"Give me one reason why I should listen to you."
"I can give you 72. And they are on board your ship, Captain. They have been, all along."
Es ist wieder einmal Zeit, auf
mannbeisstfilm.de die Saison der Blockbuster einzuläuten. Nachdem „
Iron Man 3“ in der letzten Woche trotz einiger Mängel im Gesamtgefüge einen fulminanten Start hinlegen konnte, steht nun mit
„STAR TREK: INTO DARKNESS“, der langersehnten Fortsetzung des 2009er Neuanfangs „
Star Trek“, bereits der nächste Hochkaräter zur Wachablösung in den Startlöchern. Wieder einmal unter der Federführung des gerne als
Regiewunderkind betitelten
J.J. Abrams („
Mission: Impossible III“ [2006], „
Super 8“ [2011]), der uns ein weiteres Mal mitnimmt in die unendlichen Weiten des Alls. Wobei dies im vorliegenden Abenteuer im Grunde nur eingeschränkt gilt. Denn die Bedrohung, mit der sich die junge Besatzung der
Enterprise konfrontiert sieht, ist weitaus irdischer, als es zunächst den Anschein haben mag.
„This is a manhunt“, wird im ersten Drittel des Films die Rahmenhandlung kurz, prägnant und ohne unnötige Schnörkel zusammengefasst. Denn ein mysteriöser Terrorist (Benedic
t Cumberbatch) bedroht Teile der Erde, um Rache für einen unverzeihlichen Verrat zu nehmen. Und nur Kirk (Chris Pine), der wegen eines lebensgefährlichen Manövers kurz zuvor degradiert wurde und nicht mehr das Kommando über die
Enterprise innehat, scheint in der Lage zu sein, der Bedrohung Einhalt zu gebieten. Also heftet er sich, mehr oder minder verantwortungsbewusst, mitsamt seinem Team an die Fersen eines schier übermächtig wirkenden Gegners, der ihnen bisher immer einen Schritt voraus war. Was folgt, ist ein regelrechtes Himmelfahrtskommando, eine Reise ins Dunkle, die die Crew bis an den Rand des Menschenmöglichen zwingt und bei der das Schicksal nicht nur einmal grausam zuschlägt.
Es ist eine Entwicklung, die manch einer nur mit zwei zugekniffenen Augen gutheißt. Denn die menschlichen Dramen hinter altbekannten Helden der Vergangenheit auszuloten, ist spätestens seit Christopher Nolans erfolgreicher Filmreihe um den
DC-Superhelden Batman schwer in Mode. Welch’ Vorstellung: Mit einem Mal durften Helden weinen, Gefühle zeigen, verletzlich sein und den Menschen hinter der Maske in den Fokus der Betrachtung rücken. Unfassbar. Doch was schnell zur Verklärung einer Comic-Ikone hätte führen können, entwickelte sich spätestens seit „
The Dark Knight“ [2008] dank feinfühliger Charakterzeichnung, unvergessener Schauspielleistungen und versierter Regie zu einem Meilenstein des modernen Action-Dramas, wie es im Kino leider nur allzu selten zu bewundern ist. Sicherlich darf man hiervon halten, was man möchte, und niemand ist gezwungen, sich mit dieser Neuorientierung, wie sie auch schon James Bond in „
Casino Royale“ [2006] durchleiden musste, anzufreunden. Und richtig, eigentlich schreiben wir hier ja über das neueste Abenteuer der
Enterprise. Aber dem Verfasser dieser Zeilen sei dieser kleine Exkurs bitte verziehen, da er bereits andeutet, was der ein oder andere wohl schon geahnt hat:
„STAR TREK: INTO DARKNESS“ verhält sich zu „Star Trek“ [2009] wie „The Dark Knight“ zu „
Batman Begins“ [2005]. Da wie dort sehen wir gebrochene Helden, am Abgrund taumelnd, während im Hintergrund ein diabolischer Feind den nächsten, wohlüberlegten Zug im mörderischen Schachspiel des Lebens vornimmt, um zum letzten Schlag auszuholen.
Die gebrochenen Helden diesmal: ein Kirk, dessen Sinn für Verantwortung auf eine harte Probe gestellt wird, als er für sein Handeln die Sanktionen mit aller Härte zu spüren bekommt. Ihm gegenübergestellt: Vulkanier Spock (Zachary Quinto), der rational Denkende, der sich bisher immer strikt an jede Order gehalten hat, ohne sie zu hinterfragen. Bis zu diesem Punkt. Denn was nützen Vorschriften, wenn das Leben eines Menschen auf dem Spiel steht? Noch dazu das eines Menschen, der einem näher steht, als der Stolz / die eigene Direktive einem verbietet, zuzugeben? Und so durchlaufen Kirk und Spock im Laufe des Films eine Entwicklung, die sie darüber reflektieren lässt, ob alles Tun der Vergangenheit wohl immer das Richtige gewesen ist, und die letztlich zu einer überraschenden Erkenntnis führt. Welche das ist, wird hier freilich nicht verraten. Nur soviel: sie ist eingebettet in eine wundervolle Hommage an die alten
Star Trek-Filme, die zu diesem Zeitpunkt gleichermaßen bitter wie süß an die inneren Werte appelliert. Hier wird Fan-Service par excellence betrieben, welcher – zugegebenermaßen – allerdings etwas zu sehr an heutige Hollywood-Standards angepasst ist. Keine Frage: Abrams’ zweites
Star Trek-Abenteuer
„INTO DARKNESS“ nimmt seine Protagonisten ernster als jemals zuvor, ohne auch nur annähernd den erhobenen Zeigefinger zu bemühen geschweige denn in irgendwie gearteter Weise zu moralisieren. Denn auch wenn bis hierhin der Eindruck entstanden sein mag, dass der Zuschauer hauptsächlich mit menschlichen Dramen bombardiert wird, vergisst Abrams mitsamt seiner Crew niemals, wohin die Reise gehen soll.
Jedes menschliche Drama in
„INTO DARKNESS“ ist immer noch die Folge eines vorangegangenen Ereignisses, welches pompös und actiongeladen auf die Leinwand transportiert wird. Die jeweils vom talentierten
Sherlock Holmes-Darsteller
Benedict Cumberbatch gesetzte Ursache ist hier effekttechnisch zu jeder Zeit erstklassig in Szene gesetzt und wirkt auf der großen Leinwand – selbst in 3D – noch einmal so gut. Wenn es kracht, dann so richtig, und abseits aller innerer Dämonen, die bekämpft und besiegt werden wollen, besteht dann auch plötzlich kein Zweifel mehr daran, dass Abrams’ Film in erster Linie ein Unterhaltungsfilm ist, wenn auch einer der eher düsteren Art. Begleitet von den üblichen
lens flare-Effekten, die mittlerweile nicht mehr stören, sondern irgendwie schon zum Repertoire gehören, wird 130 Minuten lang gezeigt, dass man mit überzeugenden Darstellern, viel Getöse, ein wenig Humor und einem gesunden Gespür für das Zwischenmenschliche eine recht einfache Geschichte, die gekonnt den Bogen zu gegenwärtigen Ängsten schlägt, zu einem epochalen Ereignis für alle Sinne ausschlachten kann. Das Ergebnis fällt nach dem gelungenen Neuanfang vor vier Jahren noch einen Tick besser aus, auch wenn die Luft nach oben noch nicht aufgebraucht ist. Doch die dürfte bei dieser Entwicklung spätestens im September 2016, pünktlich zum 50. Geburtstag des
Raumschiff Enterprise, knapp werden, wenn sich die neue Crew Gerüchten zufolge zu ihrem dritten Abenteuer zusammenrauft. Und das könnte dann durchaus
faszinierend ausfallen.
Fazit: Düsterer als jemals zuvor – und doch der erste richtig gelungene Blockbuster in diesem Jahr.
Anmerkung zur DVD- und Blu-ray-Auswertung: Der Film ist ab dem 12.09.2013 als DVD (Laufzeit 127 Minuten), Blu-ray und 3D-Blu-ray (jeweils 132 Minuten) im Handel erhältlich. Die freundlicherweise zur Verfügung gestellte Rezensions-DVD entspricht der im Handel erhältlichen DVD-Fassung und wartet neben dem Hauptfilm in dynamisch abgemischtem Deutsch, Englisch, Französisch und Türkisch (Dolby Digital 5.1) noch mit den Extras "Der Feind meines Feindes", "Schiff zu Schiff" und Kinotrailern auf. Das jederzeit knackig-scharfe Bild erfreut hierbei das Auge des Betrachters.
Cover: © Paramount Pictures