Die Billigschmiede „Nu Image“ hatte hier ja schon desöfteren einen mehr oder minder ehrenvollen Auftritt – die Filme rund um die
Delta Force waren größtenteils recht mies, aber auch der ziemlich sensationelle
Iceman stammte von eben jener Firma. Und wir erinnern uns: dem sein eigentlicher Titel war ja „Undisputed II“, also ein Sequel zu einem sehr unbekannten Walter-Hill-Film, den man aber nicht kennen musste, um den zweiten Teil zu genießen. Denn der war ein richtiges Brett! Nun steht also Teil 3 ins Haus, „Undisputed III: Redemption“. Michael Jai White ist nicht mehr dabei, dafür konnte Isaac Florentine – ebenfalls Regisseur des Vorgängers – erneut Scott Adkins rekrutieren. Und Junge, ist das wieder eine Granate geworden!
Nachdem George „Iceman“ Chambers im Film vorher ja seinen Kampf gegen Yuri Boyka gewann, widmet sich „Undisputed III“ tatsächlich dem großen Russen. Boyka sitzt immer noch in einem russischen Gefängnis ein und verbringt seine Tage damit, die heruntergekommenen Sanitäranlagen sauber zu halten – kämpfen kann er nicht mehr, da er eine schwere Knieverletzung durch den Iceman davon trug; Boyka ist ein gebrochener Mann. Als ein internationales Knastturnier ansteht, möchte er die Chance ergreifen, wenigstens ehrenvoll im Zweikampf zu sterben (seine Motivation wird nicht wirklich erklÃ
¤rt). Den Ausscheidungskampf im hauseigenen Knast gewinnt er, und schon geht es in eine Einrichtung in Georgien, wo sich 8 Kämpfer aus 8 Ländern treffen – dem Sieger winkt die Freiheit. Schnell gerät der Russe Boyka mit dem Amerikaner Turbo aneinander, doch es gibt ein viel görßeres Problem als verletzte Egos: das Turnier ist getürkt, und der Chilene Dolor ist der Favorit der Wettpaten und Organisatoren...
Ich war doch von mir selbst überrascht: als der Film anfing, und wir Boyka mit zotteliger Matte sehen, der verzweifelt sein zerstörtes Knie trainiert und sonst die Klos putzt, da dachte ich mir: „Junge, das könnte was ganz Großes werden!“ Denn die Boyka-Figur ist höchst interessant. Schon in der Kritik zum Vorgänger machte ich klar, dass es dem Script wirklich kaum genug zu danken ist, dass Boyka kein stumpfer Bösewicht und Russenschläger ist, sondern tatsächlich so etwas wie Tiefe bekam, und durchaus sympathische Züge aufweisen konnte. Dies ist wichtig, weil Boyka in diesem Film eben die Hauptfigur und Sympathieträger ist. Womit wir auch schon bei dem größten Kritikpunkt sind: ich hätte mir persönlich ein besseres Script gewünscht. Nicht falsch verstehen: das Script ist nicht schlecht. Nur ist „Undisputed III“ eigentlich wenig mehr als ein Tournament-Film, dabei hätte man aus der Figur des gebrochenen Mannes so viel mehr machen können – ich denke etwa an
John Rambo. Aber vielleicht klappt ja bei Teil 4, den ich mir sehnlichst herbeiwünsche, die Symbiose aus Charakterstudie und absolutem Actionfest.
Das Drehbuch ist also eher straight-forward, aber das macht es über weite Strecken sehr geschickt. Boykas Knie behindert ihn natürlich in den Kämpfen, so dass Scott Adkins mehr auf Schläge und einfache Tritte setzt, ohne die wahnsinnigen High-Flying-Moves des Vorgängers. So richtig was wird aus dieser Einschränkung aber auch nicht gemacht: der Film reitet zwar ziemlich drauf herum, aber manchmal wirkt es eher wie ein überflüssiger MacGuffin, niemals richtig zwingend. Denn mehr als das übliche „Ich verliere im Finale beinahe aber rappel mich nochmal auf“ resultiert daraus auch nicht unbedingt. Trotzdem gibt es dem Charakter eine gewisse Verwundbarkeit, da diese Verletzung eben immer im Hintergrund schwebt (und der Zuschauer während dem Film ja nicht unbedingt weiß, was passiert). Sehr ungeschickt geht das Script aber bei so mancher Exposition vor: zum einen erklärt es nicht wirklich, wie das Turnier abläuft, bzw. wie „illegal“ das ist, auch die Regeln werden nicht erläutert (wozu eigentlich die Schiedsrichter im Ring?); zum anderen stolpert es manchmal an gewissen Stellen, wo es in der Handlung nicht mehr weitergeht, etwa als im Steinbruch auf einmal eine Figur – die aus dem Nichts auftaucht – unseren Helden eine Information gibt, die für die Fluchtentscheidung absolut notwendig ist. Das ist nicht wirklich elegant gelöst.
Das war jetzt zwar viel Kritik, aber auch zugegebenermaßen ziemliches Nit-Picking. Denn für einen Turnierfilm funktioniert das Script ziemlich gut. Man hangelt sich nicht von Kampf zu Kampf und will die Dialoge zwischendurch vorspulen, sondern langweilt sich auch in diesen nicht. Denn es geht nicht unbedingt um den harten Knastalltag, sondern vor allem um die Beziehung von Boyka und Turbo. Turbo (gespielt von Mykel Shannon Jenkins) ist der amerikanische Kämpfer im Turnier und kommt zu Beginn fast als Antagonist rüber, bis er eben von Doro als Bösewicht abgelöst wird. Trotzdem können sich Turbo und Boyka nicht leiden, aber man riecht schon aus 10 Metern Entfernung: die freunden sich an. Und so passiert es auch, mit zunehmender Laufzeit entwickelt sich eine Freundschaft zwischen Boyka und Turbo, die jedoch im Turnier noch einen Kampf auszutragen haben (das wird gesagt, macht aber in dem Modus nicht unbedingt Sinn). Und dieses Buddymovie mit dem schweigsamen Russen und dem arroganten amerikanischem Plappermaul funktioniert überraschend gut! Adkins und Jenkins haben eine hervorragende Chemie und bringen die Entwicklung tatsächlich glaubhaft rüber. Die Chemie zwischen den beiden ist so ausgezeichnet, dass sich sogar die Bösewichte darüber lustig machen und ihnen eine schwule Affäre vorwerfen! Und selbst in den Dialogszenen ist Isaac Florentine sicher in seiner Regie, obwohl sein Metier ja vor allem Kampfszenen sind.
Und Junge, das sind natürlich wieder die herausragenden Schauwerte von „Undisputed III“; in diesem Sektor ist auf Florentine und Adkins einfach Verlass! Die Choreographie übernahm Larnell Stovall; ich hatte schon schlimmes befürchtet, als J.J. „Loco“ Perry vom vorherigen Film abgelöst wurde. Aber, man kann Entwarnung geben: die Kämpfe sind wieder grandios! Es gibt dank der verschiedenen Kämpfer aus verschiedenen Ländern eine ungleich höhere Vielfalt, was die vorher beschriebene Änderung Boykas Kampfstils mehr als abfedert. Neben Boykas sehr griff- und wurflastigem Stil gibt es unter anderem Muay Thai und (natürlich) Capoeira zu sehen (Experten können sicherlich noch mehr identifizieren). Und erneut kann ich eigentlich nur wiederholen, was ich zum anderen Film schon geschrieben habe: die Kämpfe sind realistisch, bodenständig, brutal und einfach exzellent gefilmt! Die Männer im Ring sind bis ins letzte austrainiert, man nimmt ihnen ihre Fähigkeiten völlig ab, und das Stuntwork von ihnen und ihren Stuntmännern ist einfach hervorragend. Dazu natürlich der unvergleichliche Stil von Florentine: die Kamera befindet sich mitten im Ring, es sind lange Takes mit vielen Schlagfolgen (ohne dass die Kämpfe zu sehr choreographiert wirken), und passende Zeitlupen und Speed-Ups geben den Fights ein perfektes Tempo. Und das schönste daran: man erkennt alles! Hier wird nichts verwackelt, hier wird nichts verschnitten! Das Team Stovall (Choreographie), Florentine (Regie), Clarkson (Kamera) und Raz (Schnitt) haben erneut die Messlatte höher gelegt – eine Schande, dass so etwas nicht im Kino läuft.
Es bleibt also zu sagen, dass mit „Undisputed III: Redemption“ erneut ein Kracher den Weg in die Heimkinos gefunden hat. Die deutsche DVD von Ascot (danke für das Rezensionsexemplar) ist mit ihrer Freigabe ab 18 natürlich ungeschnitten, die dank der Härte auch in Ordnung geht.
Der Film ist erneut eine Bombe im Martial-Arts-Sektor, der sich vor asiatischen Produktionen sicherlich nicht verstecken zu braucht. Florentines comichafte Inszenierung (viele Zooms und „Wooosh“-Effekte auf der Tonspur) kontrastieren die grundsätzliche Härte des Films, und auch zwischen den Fights kann vor allem das Zusammenspiel zwischen Adkins und Jenkins bei Laune halten. Erneut eine dicke Empfehlung für einen Film, der für sich selbst vollends überzeugen kann, aber eben auch leicht Potential verschenkt hat.
Und was wünsche ich mir für den vierten Teil? Ein Buddymovie mit Adkins und Jenkins, die als Einzelkämpfer und im Tag Team ein Turnier in Amerika (denn mit Ostblock-Knast reichts auch mal) bestreiten, wo sie erneut auf den Iceman – Michael Jai White – treffen. Quasi wie „
The Expendables“, nur nicht mit den Actionstars der 80er, sondern den besten Martial-Arts-Darstellern unserer Zeit! Das wäre „Citizen Kane“ des Heimkinomarktes!