Im Regiedebüt des Drehbuchautors
Hossein Amini („
Drive“ [2012]) geraten schöne Menschen in schöner Kulisse in einen ganz schön kriminellen Schlamassel:
Der junge Amerikaner Rydal (Oscar Isaac) verdient sich im Athen des Jahres 1962 als Stadtführer seinen Lebensunterhalt, den er hier und da kurzerhand durch eine kleine Betrügerei aufstockt. Eher zufällig kreuzt er eines Tages den Weg des reichen amerikanischen Geschäftsmannes Chester MacFarland (Viggo Mortensen) und seiner reizenden Frau Colette (Kirsten Dunst). Rydal ist fasziniert von dem Paar und sucht aus für ihn zunächst unerklärlichen Gründen immer wieder die Nähe der sympathischen Eheleute. So kommt es, dass er ihnen noch einen kurzen abendlichen Besuch im Hotel abstatten möchte, hierbei jedoch Chester ertappt, wie er einen anscheinend bewusstlosen Mann über den Hotelflur in ein fremdes Zimmer zu schleifen versucht. Nur zögerlich geht Rydal Chester zur Hand und setzt damit im Folgenden eine Intrigen-Maschinerie in Gang, die er sich in seinen kühnsten Träumen nicht hätte ausmalen können...
Zweiundzwanzig Romane, sieben Bände mit Kurzgeschichten sowie ein Sachbuch: Dies ist die außerordentliche Bilanz, die nach dem Tod der Bestseller-Autorin
Patricia Highsmith 1995 als immerwährendes Lebenswerk verbleibt. Selbst Altmeister Alfred Hitchcock erkannte schon früh ihr unnachahml
iches Talent, Spannung mit psychologischem Tiefgang zu verbinden, als er 1950 die Filmrechte für ihren ersten Roman
„Strangers on a Train“ erwarb. Ein Talent, das in der Folge solch namhafte Charaktere wie den talentierten Mr. Ripley oder – im vorliegenden Fall – Chester MacFarland hervorbringen sollte. Die nun startende Adaption des neunten Highsmith-Thrillers
„The Two Faces of January“ vereint die Stärken eines klassischen Highsmith-Romans mit denen des atmosphärischen Schauspielkinos, das nicht mehr braucht als eine stimmige Geschichte, in der die Protagonisten voll und ganz ihre Trümpfe ausspielen können. Dass eine Geschichte höchstens zwei, nicht aber drei neurotische Charaktere verkraften könne, wie ein damaliger Verleger nach Durchsicht des Manuskripts ablehnend moniert haben soll, lässt sich angesichts der dreigesichtigen Stargewalt des Films zumindest nur schwerlich unterschreiben. Denn wenn
„DIE ZWEI GESICHTER DES JANUARS“ von etwas lebt, dann von seinen drei Hauptdarstellern, die sich allmählich in der sich immer schneller drehenden Schicksalsspirale verlieren, die sie selbst einst in Bewegung gesetzt hatten.
So entwickelt sich der Film mit zunehmender Laufzeit zu einer griechischen Tragödie mit ungewissen Ausgang, den nur die Götter kennen. Regiedebütant Amini wählte dabei für seinen Einstand eine sich bewusst auf das Wesentliche konzentrierende Inszenierung, die die Schönheit Griechenlands zwar zu erfassen weiß, aus ihr jedoch hier und da auch düstere Momente extrahiert, welche gekonnt die aktuelle Gefühlssituation der Protagonisten unterstreichen. Es sind dies gewissermaßen die zwei Gesichter einer Urlaubsmetropole: auf der einen Seite malerisch, auf der anderen durchdrungen von Schwärze und Düsternis, was einer ebensolchen Doppelbödigkeit wie der unserer sich um Kopf und Kragen handelnden Akteure entspricht. Weiße Westen sucht der Zuschauer in diesem vermeintlichen Paradies nämlich vergeblich; stattdessen findet er ein Meer aus Lügen und Intrigen vor, in dem es sich besser ertrinken als schwimmen lässt.
„DIE ZWEI GESICHTER DES JANUARS“ zieht diese offensichtliche Diskrepanz von traumhaftem Urlaub und tatsächlicher Hölle auf Erden gemeinerweise äußerst gekonnt bis zum vielleicht wenig überraschenden, jedoch durchaus bitteren Ende durch und offenbart quasi damit gleichzeitig die größte Stärke dieses kleinen, aber feinen Kabinettstückchens: Denn auch ohne wirkliche Sympathieträger im herkömmlichen Sinne gelingt es Amini eindrucksvoll, die Zuschauer in den Bann „seiner“ Geschichte zu schlagen.
Was weniger an der soliden Geschichte, sondern weitaus mehr am Talent der gecasteten Schauspieler liegt, die selbst ambivalent agierenden Individuen ein überraschend klares Gesicht zu geben in der Lage sind. Hass und Abscheu gehen hier Hand in Hand mit Mitgefühl und Trauer, wenn sich Rydal, Chester und Colette ihrem selbstgewählten Schicksal entgegenstellen, nicht wissend, was der nächste Tag, geschweige denn die nächste Stunde bringen mag.
Viggo Mortensen („
Alatriste“ [2006]) und
Oscar Isaac („
Robin Hood“ [2010]) liefern wunderbar-nuancierte Performances ab, die zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd in den Bereich der Überzeichnung oder gar Karikierung fallen. Auch
Everybody`s Darling Kirsten Dunst („
Elizabethtown“ [2005]) spielt solide, vermag es mit ihrer Rolle aber im direkten Vergleich nicht so recht, gegenüber ihren (laut Drehbuch) dominant-agierenden männlichen Mitspielern eigene, nachhaltige Akzente zu setzen. Jedoch: Zumindest eine Szene, die Kenner der Buchvorlage nicht überraschen dürfte, dominiert sie mit ihrem Wesen dann doch voll und ganz, wenn auch auf eine mehr als eigentümliche Art und Weise.
Fazit: Regiedebütant Hossein Amini verspricht in seinem
All inclusive-Regiedebüt beste Krimiunterhaltung, den Besuch menschlicher Abgründe und Intrigen frei Haus. Soviel ist sicher: Dieser (Alb-)Traumurlaub bietet zwar keinerlei Erholung, aber dennoch solide 4-Sterne-Kost.
Cover & Szenenbilder: © 2014 STUDIOCANAL GmbH.