Nobelpreisträger Thomas Mann und seine
Buddenbrooks – einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller und eines seiner berühmtesten und beliebtesten Werke. 1901 erstmals erschienen und bislang in 40 Sprachen übersetzt. Ein Familienepos, das an die eigene Familiengeschichte von Thomas Mann angelehnt sein soll. Die Messlatte für eine Verfilmung kann höher nicht sein und dennoch haben sich seit Jahrzehnten immer wieder mutige Filmschaffende herangewagt. Die Erwartungen sind auch bei der aktuellen Verfilmung von Heinrich Breloer hoch – auch deshalb, weil ja bekannt ist, dass er sich ein fähiges Team zusammengetrommelt und die erste Schauspiel-Sahne Deutschlands engagiert hat. Dazu satte 16 Mio. Euro Finanzierungsgelder. Was kann der Film also anderes sein als großes, großes, großes Kino? Möchten Sie die Antwort wirklich wissen?
Die Story spielt – ganz wie in der Romanvorlage – in Lübeck, 19. Jahrhundert, und erzählt von der Familie Buddenbrook: Vater Konsul Jean (Armin Mueller-Stahl), Mutter Bethsy (Iris Berben), den Söhnen Thomas (Mark Waschke) und Christian (August Diehl) und der Tochter Antonie (Jessica Schwarz). Von ihren Schicksalen, von beruflichen und privaten Höhen und Tiefen, Glücksmomenten und Todesfällen. Das Buch ist ein Genuss, ob nun aufgrund der Geschichte oder des sprachlich-literarischen Wertes spielt keine Rolle, vermutlich zählt beides.
Um nicht ungerecht zu sein, muss man zugeben, dass der Film ganz gut geworden ist. Handwerklich gesehen. Schauspieler allesamt gut, Regie und Kamera gut. Alles gut – aber das ist doch nicht der Maßstab für ein Projekt dieser Dimension. Von Filmkunst kann hier nicht die Rede sein. So richtig Stimmung kommt nicht auf, alles wirkt glatt und sauber. Eben langweilig. Keine Überraschungen, kein Mut, kein Pfiff. Diese Literaturverfilmung wirkt nach Rezept gebraut: man nehme eine beliebte Buchvorlage, dazu einen Experten des Stoffes (in diesem Fall Breloer, der bereits “Die Manns” gedreht hatte und sich auch sonst gut mit Thomas Mann und dessen Nachfolgerschaft auszukennen scheint), gebe die renommiertesten und etabliertesten Schauspieler dazu (oder wie soll man Armin Mueller-Stahl und Iris Berben sonst bezeichnen? Und auch Jessica Schwarz und August Diehl haben den Status "Nachwuchs" längst hinter sich gelassen), mische alles mit solidem Handwerk und einer Stange Fördergelder (schön, dass bei solch einem Prestige-Projekt alle dabei sein wollen). Damit geht man auf Nummer Sicher, das Rezept gelingt garantiert. Aber die persönliche Note, der überspringende Funke, das Besondere, das fehlt.
Dass manche Kinofilme besser ins Fernsehen passen und mancher Fernsehfilm so hochwertig und innovativ ist wie Kino sein sollte, gut, das ist nichts Neues. Auch bei den “Buddenbrooks” fragt man sich leider, wieso dieser Film fürs Kino gemacht wurde. Bzw. fragt man sich, wieso dieser Kinostoff (und das ist er allemal und zwar hoch zehn) so dermaßen n.o.r.m.a.l. umgesetzt wurde. Breloer, sicherlich ein guter Kenner der Mann-schen Literatur (Thomas, Heinrich, Klaus) und ein sehr guter Dokumentarfilmer, scheint sich im Kinofach noch nicht so richtig gefunden zu haben. Wie auch, ist ja sein erster Kinofilm. Sein Kameramann Gernot Roll, mit dem er bereits etliche Projekte realisierte, hat das mit den Bildern schon ganz gut hingekriegt, doch das gewisse Etwas, ein Zauber, fehlt. So richtig einfallsreich sind die Bilder nicht. Das Holstentor kann man gegen Ende einfach nicht mehr sehen.
Eine große Herausforderung für jeden Filmschaffenden ist immer das Altern der Personen, besonders wenn der Film einige Jahrzehnte umspannt. Bei den “Buddenbrooks” ist das auch ein Problem. Und es wurde nicht gut gelöst. Manche Figuren altern, manche nicht. Das ist unglaubwürdig und in der heutigen Zeit, in der es doch tolle Tricks gibt, auch nicht nötig. Man könnte auch sagen, es nervt, wenn Jessica Schwarz zwar super aussieht (mei, sie ist halt auch sehr hübsch), aber erst in den letzten Minuten ein bisschen grauer wird. Hups, der Bruder stirbt bereits.
Um aber wenigstens etwas Positives zu sagen: die Kostüme (Barbara Baum) sind spitzenmäßig. Die der Familienmitglieder wurden alle eigens geschneidert – 150 an der Zahl. Opulent und schön. Auch Szenenbild (Götz Weidner) und Ausstattung sind toll getroffen. Da kann man nicht meckern.
Fazit: Die “Buddenbrooks” ist ein handwerklich einwandfreier Film. Mehr nicht.
Nachtrag vom 17.01.09: Barbara Baum und Götz Weidner haben soeben den Bayerischen Filmpreis für ihre Arbeit bei den "Buddenbrooks" bekommen. Gratulation!