständig platten Gags gewichen, die selbst dann nicht zünden wollen, wenn mit dem Presslufthammer auf die Lunte eingewirkt wird. Nicht dass die schrägen
Muppets mittlerweile etwa ausgelutscht wären (man beachte zum Beispiel die gelungenen, vor Selbstironie triefenden Vorab-Trailer), doch ein saurer Drops muss auch erst mal verdaut werden, um im Anschluss für ordentlich Stimmung sorgen zu können. Und genau dies gelingt
„MUPPETS MOST WANTED“ nicht. Das obligatorische Story-Drumherum, das von den zahllosen Witzen zusammengehalten werden soll, ist schlicht zu öde, zu beliebig, zu wenig
Muppets on the loose, als dass die Gags ihre volle Wirkung entfalten könnten. Bis auf wenige Ausnahmen, die der Überraschung halber hier aber nicht weiter ausgeführt werden sollen, bleiben alle Hauptfiguren und Nebenfiguren somit erstaunlich blass, egal ob sie nun menschlicher Natur sind oder als Puppe durch die Welt bewegt werden. Der Witz kommt zwar raus, aber keiner nimmt von ihm so wirklich Notiz. Oder kurz gesagt:
Story Most Wanted.
Vielleicht wird es ja schon deutlich:
„MUPPETS MOST WANTED“ bemüht sich nach Kräften, die dünne Krimi-Geschichte, die man in dieser Form schon ähnlich (und vor allem besser) gesehen hat, am Leben zu erhalten, tut sich damit selbst aber nicht gerade den größten Gefallen. Denn eines sollte klar sein: Wenn das Ausgangsmaterial schon nicht viel hergibt, bleiben von diesem Umstand auch die darauf aufbauenden Witze nicht verschont. Und so führt die fromme Bemühung, zu retten, was noch zu retten ist, nicht etwa zu einer hohen Schlagzahl an gelungenen Gags, sondern – welch` Überraschung – zu einer allzu bemüht wirkenden Nummernrevue, die ohne das Spielfilm-Gewand wahrscheinlich deutlich besser funktionieren würde. Zu dumm nur, dass
„MUPPETS MOST WANTED“ aber nun einmal ein abendfüllender Film geworden ist, der dem mehr als verdienten Erfolg von vor zwei Jahren mit gierig ausgestreckten Armen hinterherhinkt respektive -hüpft.
Womit wir auch schon beim letzten Stichwort wären. Denn so lustig sie sonst vielleicht auch sein mögen: Eine maßlos in ihrem Schauspiel übertreibende
Tina Fey („
Girls Club“ [2004]) ersetzt einfach keine liebevoll-naiv schmachtende Amy Adams, während ein handzahmer, nicht von der Leine gelassener
Ricky Gervais („
Der Sternwanderer“ [2007]) gegenüber einem grundsympathisch-witzigen Jason Segal gehörig ins Hintertreffen gerät. Dieses seltsame Ungleichgewicht zwischen gewollter, kindgerechter Zurückhaltung und hemmungsloser Überzeichnung stellt mit das größte Problem des Films dar. Natürlich ist die gesamte Chose am Ende absoluter Unsinn, noch dazu albern und überzogen. Warum auch nicht? Immerhin sind es die
Muppets. Und sicherlich lacht man mehr als einmal und zum Teil sogar herzlich. Doch irgendwie reicht es letztlich nicht, um dieses
Sequel über dem Niveau des Vorgängers, geschweige denn über dem filmischen Durchschnitt zu platzieren.
Was schade ist. Denn würde der Film nicht auf Puppe komm` raus versuchen, seinen charmant-urigen und teils so herrlich inkorrekten Vorgänger in nahezu allen Belangen (Inszenierung, Gaststars, Budget) übertreffen zu wollen und hätte man zudem ein wenig mehr Wert auf eine ordentliche Geschichte gelegt, wäre das Geschehen unter Garantie deutlich lockerer und weniger verkrampft ausgefallen. Doch was hilft`s:
„MUPPETS MOST WANTED“ ist, alles zusammengenommen, eine sicherlich unterhaltsame Nummernrevue der weltberühmten Puppen, die diesmal gar ein weltumspannendes Abenteuer bestreiten, dabei allerdings Herz, Esprit und frechen Charme einem so bestimmt nicht zu erwartenden Übermaß an lau(t)en Gags und familienfreundlichen, teils dann doch arg müden Schenkelklopfern opfern. Machen wir`s daher einfach, kurz und schmerzlos: Der direkte Vorgänger gefiel besser –
Quod erat demonstrandum.
Cover & Szenenbilder: Copyright:(c) Disney