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von Norbert Jürgen Ratthofer




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Mission: Impossible III

Mission: Impossible III

Ein Film von J.J. Abrams

Es ist das Jahr 1939: Alfred Hitchcock hat sich zu einer Rede in der Columbia-Universität eingefunden.
"Werte Damen und Herren", wird er gesagt und dabei einen Blick in die Menge geworfen haben, "heute möchte ich Ihnen an einer kleinen Geschichte den Begriff des MacGuffin näher bringen. Keine Sorge, Sie werden gleich verstehen. Nehmen Sie bitte an, zwei Schotten sitzen in einem Zug. Der eine fragt den anderen, was denn dort oben im Gepäcknetz liege. Der andere erwidert daraufhin, dies sei ein MacGuffin und fügt noch erklärend an, dass es sich dabei um ein Gerät handele, mit dem man in den Bergen von Adirondack Löwen fangen könne. Der eine wundert sich etwas. 'Aber es gibt dort doch gar keine Löwen!' – Darauf entgegnet der andere: 'Dann, mein Lieber, ist es auch kein MacGuffin.'"


Der große Filmregisseur umschrieb hier auf seine gewohnt ironische Art einen Begriff, den er selber geprägt hat. Ein MacGuffin ist ein beliebiges Objekt oder eine Person, die nur die Handlung vorantreiben soll, ohne selbst von größerer Bedeutung zu sein. Quentin Tarantino zum Beispiel wählte in „Pulp Fiction“ den Koffer mit unbekanntem Inhalt, der den Zuschauer bis zum Abspann mit großen Fragezeichen über dem Kopf zurückließ. Und auch der kreative Serien-Erfinder J.J. Abrams, der unter anderem hinter „Alias“ und „Lost“ steckt, benutzte in sei
nem Kino-Debüt „MISSION: IMPOSSIBLE III“ mit der ominösen „Hasenpfote“ (Geheimwaffe? Kampfstoff?) ein zunächst wichtig erscheinendes Objekt, um die Story weiterzuspinnen, ohne aber am Ende auch nur ansatzweise zu klären, was es nun mit ihm auf sich hatte. Natürlich mag man in einem solchen Fall dem Regisseur vorwerfen wollen, er habe den Zuschauer manipuliert, neugierig gemacht, nur um ihn nachher mit seinen Fragen alleine auf weiter Flur zurückzulassen. Doch verkennt man, dass eine Auflösung für die Geschichte am Ende vielleicht gar nicht nötig war, eine abstruse pseudo-wissenschaftliche Erklärung eher für noch mehr Unwillen gesorgt hätte. Wer weiß, was es mit dem sogenannten MacGuffin auf sich hat, wird erkennen, dass er nur dazu dient, die Story mit einem Kunstgriff auf das Wesentliche hinzulenken und zu beschränken, was der Gradlinigkeit in der Erzählweise sehr zugute kommt. Und wer will schon jedes Element des Drehbuchs komplett durchgekaut und frei von Gräten serviert bekommen, wenn er einen Agentenfilm sieht?


Nachdem John Woo mit „Mission: Impossible II“ [2000] einen ermüdend Action-lastigen und uninspirierten Film abgeliefert hatte, glaubten eingefleischte Fans schon, die Kino-Version der Kultserie „Kobra, übernehmen Sie“ befände sich in einem steten Sinkflug, ohne jemals wieder die solide Klasse einer „Mission: Impossible“ [1996] aus dem Hause Palma erreichen zu können. Soviel sei vorweg genommen: Ethan Hunts drittes Abenteuer ist besser als John Woos sehr eigenwillige Interpretation, da der Film sich bewusst von einer allzu Action-lastigen Inszenierung distanziert, dennoch aber für den Zuschauer genug adrenalinfördernde Momente bietet, um für zwei Stunden zu fesseln – leider ohne die Klasse des Brian De Palma-Originals zu erreichen.


Der Film beginnt unheilschwanger mit einer düsteren Einstellung, in der Ethan Hunt (Tom Cruise) von einem Mann (diabolisch gut: Philip Seymour Hoffman) bedroht wird. Der noch Unbekannte möchte von Hunt die sogenannte „Hasenpfote“ haben. Andernfalls droht er, dessen Frau Julia (Michelle Monaghan, „Nach 7 Tagen ausgeflittert“ [2007]) zu erschießen. Hunt beteuert, er habe dem Unbekannten alles gegeben, was er wollte, doch lässt sich der Kriminelle nicht davon beeindrucken und erschießt vor den Augen Hunts die Frau. Schock. Die nach dem Vorspann folgenden Ereignisse setzen einige Tage früher ein und präsentieren dem Zuschauer sofort die Antwort auf die nach dem Teaser obligatorisch auftauchende Frage: Ja, Ethan Hunt ist zunächst verlobt, im späteren Verlauf der Geschichte sogar verheiratet und steht nicht mehr im Dienst des IMF. Seine Frau Julia weiß nichts von seiner früheren Agententätigkeit – seinem wirklichen Beruf – und würde bei einer auf den Beruf ihres Mannes abzielenden Frage mit Bestimmtheit antworten, dass ihr Mann für eine Verkehrsbehörde arbeitet.


Erst als ihn sein früherer Kollege Musgrave (Billy Crudup, „Watchmen - Die Wächter“ [2009]) um Hilfe bei einer Sache bittet, die mit der Entführung von Hunts ehemaliger Schülerin Lindsey (Keri Russell) durch einen Kriminellen namens Davian (Philip Seymour Hoffman) zu tun hat, gerät Julia ein wenig ins Grübeln. Aufgrund des freundschaftlichen Verhältnisses, das Hunt zu seiner Schülerin pflegte, lässt er sich nämlich zu einem Befreiungsauftrag hinreißen, den er vor Julia natürlich wieder irgendwie verleugnet. Der Befreiungseinsatz in Berlin endet traurigerweise mit dem Tod von Hunts Schülerin, der durch eine Mini-Bombe in ihrem Kopf verursacht wurde. Tief betroffen schwört er Davian Rache, der er nach einigen Ermittlungen auch einen gewaltigen Schritt näher kommt. Davian soll sich in nächster Zeit in der Vatikanstadt aufhalten, weshalb Hunt beschließt, auf eigene Faust dort hinzureisen und zu tun, was getan werden muss. Für seine (noch) Verlobte befindet sich Ethan auf einer Geschäftsreise, was sie jedoch nicht vollends überzeugt. Eine Hochzeit im Krankenhaus später scheint sie jedoch aufgrund seiner Beteuerung, dass er sie über alles liebe, milde gestimmt, so dass die Racheaktion beginnen kann, in deren Verlauf wieder die eine oder andere Wendung wartet. Storytechnisch wird somit (endlich!) wieder solidere Kost als im enttäuschenden zweiten Teil geboten.


Was nun laut Drehbuch folgt, sind zum einen die altbekannten Verwandlungsspielchen mit den Masken, deren Umsetzung im Gegensatz zum zweiten Teil mehr als gelungen ist. So sieht man als Zuschauer keinen sichtbaren Schnitt während der Verwandlung Hunts in Davian, sondern bestaunt die um Hunt rotierende Kamera, welche höhnisch zu sagen scheint: Seht her, hier arbeiten wir mit Tricks, aber ihr kommt sowieso nicht dahinter, wie sie funktionieren! Sehr trickreich. Ebenso trickreich fallen zum anderen die erstaunlich wenigen (und ohne weiße Tauben auskommenden), aber dafür umso intensiveren Action-Einlagen aus. Die Szenen von Hunts Jagd auf Davian nebst dessen spektakulärer Flucht sind sehr darum bemüht, einen gewissen Grad an Realismus zu vermitteln, ohne in einem CGI-Effekte-Gewitter zu gipfeln. Die Spezialisten von ILM öffnen hier die Trickkiste daher auch nur halb und verschonen den Zuschauer mit allzu offensichtlich computergenerierten Bildern, was dem Film sehr zugute kommt.


Wie John Woo beschritt Regisseur Abrams mit seiner Verfilmung gewissermaßen Neuland, nahm man doch in beiden Fällen Abstand von dem herkömmlichen Muster des Agentenfilms. Doch sollte trotz aller Neuerungen nur in Abrams' Interpretation so etwas wie eine Rückbesinnung an De Palmas Original aufleuchten. Trotz der emotionalen Tiefe, die durch die Beziehung Ethans zu seiner Frau transportiert wird, vergisst der Agententhriller zu keiner Zeit, dass er ein ebensolcher sein soll. Gerade die emotionale Tiefe und der Versuch, mehr von der Person zu vermitteln, die ansonsten so unverwundbar erscheint, sind hier interessant und verleihen dem Film eine gehörige Portion Ernst, die im zweiten Teil vollkommen fehlte. Bis der Film zu dem Punkt gelangt, der dem Vorspann als Teaser vorangestellt ist, fiebert man mit, erkennt man als Zuschauer, dass hinter jedem Super-Agenten auch nur ein verletzlicher Mensch steckt, fernab des Heldenstatus eines von Pierce Brosnan verkörperten Bonds. Und das tut dem Film mehr als gut. Zwar bricht auch „MISSION: IMPOSSIBLE III“ nicht mit der für Agentenfilme scheinbar üblichen Tradition, teils abstruse und unglaubwürdige Ereignisse zu präsentieren, doch retten das gelungene Drehbuch und die tadellose Inszenierung so einiges, so dass man fast vergessen könnte, dass John Woo mit seiner Inszenierung vollkommen daneben gegriffen hat.


Kommerziell war die turbulente Agentenhatz übrigens leider weniger erfolgreich als seine Vorgänger, was der mitunter missglückten (Selbst-)Inszenierung von Tom Cruise in den Medien bezüglich Scientology und seiner Heirat mit Katie Holmes zugeschrieben wird. Manch einer bräuchte wirklich einen fähigen Regisseur für sein Leben.


Auch interessant:
Mission: Impossible - Phantom Protokoll“ [2011]



Eine Rezension von Stefan Rackow
(23. April 2007)
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Daten zum Film
Mission: Impossible III USA 2006
(Mission: Impossible III)
Regie J.J. Abrams Drehbuch Alex Kurtzman, Roberto Orci, J. J. Abrams
Produktion Tom Cruise, Paula Wagner Kamera Dan Mindel
Darsteller Tom Cruise, Philip Seymour Hoffman, Ving Rhames, Michelle Monaghan, Maggie Q, Jonathan Rhys-Meyers, Laurence Fishburne, Billy Crudup
Länge 127 Minuten FSK ab 12 Jahren
Filmmusik Michael Giacchino
Visuelle Effekte und Animation Industrial Light and Magic
Kommentare zu dieser Kritik
Stefan R. TEAM sagte am 20.01.2009 um 20:53 Uhr

Free-TV-Premiere am 25.1.2009, 20:15 Uhr, auf ProSieben
Stefan TEAM sagte am 22.01.2009 um 13:42 Uhr

Oder vor 2 Wochen im ORF ;-)

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