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Star Trek

Star Trek

Ein Film von J.J. Abrams

Das Feuilleton feiert J.J. Abrams' Neubeginn der Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, der von den jungen Jahren der alten Serienhelden Kirk, Spock und ihrer Entourage erzählt und im Zuge des Neubeginns schlicht STAR TREK heißt. Aber geht die Schreiberzunft dabei vielleicht nicht nur einer neuen Waschmittelverpackung auf den Leim, der den alten Inhalt mit frischer Optik verkauft? Oder bringt das Reboot-Verfahren doch frischen Wind in ein spektakuläres Abenteuer? Genzels emotionale, also privat-cinephile, und seine vulkanische, also kritische, Seite diskutieren direkt nach dem Kinobesuch bei einem schmackhaften Hot Brownie aus dem Nahrungsreplikator über den Film.

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Genzel (privat): Schön, daß wir's mal wieder zusammen ins Kino geschafft haben!

Genzel (kritisch): Schön, ja. Obwohl du mich immer in Filme mitzerrst, wo wir dann hinterher streiten.

Genzel (privat): Was hat dir denn schon wieder nicht gefallen? Ich finde doch, daß J.J. Abrams STAR TREK eine wundervolle Frischzellenkur verpaßt hat. Das ist pures Kino! Völlig atemlos und aufregend, das pumpt so viel Adrenalin durch den Körper, wie es die alte Enterprise doch schon lang nicht mehr gemacht hat.

Genzel (kritisch): Das stimmt natürlich, Adrenalin gibt's jede Me
nge. Aber das geht natürlich völlig auf Kosten der Figuren.


Genzel (privat): Gar nicht! Es ist doch schwer vergnüglich, sich die jungen Jahre von Kirk und Spock und der ganzen Truppe anzusehen. Wie sie sich kennengelernt haben und so.

Genzel (kritisch): Aber gerade hier wird doch so viel Potential verschenkt. Da haben wir eine Origin-Geschichte, wo wir erfahren, woher diese Figuren kommen und wie sie zu dem geworden sind, was wir kennen. Und dem Film fällt rein gar nichts ein, außer das typische Kirk-Spock-Pille-Verhalten mit jüngeren Schauspielern zu zeigen.

Genzel (privat): Darin liegt doch aber immer der Reiz solcher "Begins"-Geschichten. Es ist ein ironisches Spiel mit der Ikonographie eines bekannten Universums. Wir wissen, daß Spock irgendwann sagen wird: "Faszinierend", und wir wissen, daß Pille sich mit Spock kabbeln wird, und die Geschichte zieht Vergnügen daraus, wie wir diese Momente sehen und erleben, und wie sie entstehen.

Genzel (kritisch): Das mag schon sein. Aber damit wird der Ikonographie dieser Figuren ja nichts hinzugefügt. Nehmen wir doch mal BATMAN BEGINS als Gegenbeispiel: Da freuen wir uns nicht nur, daß sich Bruce Wayne endlich ein Fledermauskostüm überstreift - wir erfahren auch etwas über seine Beweggründe, das wir noch nicht wußten. Wir lernen ihn völlig neu kennen. Nolan hat seiner Figur dadurch viel mehr Tiefgang gegeben, weil wir quasi hinter die Maske schauen konnten. Bei STAR TREK fehlen doch solche Einblicke völlig.

Genzel (privat): Was ist mit Spock? Den haben wir doch noch nie so emotional gesehen. Ich finde schon, daß hier mit der Figur gearbeitet wird.

Genzel (kritisch): Naja, der Konflikt zwischen Spocks menschlicher und seiner vulkanischen Seite war doch schon in der alten Serie immer ein wichtiger Bestandteil. Das ist hier nicht neu, nur lauter herausgearbeitet. Aber die anderen Figuren? Was erfahren wir über Pille, das wir noch nicht wußten? Gibt es über Kirk nichts Spannenderes zu erzählen, als daß er in seiner ersten Szene als junger Rebell ein Auto zu Schrott fährt und ein paar Szenen weiter dann als Raufbold mit großer Klappe gezeigt wird? Kirk war doch schon immer ein Draufgänger, den hat die Autorität der Sternenflotte doch auch selten gekratzt.

Genzel (privat): Zugegeben, mit den "Randfiguren" der Enterprise wird wenig gemacht. Uhura ist ja aber auch viel stärker präsent als in der Originalserie.

Genzel (kritisch): Wohl wahr. Wobei sie sicherlich mehr zu tun gehabt hätte in der Serie, wenn es nicht damals völlig undenkbar gewesen wäre, daß es eine wichtige Figur in einer TV-Handlung gibt, die schwarz ist. Roddenberry hätte ihr sicherlich gerne mehr Funktion gegeben, als immer nur mal mit Hand am Ohr "Frequenz offen, Captain" zu sagen.

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Genzel (privat): Auf jeden Fall kann man aber sagen, daß die jungen Schauspieler für die Rollen hervorragend gecastet sind. Das ist gar nicht so leicht, weil wir die Figuren doch von jungen Jahren bis ins hohe Alter immer nur von den Originalschauspielern interpretiert gesehen haben. Wer hätte gedacht, daß wir jemand anderen als Spock akzeptieren würden?

Genzel (kritisch): Da stimme ich dir zu. Obwohl ich Chris Pine unsympathisch finde, aber das tut ja hier nichts zur Sache. Ausreichend hitzblütig ist er. Und Zachary Quinto sieht sogar richtig nach Spock aus. Sehr gutes Casting, definitiv.

Genzel (privat): Was auch schön ist, daß sich die Geschichte in das Trek-Universum einbindet, zum Beispiel dadurch, daß Captain Pike aus dem ursprünglichen Pilotfilm eingebaut wird, den sie ja einfach hätten ignorieren können - und trotzdem werden die Diskrepanzen zwischen der jetzigen Enterprise und der Originalserie sehr schön, und vor allem konsequent!, erklärt.

Genzel (kritisch): Ja, das stimmt. Auch wenn die ganze Zeitreise-Geschichte und das schwarze Loch und so weiter keinen wirklichen Sinn machen.

Genzel (privat): Ja, meine Güte, es funktioniert halt im Film. Das reicht doch.

Genzel (kritisch): Das Romulanerschiff sieht ja auch nicht sehr praktikabel aus. Das wurde wohl weniger als funktionierendes Raumschiff designt, als eher als ein beeindruckendes Filmset. Aber okay, da kann man drüber hinwegsehen.

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Genzel (privat): Also hat dich jetzt nur gestört, daß die Figuren nicht komplett neu interpretiert werden?

Genzel (kritisch): Naja, das andere Probleme geht damit Hand in Hand. Natürlich ist der Film aufregend, ich habe mich ja auch keine Sekunde gelangweilt. Dauernd passiert etwas. Er macht Spaß. Er ist spannend. Aber du mußt zugeben, daß es für die Böser-Außerirdischer-schießt-alles-kaputt-Handlung nicht unbedingt Preise hageln wird.

Genzel (privat): Naja.

Genzel (kritisch): Mal ehrlich, für das ganze Geballer brauchen wir doch die Enterprise-Crew überhaupt nicht! Den ganzen Kampf, all diesen sound and fury hätten wir auch mit völlig anderen Charakteren haben können. Luke Skywalker gegen den Romulaner Nero! Was hätte sich geändert?

Genzel (privat): Das Verwandschaftsverhältnis vielleicht?

Genzel (kritisch): Oder halt ganz unbekannte Figuren. Karl Musmesser und Anja Mützenhuber kommandieren ein Raumschiff im Kampf gegen den Außerirdischen Herbert, der alles in schwarzen Löchern versenken will.

Genzel (privat): Das Argument kannst du ja aber dann gegen fast jeden Film vorbringen. Wenn es diese Charaktere nicht wären, dann wären es halt andere.

Genzel (kritisch): Erstens nicht, wenn wir uns in einer Geschichte bewegen, in der es um uns bekannte Figuren gehen soll - da würde ich es schon gerne sehen, wenn die Handlung auch etwas mit ihnen zu tun hat. Und zweitens hätte die Geschichte prinzipiell mehr Tiefgang, wenn die Bedrohung auch die Eigenheiten der Figuren irgendwie ausloten und auf die Probe stellen würde.

Genzel (privat): Das ist ja aber eigentlich doch ganz schön durch den alten Spock und das Konzept der Zeitreise eingebunden.

Genzel (kritisch): Ach, papperlalapp. Wenn Spock zurückgereist wäre und es wären Zylonen mitgereist, die dann alles kaputtschießen, wäre die Story nicht viel anders verlaufen.

Genzel (privat): Mann, du kannst halt auch einfach nicht in so einem Film sitzen und dauernd den Tiefgang von Weltliteratur erwarten. STAR TREK ist pures Popcornkino und will das auch sein. Perfekt inszenierte Zerstreuung.

Genzel (kritisch): Also, nicht nur Nolan hat uns ja durchaus gezeigt, daß man Popcornkino und phantastische Geschichten mit Tiefgang verknüpfen kann. Und - natürlich ist die Inszenierung beeindruckend, aber sie nervt eben auch gewaltig.

Genzel (privat): Warum? Weil es aufregender ist, steife Figuren bei statischer Kamera wie in einem Debattierclub herumstehen zu lassen, wie es die früheren Enterprise-Geschichten gerne mal gemacht haben?

Genzel (kritisch): Weil J.J. Abrams das Ding so inszeniert, als wäre es 24. Dauernd wackelt die Handkamera, ständig wird weggeschnitten, bevor wir überhaupt sehen, was es zu sehen gibt. Ständig blitzen diese Lichtreflexe auf. Da ist nicht eine Sekunde zum Durchatmen.

Genzel (privat): Das ist doch Sinn der Sache! Es ist ein Weltraum-Abenteuer, verdammt noch mal!

Genzel (kritisch): Aber selbst in einem Abenteuer darf es doch mal erlaubt sein, durchzuschnaufen. Oder einfach mal etwas als Zuseher ansehen und bestaunen zu dürfen. Hier bleibt dafür keine Zeit. Es bleibt keine Zeit für Figuren und keine für das Staunen, obwohl es bei Star Trek doch immer um die Wunder ging, die das unendliche Weltall für uns Menschen zu bieten hat. Stattdessen wird alles beiseite geschoben, damit es krachen kann und das Ding stylisch ausschaut.

Genzel (privat): Na, wenigstens gibst du zu, daß es stylisch aussieht.

Genzel (kritisch): Der Preis dafür ist mir zu hoch.

Genzel (privat): Also hat dir der Film eigentlich gar nicht gefallen?

Genzel (kritisch): Naja, unterhaltsam ist er ja schon. Wie gesagt, gelangweilt habe ich mich nicht. Er macht 2 Stunden Spaß, aber es ist halt reiner Oberflächenspaß. Da hakt sich nichts fest.

Genzel (privat): Du hast halt auch an allem etwas herumzunörgeln.

Genzel (kritisch): Und du findest auch immer alles gut.

Genzel (privat): Du hast doofe Ohren.

Eine Rezension von Christian Genzel
(03. Juni 2009)
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Daten zum Film
Star Trek USA 2009
Regie J.J. Abrams Drehbuch Roberto Orci, Alex Kurtzman
Produktion Bad Robot Kamera Dan Mindel
Darsteller Chris Pine, Zachary Quinto, Leonard Nimoy, Eric Bana, Bruce Greenwood, Karl Urban, Zoe Saldana, Simon Pegg, John Cho, Anton Yelchin, Winona Ryder, Rachel Nichols
Länge 127 FSK 12
Filmmusik Michael Giacchino
Kommentare zu dieser Kritik
Nicholash1 sagte am 01.07.2009 um 18:08 Uhr

Geil!

Die wohl beste Kritik für diesen Film.

Mit einer sehr ähnlichen inneren Diskussion bin auch ich aus de Kino raus.

Natürlich hätte auch ich mehr Backround zu den wohlbekannten (und geliebten) Figuren erwartet; und genauso war ich von dem Film als Gesamtes begeistert....

Also nochmal:
Die wohl beste Kritik für diesen Film... ;o)
Tarantino TEAM sagte am 16.11.2009 um 16:16 Uhr

Ich fand den Film echt klasse. Eine tempo- und actionreiche Wiederbelebung der Star Trek-Reihe. Die JJ. Abrams Verfilmung ist spannender, spektakulärer und stylischer als die letzten drei Star Trek- Filme zusammen. Einfach eine tolle Idee die Serie mit der jungen Version der alten Enterprise weiterzudrehen. Falsch kann man mit einer neuen Storyvariante auch nichts mehr machen. Nach der letzten Serie aus dem Franchise kam Star Trek kaum noch Beachtung zu. Dieser Film ist ein tolles Lebenszeichen. Man kann nur hoffen, das Abrams diesen Neuanfang auch fortsetzen wird. Ein spektakulärer ScFi-Film, der mich echt umgehauen hat. Für einen ehemaligen Fan seit Kindheitstagen ein echtes Gänsehauterlebnis.
H. Christian Haslecker TEAM sagte am 17.02.2010 um 23:53 Uhr

Anders als Nolans Batman-Neuerfindung, bei der er - wie bereits Tim Burtons Filme auch, nur nun eben realistischer dargestellt und deshalb "tiefgründiger" als zuvor erscheinend -auf einer Comicvorlage aufbaut, die den Figuren echte emotionale Konflikte ermöglicht, hat das Star Trek Universum von vornherein nichts zu bieten, was einem derartigen Anspruch genügen würde.
Die Serie war, was die Figurenkonflikte anbelangt, die dich ja am meisten zu stören scheinen, weil sie eben fehlen, immer schon flach wie die Brust einer Neunjährigen. Das war beim Original so, bei der Next Generation, bei Deep Space Nine, bei der Prequel, bei allen Spinoffs also, und auch bei allen Star Trek Kinofilmen.
Das Star Trek Universum hat einfach keine Helden, die mit sich und miteinander kämpfen. Nicht einmal Spock hat Tiefgang, er ist nur der einzige mit EINEM persönlichen Zwiespalt, na toll. Das Ganze gibt einfach nichts her.

Star Trek neu zu erfinden, hieße Star Trek einzustampfen und etwas wirklich anderes daraus zu machen. Aber dann wäre es eben nicht mehr Star Trek, und das Universum funktioniert, weil es seichte Zerstreuungskost ist, die sich ein wenig den Anschein von Wissenschaftlichkeit verleiht. Seichte Science Fiction eben, ala Perry Rhodan: Unterhaltsam und sonst nichts. Ist ja nichts Schlechtes dabei!
Wenn du aber gute Figurenkonflikte in einer SciFi-Story sehen willst, dann geh zu Joss Whedon. Bei Firefly ist schon Saft in der Serie, und auch auf der Leinwand ist dann Material da, mit dem man emotional arbeiten kann.
Genzel TEAM sagte am 19.02.2010 um 16:54 Uhr

Teurer Sir, die angeführten Kritikpunkte beziehen sich einzig und allein auf diesen Film und nicht auf die anderen Filme und Serien aus diesem Universum.

Von (fehlenden oder mangelhaften) Konflikten habe ich nie geredet, das kommt nur von dir - der Kritikpunkt ist nicht, daß es keine Konflikte gibt, sondern daß uns der Film nichts über die Figuren erzählt, das wir nicht schon gewußt hätten: verschenktes Potential bei einer Origin-Geschichte. McCoy taucht auch und grummelt herum und erklärt uns, daß er das Beamen nicht mag. Wieviel interessanter und witziger wäre es gewesen, einen ganz konträren McCoy zu erleben, was die Frage in den Raum gestellt hätte, was wohl passiert sein mag, daß er sich so geändert hat?

Daß das Trek-Universum keine interessanten Geschichten hergibt, unterschreibe ich ebensowenig. Die Kinofilme 3 und 8 beispielsweise haben Geschichten erzählt, die mit den Figuren zu tun hatten (Kirk muß sich für seinen Freund Spock gegen die Sternenflotte auflehnen; er wird von Spocks Vater beschuldigt, daß er sich nicht um Spocks Geist gekümmert hat - Teil 3 / Picard kämpft wie Ahab gegen einen Feind, der ihn auf persönlicher Ebene erreicht hat, und seine Obsession und Rachlust gefährden seine Urteilskraft - Teil 8). Andere Trek-Geschichten nutzen die im Universum angelegten Möglichkeiten zur Allegorie (Teil 6 als Spiegelbild des Kalten Kriegs und seinem Ende) oder stellen theologische und metaphysische Fragen, wie die Frage nach Gott. Inwieweit diese Handlungsstränge dann befriedigend und tiefschürfend ausgelotet wurden, soll nicht zur Debatte stehen (nicht jeder TREK-Film ist gleich gut gelungen) - aber allein im Ansatz sind diese Plots weitaus interessanter als der verrückte Romulaner im Reboot, der schlichtweg alles vernichten will.
H. Christian Haslecker TEAM sagte am 20.02.2010 um 09:16 Uhr

Ich stelle keineswegs in Abrede, dass Trekfilme nicht auch cool sein können, eine Botschaft / Allegorie oder was auch immer haben, und Konflikte haben sie auch alle, keine Frage.
Was ihnen meiner Meinung nach aber durchwegs fehlt, sind *Figurenkonflikte*, eben, wie du sagst, Situationen, in denen wir Neues über die Charaktere erfahren und diese sich dadurch auch *verändern*. Das ist nicht angelegt. Und das soll man auch kritisieren, aber das ist nun mal das Problem der gesamten Star Trek Reihe, nicht nur dieses Films, und in dem Zusammenhang ist dieser Mangel nicht entschuldbar, aber erklärbar.
Hab mich wohl nicht ganz klar ausgedrückt.

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