Nun gut: An dieser Stelle soll jetzt ein weiteres Subgenre des frühen (S)Exploitation-Kinos bei
mannbeisstfilm vorgestellt werden, welches sich Anfang der Siebziger einiger Beliebtheit erfreut hat. Das Ganze ist unter dem Begriff „Women In Prison“ (kurz: „WIP“) zusammengefasst worden, wobei die betreffenden Streifen in der Regel leicht bis gar nicht bekleidete, attraktive Damen hinter kalten, eisernen Gittern gezeigt haben, die sich die lange Zeit (meist hieß die Strafe „lebenslänglich“) im Knast mit allerlei Spielchen untereinander oder mit dem Gefängnispersonal vertrieben haben.
Obwohl es sich dabei zweifelsohne um absoluten B-Movie-Trash handelt, stellt der vorliegende Titel „The Big Doll House“ einen durchaus amüsanten und unterhaltsamen Beitrag zum Genre dar – vorausgesetzt, der Zuschauer kann sich auf einen rein auf „Schauwerten“ fixierten Film einlassen, dessen „Story“ wohl eher nur als Verknüpfungspunkt zwischen den einzelnen Szenen dient.
Regie hat bei „The Big Doll House“ Jack Hill geführt, der später solche Kultfilme wie „Coffy“ (1973) oder „Foxy Brown“ (1974) erschaffen hat, während die Produktion niemand geringeres als die „Low Budget“-Regielegende Roger Corman („Lebendig begraben“, „Das Pendel des Todes“, „
Satanas - Das Schloß der blutigen Bestie“) übernommen hat. Obwohl Cormans Name nach unzähligen Direct-To-Video-Produktionsprojekten in den 90ern von vielen Leuten gerne mit einem müden Lächeln bedacht wird, sollte nicht vergessen werden, dass der Mann in den 60ern auch einige sehr gelungene Edgar Allan Poe-Verfilmungen inszeniert und heutigen großen Regisseuren wie Francis Ford Coppola, Martin Scorsese und Jonathan Demme bei ihren Karrieren auf die Sprünge geholfen hat.
Aber zurück zu „The Big Doll House“, der ein Jahr später ebenfalls unter der Regie von Jack Hill eine indirekte Fortsetzung mit dem Titel „The Big Bird Cage“ bekommen hat.
Das Werk beginnt mit der Einlieferung neuer Häftlinge, unter welchen sich auch Collier (Judith Brown), eine der Hauptfiguren des Films, befindet, die in einem riesigen Bambuskäfig (!) in das Zuchthaus gekarrt werden. Nach einer gründlichen „Durchsuchung“ wird Collier schließlich in ihre Zelle gebracht, die sie mit fünf anderen schnittigen Mädels teilt – zu diesen gehört auch die toughe Grear, die von der Kult-Schauspielerin Pam Grier („
Jackie Brown“) verkörpert wird. Im Knast herrschen zudem recht raue Sitten…kein Wunder, schließlich ist mit den Aufseherinnen, die allersamt kurze Röcke (!) tragen, nicht gut Kirschen essen. Folter in allen Formen und Farben steht im Übrigen auf der Tagesordnung - was auch nicht weiter überrascht, wenn der Zuschauer schließlich erfährt, dass der Laden von einer bösen Deutschen (Christiane Schmidtmer) geleitet wird (jaja, immer auf die Sauerkraut-Fresser…).
Zum Glück gibt es aber auch noch ein paar maskuline Gestalten, wie den lieben Onkel Doktor (Charles Davis) oder die beiden Draufgänger Harry (Sid Haig, „
Haus der 1000 Leichen“, „The Devil´s Rejects“) und Fred (Jerry Frank), mit denen die Ladys bei Langeweile ihre Spielchen treiben können. Gelegentlich gibt es aber auch mal Zickenterror, der dann während einer gepflegten Schlammschlacht ausgetragen wird.
Als aber irgendwann die Luft in dem Laden dicker zu werden droht, und die mysteriösen Folteraktionen zunehmen, haben die Mädels endgültig die Schnauze voll und klügeln einen Fluchtplan aus…
Tja, es existieren in der Tat bestimmt zehn Millionen Gründe, sich diesen Schund nicht anzusehen – es reicht allerdings
ein guter, es letztendlich doch zu tun: Der Streifen ist einfach verdammt
unterhaltsam und mit seiner hochgradig schwachsinnigen „Story“ zum Brüllen komisch. Zudem ist der Film komplett auf den Philippinen entstanden, und das Ganze wirkt, als ob die Crew nur einen schönen Urlaub verbracht hätte, und aus Spaß nebenher noch „The Big Doll House“ als Produkt herausgekommen ist.
Man sollte also am besten erst gar nicht anfangen, hier etwas hinein zu interpretieren: Das würde nur Kopfschmerzen bereiten! Was es genau mit dem ominösen Knast auf sich hat, lässt sich einfach nicht plausibel erklären. Ein Frauengefängnis irgendwo im Nirgendwo, betrieben nur von Ladys in kurzen Röcken und geführt von einer deutschen Leiterin, die jedem James Bond-Schurken Konkurrenz machen könnte?! Das ist einfach nur hochgradiger Schwachsinn – nur halt welcher, mit dem man(n) sich vorzüglich die Zeit vertreiben kann. Bei Erscheinen dieses Werkes, sind vermutlich noch die Zensurbehörden wegen nackter Haut auf die Barrikaden gegangen, heutzutage würden die paar Entblößungsszenen keinen Spanner mehr hinter dem Busch hervorlocken. Trotzdem verfügt die „Geschichte“ über ein recht freches Flair, das heutigen Produktionen einfach abgeht, und auch ein paar nette Action-Einlagen sind am Ende zu begutachten.
Da Jack Hill beim ersten seiner „WIP“-Filme fast ausschließlich starke Frauenfiguren präsentiert und die männlichen Protagonisten als dämliche, notgeile Böcke dastehen lässt, sollten auch Zuschauerinnen den Streifen bitte nicht als sexistischen Angriff, sondern als B-Movie mit einem Augenzwinkern verstehen.
Und auch die heutige Prominenz in Gestalt von Quentin Tarantino (wem wohl sonst?!) konnte „The Big Doll House“ etwas abgewinnen: In seinem Werk „
Jackie Brown“ (1997) hat er sowohl zwei Schauspieler (Pam Grier und in einer Minirolle Sid Haig als Richter) aus dem vorliegenden Film besetzt, als auch den von Pam Grier gesungenen Titelsong „Longtime Women“ für eine Szene verwendet.
Wer sich also auch ab und zu gerne mal von ziemlich sinnloser Unterhaltung berieseln lässt, wie z.B. der Verfasser der Rezension, der sollte ruhig mal einen Blick in diesen schrägen Knast werfen!