Kurz vorm Jahreswechsel also mal wieder ein Science-Fiction-Klassiker, und erneut unter Federführung von Jack Arnold entstanden: mit „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C“ nehmen wir uns nun einen der grundlegenden Streifen vor, der wieder das weit gestreute inhaltliche Schaffen Arnolds im B-Film Sektor zeigt. Nach
Invasionen durch Außerirdische und
Riesenmonster, behandelt der fast letzte Ausflug Arnolds in den Genrefilm das Thema des schrumpfenden Menschen, der sich der scheinbar harmlosen Haushaltsumgebung erwehren muss; natürlich ein Thema, was von zahlreichen weiteren Filmen aufgegriffen wurde.
Scott Carey ist mit seiner Frau Louise auf einem kleinen Bootausflug als seltsames passiert: während sie unter Deck ist um Bier zu holen (ja, wirklich) durchfährt das Boot eine riesige Wolke, der sich Scott ausgesetzt sieht. Wenige Wochen später stellt Scott drastische Veränderungen an seinem Körper fest. Er scheint immer weiter zu schrumpfen; die Ärzte stehen vor einem Rätsel! Bei einer Größe von 90cm können diese zwar den Schrumpfprozess kurzzeitig aufhalten, doch wenig später wird Scott erneut immer kleiner. Als Louise eines Tages das Haus verlässt, kann eine Katze hineinschlüpfen. Diese bläst sogleich zur Jagd auf Scott, doch im Laufe seine Flucht kann er sich in den Keller retten. Für tot gehalten, muss er nun mit den W
idrigkeiten seiner Umgebung kämpfen. Und scheinbar unüberwindbare Abgründe sind nicht die einzigen Gefahren, die im dunklen Keller lauern...
„Die unglaubliche Geschichte des Mr. C“ aka „The incredible shrinking Man“ erzählt also eine ganz einfache Geschichte: Mann kommt mit seltsamer Substanz in Kontakt, schrumpft, und muss nun einerseits „seinen Haushalt bewältigen“, sowie ums Überleben kämpfen. Dabei ist Arnolds Film manchmal fast schon ein Abenteuerfilm anstelle eines Sci-Fi- oder Horror-Streifens. Denn wie immer fährt Regisseur Jack Arnold zwar herausragende Spezialeffekte auf, inszeniert aber weniger ein vordergründiges Actionspektakel, sondern interessiert sich vielmehr für die Probleme – innere und äußere – seiner Hauptfigur Scott Carey. Dieser muss nämlich nicht nur ums Überleben kämpfen, sondern hadert auch ziemlich lange – als er noch größer ist – mit seiner Existenz als kleiner Mensch. Dies geht bis zu Fragen der Männlichkeit in seiner Beziehung mit Louise (natürlich nicht sonderlich explizit ausgesprochen), und auch der Erfahrung des Angestarrt Werdens muss der Held machen. Schließlich findet er – eine Freakshow ist in er Stadt – in der Person einer Kleinwüchsigen endlich sowas wie ein Vorbild, jemanden der ihm den Sinn des Lebens aufzeigt. Dementsprechend fast schon metaphysisch ist dann auch das Ende: sauber aus der Situation rauszukommen wäre schwierig gewesen, aber mehr soll hier nicht verraten werden.
Dabei ist jedoch die Erzählweise des Films nicht unbedingt spektakulär gelungen. Der Film wird von Anfang an als Rückblende von Scott selbst erzählt, was gerade wenn er schließlich Däumlingsgöße annimmt, in teilweise endlose Monologe ausartet, die dazu noch von einem gewissen Overacting begleitet werden, wenn Darsteller Grant Williams das im Moment Erzählte noch durch sein Spiel unterstreichen will – hat so ein bisschen was von einer bestimmten Form des Improtheaters, deren Name mir gerade entfallen ist. Dadurch entwickelt der Film eine enorme Geschwätzigkeit für einen Streifen, der wie kaum ein anderer keinerlei Nebenschauplätze oder Subplots hat. Auch wirken die inneren Monologe selten notwendig, wenn beispielsweise die Kamera in Froschperspektive die gigantische Kellertreppe zeigt, und Scott in fast schon epischer Breite darüber reflektiert, wie unüberwindbar diese Treppe doch sei. Denn gerade in den leiseren Momenten, die eben nicht totgeredet werden, kann der Film durch kleine Details eine gewisse Faszination entwickeln, etwa als Scott im Auto sein Ehering vom schrumpfenden Finger rutscht. Sicherlich, dieser Symbolismus ist subtil wie ein Holzhammer auf dem Kopf, aber wenigstens verzichtet man hier auf die dauernde Erzählung.
Wo der Film – wie quasi jedes Werk von Jack Arnold – aber erneut punkten kann, ist die technische Umsetzung. Selbstverständlich sind Regie und die Kameraarbeit erneut sehr souverän. Das Tempo ist flott, die Kamera nicht statisch, und man hält sich nicht mit unnötigen Details auf. Wie erwähnt gibt es quasi keine Nebenhandlungen, und auch bei der wissenschaftlichen Erklärung hält man sich zurück – man könnte hier eigentlich nur scheitern. Insofern ist die Prämisse für mich auch leichter ernst zu nehmen, als etwa eine haushohe Spinne. Natürlich, wissenschaftlich ist beides Unsinn, aber beim vorliegenden Film funktioniert es einfach besser. Mit zunehmender Laufzeit wird die Kamera immer statischer, was logischerweise durch die vielen Trickaufnahmen begründet ist. Muss sie ja auch, um etwa den einkopierten Scott korrekt durchs Bild laufen zu lassen, womit wir auch schon bei den Effekten wären.
Und diese sind – welch Überraschung – einfach großartig! Das Auge erfreut sich an zahlreichen, riesenhaften Requisiten; so übernachtet Scott beispielsweise in einer gigantischen Streichholzschachtel, bewaffnet sich mit Nadeln und balanciert auf festklebenden Farbspachteln. Auch dass Scott nicht gleich auf seine Minimalgröße schrumpft, sorgt einerseits für „Realismus“ und Atmosphäre, andererseits für optische Abwechslung, wenn er etwa als „Zwerg“ in einer Bar sitzt und aus einem vergrößerten Topf einen Kaffee trinkt. Der Moneyshot bzw. das eigentliche Highlight ist dann aber natürlich der Kampf gegen die örtliche Spinne. Dass die Kellerspinne eine riesige Tarantel oder Vogelspinne ist – geschenkt, das funktioniert im Film trotzdem super. Interessant dabei ist, dass die Spinne dabei nicht unbedingt Jagd auf Scott macht, sondern lange Zeit mehr oder minder neben ihm herlebt. Die finale Aggression geht von Scott selbst aus, der das Stück Kuchen will, das sich in der Nähe des Netzes befindet. Darüber reflektiert er natürlich auch wieder, was dem Film erneut eine gewisse Tiefe gibt. Selbstverständlich ist der Kampf sensationell getrickst, und dadurch auch wie der ganze Film sehr spannend, und nicht etwa lächerlich aufgrund des Alters.
Bleibt zu sagen: großes Kino! Tolle Effekte, inhaltliche Tiefe, starke Inszenierung – das ist wohl Jack Arnold at his best, und ein Tipp auch für jene, die sonst mit solch alten Streifen vielleicht nicht gleich so viel anfangen können. Empfehlung!