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Spurlos - Die Entführung der Alice Creed

Spurlos - Die Entführung der Alice Creed

Ein Film von J Blakeson

Das Subgenre des Entführungsthrillers ist ein äußerst vielfältiges und oftmals auch ziemlich gelungenes: umso schöner, dass momentan immer wieder Produktionen dieses Thema im weitesten Sinne aufgreifen und uns so mit doch recht abwechslungsreichen Filmen versorgen. Ryan Reynolds fand sich kürzlich in einem Sarg wieder, aus der Sicht eines Vaters erzählte etwa Taken eine Entführungs- und Rachegeschichte, und zuletzt wurde natürlich der hochgelobte Kidnapped in diesem Bereich äußerst auffällig. Dabei ist der Entführungsthriller äußerst wandelbar und kann von bierernstem Krimi bis zur schwarzen Komödie quasi alles sein – mit fließenden Übergängen. Der vorliegende „Spurlos – Die Entführung der Alice Creed“ ist hierbei ein ausgebufftes Kammerspiel mit lediglich drei Protagonisten.

Zum Versuch, die Handlung anzureißen, ohne zuviel zu verraten: eines Tages wird Alice Creed, Mitte 20, Tochter aus reichem Hause, am helllichten Tag entführt. Ihre Kidnapper sind Danny und Victor, die sie in einer präzise vorbereiteten Wohnung ans Bett fesseln, ausziehen, und die Fotos der geknebelten Tochter ihrem Vater schicken – es geht um 2 Millionen Pfund Lösegeld! Natürlich kommt es wie es kommen muss: die so minutiös geplante Entführung der jungen Frau klappt, nur
im Versteck kommt es zwischen den drei Figuren zu immer mehr Spannungen, jenseits der Entführung an sich. Dabei nicht hilfreich ist auch, dass logischerweise in diesem Film nicht alles so ist wie es scheint, und sich schon bald neue Allianzen bilden und wieder zerbrechen...

Es fällt sicherlich schwer, eine längere und vor allem aussagekräftige Kritik über einen Film zu schreiben, der nur drei Darsteller hat und als Prämisse eine Entführung benutzt, die natürlich immer Raum für Spekulationen bieten muss. Insofern möchte ich in der folgenden Besprechung nicht wirklich in Details gehen, um einfach Spoiler zu vermeiden. Eines sei gesagt: wer sich auch nur im geringsten für den Film interessiert, möge ihn anschauen!

Ein Film dieser Machart wird vor allem von zwei Zutaten getragen: seine Schauspieler und sein Drehbuch. Für das Drehbuch ebenso wie für die Regie von „Spurlos“ zeigt sich J Blakeson verantwortlich, der zuletzt mit dem Script zu The Descent 2 auf den Schirmen auffällig geworden ist. Dabei ist das Script eine der Säulen, auf die sich der Film mit Verlass stützen kann. Äußerst geschickt verbindet das Drehbuch die verschiedenen Wendungen in einer logisch-kohärenten Reihenfolge, ohne dass im Verlauf des Films Logikbrüche sonderlich auffallen würde (sicherlich, manchmal wird eine gewisse suspension-of-disbelief dem Zuschauer abgefordert, aber so ist das nunmal). Dabei ist besonders zu bewundern, dass ich bei dem übersichtlichen Cast und bei immerhin 96 Minuten Laufzeit – es gibt auch nicht wie so oft noch ein paar Figuren, die nach und nach auftauchen – sich eigentlich keinerlei Längen einstellen. Dementsprechend ist es auch völlig offensichtlich, dass der Film in seiner Handlung und Personenkonstellation einige Haken schlagen muss, um den Zuschauer bei Laune zu halten. Blakeson vermeidet dabei aber Shyamalan'sche Kartenspielertricks und zieht eben keinen Plottwist kurz vor dem Abspann aus dem Hut, sondern lässt den Film angenehm dahin- und in seine Wendungen hineinfließen.

Sicherlich: in der Rückschau wirkt die Anzahl der Szenen, in der jemand sein Gegenüber mit einer Waffe bedroht vielleicht etwas absurd hoch. Doch es fällt sonst kaum auf, und das ist wirklich Nit-Picking und Suchen nach Kritikpunkten. Einzig das Ende ist vielleicht etwas absehbar, auch wenn unmittelbar davor genug Spannung herrscht und man immer noch nicht einschätzen kann, wie ruppig Blakeson mit seinen Figuren umspringt. Interessant ist dabei auch, dass der Film nicht nur in der Handlung Haken schlägt, sondern auch immer neue Aspekte seiner Figuren einführt, so dass diese wirklich wie echte Charaktere wirken, und nicht nur als Mittel zum Zweck für einen „unberechenbaren Thriller“. Das Drehbuch ist auch sorgfältig genug konstruiert, um so manche Stolperfalle abzufedern: etwa der erste große Twist wird von einer Figur zu gut verdaut – so hat es denn Anschein. Doch auch hier ist wieder zu sagen: es ist nicht alles so wie es scheint, und das Script weiß sehr genau, was es macht.

Ebenso gut ist die Leistung der drei Darsteller Gemma Arterton, Martin Compston (als Danny) und Eddie Marsan (als Vic). Gemma Arterton oben ohne zu sehen ist nun natürlich nichts, über was ich mich beschweren möchte; sie hat wirklich eine sehr schwere Rolle, ständig gefesselt und mit diesem unangenehmen Knebel im Mund. Und doch spielt sie ihren Part äußerst gut, und führt eindrucksvoll vor, wie schwer Entführungsopfer von ihren Peinigern erniedrigt werden. Der Film spart sich auch keine Details der Körperhygiene aus und zeigt damit eine Seite, die viele andere Entführungsthriller häufig vergessen, nämlich die Scham und die Entwürdigung der Leidtragenden. Dabei bleibt sie aber auch immer undurchsichtig und vor allem stark genug, um nicht mit 90 Minuten Dauergeweine auf die Nerven zu fallen. Auch ihre beiden Gegen- bzw. Mitspieler Compston und Marsan machen ihre Sache ausgezeichnet. Compston hat keine Angst davor, nackt zu spielen, und Marsan gibt den harten, kalten und äußerst überlegten Vic auf überzeugende Art und Weise, und deutet dabei auch immer wieder das sensible und unbeherrschte an, um eben einen eindimensionalen Charakter zu vermeiden.

Noch ein Wort zur Inszenierung: abgesehen von so mancher Überkonstruktion der Story herrscht auch hier eitler Sonnenschein. Die ersten Minuten mit der Vorbereitung der Entführung sind in ihrer wortlosen Darstellung einfach brillant. Ebenso versteht es Blakeson, einfache und abgegriffene Situation mit enormer Spannung zu füllen, etwa eine Patrone auf einem Teppich, die alles verraten könnte, oder auch das sehr bekannte Klischee eines Schlüssels, der so gerade nicht in Reichweite in liegt. Da die Story, die Figuren und auch die Regie aber interessant genug sind, bleibt auch hier die Spannung erhalten oder wird noch mehr gesteigert.

„Spurlos – Die Entführung der Alice Creed“ ist also ein wirklich geschickt konstruierter Thriller, der mit seinem Ensemble, seinem Drehbuch und seiner Regie punkten kann. Sicherlich, man kann ihm eine gewisse Überkonstruiertheit vorwerfen, aber im eigentlichen Verlauf des Films sind die Übergänge fließend genug, um den Genuss kaum zu schmälern. Kein großes Kino das in die Geschichte eingehen wird, aber gelungene Genreware die auf jeden Fall mehr als einen Blick wert ist!

Eine Rezension von David Kugler
(17. April 2011)
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Daten zum Film
Spurlos - Die Entführung der Alice Creed Großbritannien 2009
(The Disappearance of Alice Creed)
Regie J Blakeson Drehbuch J Blakeson
Produktion Isle of Man Film, CinemaNX Kamera Philipp Blaubach
Darsteller Gemma Arterton, Eddie Marsan, Martin Compston
Länge 96:08 FSK 16
Filmmusik Marc Canham
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