Nostalgie ist etwas, das selbst so manchem tollwütigen Kritiker die Zähne zu ziehen vermag.
Es gibt halt diese kleinen Dinge im Leben, an die man sich mit Vorliebe zurückerinnert – das erste große Abenteuer, das man auf der großen Leinwand erlebt hat, zum Beispiel.
Und dann gibt es andere Dinge, die es irgendwie vermögen, eben dieses vergangene Gefühl noch einmal im Hier und Jetzt aufflammen zu lassen.
Vielleicht nur kurz, für die Dauer eines Spielfilms.
Der Verfasser dieser Zeilen hat sein erstes großes Kinoerlebnis im Alter von zwölf Jahren erfahren, als er sich bei Steven Spielbergs „
Jurassic Park“ (1993) ein verblüffend überzeugendes Bild davon machen konnte, wie sich die Dinosaurier ihren Weg aus der Urzeit in die Gegenwart bahnen.
J.J. Abrams' „Super 8“ ist nun genau solch ein Film, der sofort selige Erinnerungen an die fantastischen Geschichten des zuvor genannten Hollywood-Titans (der hier obendrein recht prominent unter seinem
Amblin-Banner als Produzent in Erscheinung tritt) ins Gedächtnis zurückruft, aber dennoch inszenatorisch klar die Handschrift seines Regisseurs (und „Lost“-Ko-Entwicklers) erkennen lässt.
Genau genommen könnte man „Super 8“ inhaltlich sogar fast als ein Spielberg-
Best-Of bezeichnen, das Elemente aus Werken wie „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ (1977), „E.T. - Der Außerirdische“ (1982), „
Die Goonies“ (1985) oder eben „
Jurassic Park“ zu einem neuen, schmackhaften Blockbuster umformt.
Hier liegt nun auch – das gleich vorweg – der einzige, bestimmt nicht von der Hand zu weisende, Kritikpunkt des Films:
„Super 8“ erfindet das Rad ganz einfach nicht neu.
Nicht wenige Zuschauer, die nun möglicherweise
das bahnbrechende Monster-Movie dieser Zeit erwarten, werden sich obendrein von der nicht sonderlich innovativen „Auflösung“ des Mysteriums enttäuscht zeigen.
Dabei ist das Ende an sich völlig stimmig.
Aufgrund der schwindelerregenden Erwartungen ist es bei den Betreffenden nur ganz einfach schon im Vorfeld zum Scheitern verurteilt gewesen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht hier auch gar nicht unbedingt das obligatorische Ungeheuer, sondern die titelgebende
Super 8-Kamera (die Handlung ist in den späten Siebzigern angesiedelt, als auf diesem populären Format bevorzugt Privatfilme produziert worden sind).
Abrams' Film ist zunächst eine Liebeserklärung an die Magie der bewegten Bilder und die Abenteuer, die man mit ihnen erleben kann.
In einer der stärksten Szenen von „Super 8“ erklärt der junge Joe Lamb (Joel Courtney) seiner Freundin Alice Dainard (Elle Fanning), welche Bedeutung eine kurze Filmszene seiner verstorbenen Mutter für ihn hat: Während dieser Spielzeit erwacht sie für ihn wieder zum Leben, verewigt in diesen knappen Minuten.
Joe, der noch immer mit dem schweren Verlust kämpft und seitdem allein von seinem Vater Jackson (Kyle Chandler), dem Deputy der verschlafenen Kleinstadt, mit strenger Hand erzogen wird, unterstützt unerlaubt als Make Up-Künstler seinen Schulfreund Charles (Riley Griffiths) bei der Erstellung seines Zombie-Kurzfilms, welcher auf einem Nachwuchswettbewerb aufgeführt werden soll.
Neben weiteren Freunden, wie dem Jung-Pyromanen Cary (Ryan Lee) und dem Hauptdarsteller Martin (Gabriel Basso), gehört nach einer spontanen Drehbuchänderung nun auch Alice zur offiziellen Besetzung.
Bei nächtlichen Aufnahmen am örtlichen Bahnhof werden die Kinder Zeugen eines unglaublichen Ereignisses: Während ein Güterzug der Army vorbeizieht, rast ein zunächst unbekanntes Auto auf die Schienen und verursacht einen gewaltigen Crash, welcher der Filmcrew fast Kopf und Kragen gekostet hätte.
Als sie schließlich die Unfallstelle erkunden, finden sie den noch lebenden Fahrer des Wagens vor – es ist ihr Biologielehrer Dr. Woodward (Glynn Turman), der sie noch mit wirren Worten zur absoluten Geheimhaltung ermahnt, bevor ein Trupp Soldaten eintrifft und die Freunde aufgeregt flüchten.
Der Vorfall zieht bald weitere, unheimliche Schatten nach sich.
Zuerst verschwinden sämtliche Hunde aus der Stadt. Dann elektronische Gegenstände. Und schließlich werden auch die ersten Einwohner als vermisst gemeldet.
Auch ein Metallwürfel, den Joe bei dem Wrack gefunden hat, entwickelt ein mysteriöses Eigenleben.
Was geht in dem kleinen Ort vor?
Nachdem selbst das Militär vorgerückt ist und die Gegend zur Sperrzone erklärt hat, wollen sowohl die Kinder, wie auch Joes Vater, der Wahrheit hinter der Geheimniskrämerei auf den Grund gehen und begeben sich dabei in höchste Lebensgefahr...
Mehr Informationen über J.J. Abrams' Mystery-Abenteuer preiszugeben würde bedeuten, noch so manchen fantasievollen Einfall unnötig vorwegzunehmen.
Da das keineswegs im Sinne der Macher sein kann, wird sich auch der Rezensent auf seine bisherigen Angaben beschränken.
Wie bereits zuvor erwähnt, bezieht „Super 8“ seine Kraft in erster Linie aus einer authentischen Liebe zum Kino selbst.
Abgesehen von den unzähligen Spielberg- und Horrorfilm-Zitaten, die der Regisseur des großartigen „
Star Trek“-Reboots an allen Ecken und Enden einbaut (Charles' Zimmer wird von „
Halloween“- und „
Dawn Of The Dead“-Postern geziert), sind es vor allem die durch die Bank sympathischen (und glücklicherweise niemals nervigen) Kindercharaktere, die bei den Zuschauern Erinnerungen an den eigenen Erstkontakt mit der Materie hervorrufen.
Das Werk ist angenehm ironisch, ohne dabei je den tragischen Aspekt der Geschichte zu überspielen.
Ohne bitteren Zynismus, aber dafür mit willkommen kindlicher Naivität, inspiriert es junge Kinogänger, doch auch einfach mal selbst eine Kamera in die Hand zu nehmen und die eigenen Träume einzufangen.
Vieles davon, was eine tolle Kinoerfahrung auszeichnet, kann man in „Super 8“ erleben:
Ein rührendes Familiendrama, eine Geschichte über Freundschaft und die erste große Liebe, ein rätselhaftes Abenteuer.
Und natürlich auch einen sanften Horrorplot mit einem umherwütenden Monster.
Stets untermalt von den gefühlvollen Klängen von Abrams' Hofkomponisten und Oscarpreisträger Michael Giacchino („
Oben“) und von Kameramann Larry Fong in grandiosen Bildern eingefangen (Anhänger von Abrams' Vorliebe für
lens flare-Effekte müssen auf dieses Trademark auch hier keineswegs gänzlich verzichten), serviert der Regisseur seinem Publikum ein Werk, das emotional auf unterschiedlichen Ebenen punkten kann, das sowohl spannend und gruselig, wie auch melancholisch und über weite Strecken einfach zum Brüllen komisch ist.
Die große Kraft liegt hier in der dennoch homogenen Verküpfung dieser verschiedenen Gefühle.
„Super 8“ ist zumindest ein Film, für den der Rezensent auch gerne ein zweites Mal eine Eintrittskarte löst.
Ein Leinwand-Spektakel, das nach all der puren, ohrenbetäubenden Zerstörungswut durch irgendwelche „
Transformers“ endlich mal wieder Platz für die ruhigen Momente im Auge des Sturms und seine Figuren findet – eben wie in den seligen frühen Achtzigern.
Und solange es in Hollywood Träumer wie J.J. Abrams gibt, kann ein Michael Bay mit seinen Effekteskapaden allein das gute Event-Kino noch nicht vollständig in die Luft jagen.
Kurze Anmerkung zum Schluss: Auf
keinen Fall den Saal bereits zu Beginn des Abspanns verlassen! Da bekommen einige Zuschauer ihre reine Horrorstory noch nachgeliefert...