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Mongolian Ping Pong

Mongolian Ping Pong

Ein Film von Hao Ning

Obwohl die Familie des mongolischen Nomadenjungen Bilike (Hurichabilike) bereits mit den Errungenschaften der westlichen Industriegesellschaft wie Rasierapparaten, Autos, Filmprojektoren, Mopeds, Erotikmagazinen (mit Kylie Minogue auf der Titelseite!) und vielem anderen vertraut ist, verursacht Bilikes Fund, der aus einem Ping Pong Ball besteht, großen Aufruhr und heftigen Familienzwist. Da sich der Junge und seine Freunde Dawa (Dawa) und Erguotou (Geliban) zunächst keinen Reim aus dem winzigen weißen Ball machen können, spinnen sie sich, unterstützt von Bilikes Märchen erzählender Großmutter (Dugewa), schon bald ihre eigenen Geschichten zusammen, indem sie den an und für sich unbedeutenden Gegenstand mystifizieren.

Indem der Fokus von „Mongolian Ping Pong“ ganz auf den drei Jungen liegt, lässt der Film den Zuseher in die Welt der Kinder und deren Nimmerland eintauchen und schafft es das Publikum in seine eigene Kindheit, mit all ihren Freuden, Ängsten Wünschen, Hoffnungen und Phantasien zurückzuversetzen.
Der Ball wird zum Symbol für die naiven, kindlichen Träume, der Film zu einer Parabel auf alles was wir einst glaubten, und was sich später als eine ernüchternde Illusion herausstellte. Denn Kindsein ist äußerst tragisch, das Erwachsenwerden ein wahrhaft schmerzhafter und grausamer Prozess, ein Drama, in dem viele unserer Träume wie Seifenblasen zerplatzen, und wir lernen müssen, dass die Welt nach vollkommen anderen Regeln
verläuft (vgl. hierzu das Ende des Films, wenn Bilike nicht nur in der bedrückenden Enge der Stadt gefangen ist, sondern auch herausfinden muss, dass sein „Ball der Nation“ nur einer von dutzenden ist). Obwohl diese drei mongolischen Jungen sich in ihrer Kultur, ihrer Lebensführung und Sozialisation so sehr von uns unterscheiden, sind sie uns damit zugleich auch wieder sehr ähnlich.

In der sowohl komischen als auch tragischen Szene, in der die Mutter (Badema) ihren Sohn schlägt, weil er eine ganze Flasche Schnaps ausgetrunken hat, und sie dieser darauf hinweist, dass sie auch seinen Vater (Yidexinnaribu) schlagen müsse, welcher schließlich auch jeden Tag betrunken sei, schwingen zudem sehr sozialkritische Untertöne mit. Darüber hinaus zeigt „Mongolian Ping Pong“, dass das Schlagen der Kinder nicht den geringsten Effekt erzielt, sondern erst recht Widerstände bei den Jungen hervorruft.
Hier wird ebenfalls wieder die Tragik des Kindseins ersichtlich. Die Jungen, die ihren Eltern hilflos ausgeliefert sind, freuen sich aufs Erwachsenwerden, weil sie dann niemand mehr schlagen wird, die Erwachsenen hingegen blicken auf ihre Kinder herab und wollen ihre Träume zerstören, so wie ihre eigenen einst zerstört wurden. Auf diese Weise nehmen sie Kinder nicht als ganze Menschen wahr, sondern lediglich als Ton, den man - je nach Belieben – kneten und formen könne.

Ein weiterer Aspekt von Hao Nings Film ist das Aufeinanderprallen von Modernität und Traditionalität, welches mit liebevoller Ironie und viel Humor durchaus positiv dargestellt wird. Die moderne Kultur sowie deren Integration ins alltägliche Leben der Nomadenfamilien werden keineswegs verurteilt. Die Szene, in der sich das Familienoberhaupt ein Haus aus einem Werbemagazin der Konsumgesellschaft bauen lassen will, spiegelt diese Spannung vortrefflich wieder.

Durch geschickte Kameraeinstellungen, die vielen frontalen Landschaftsaufnahmen, welche die Menschen ganz klein, unbedeutend und verloren wirken lassen, gelegentlichen Zooms, einer meist distanzierten, statischen Kameraführung und nur wenigen Nahaufnahmen ist es dem Regisseur gelungen die unendliche Weite der wunderschönen und saftigen mongolischen Steppe einzufangen. Sehr gewöhnungsbedürftig sind dabei die vielen Momente der Stille, die durch die ruhige und langsame Erzählweise sowie sehr lange Szenen unterstrichen werden.
„Mongolian Ping Pong“ wirkt sehr dokumentarisch, authentisch und nahe an der Realität des Nomadenlebens. Somit ist diese chinesische Produktion Dokumentation und Fiktion zugleich und weiß durch eine gut durchdachte Situationskomik - etwa wenn sich die Nomadenfamilie zu Beginn des Films für eine Fotoaufnahme in Pose setzt, oder wenn der Vater mit Hilfe seiner selbst gebastelten TV-Antenne verzweifelt versucht, ein Bild für den Fernseher zu empfangen – zu überzeugen, ein bittersüßes Drama eben mit sehr philosophischen Untertönen.


Eine Rezension von Florian Friedrich
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Daten zum Film
Mongolian Ping Pong China 2005
(Lü cao di)
Regie Hao Ning Drehbuch Hao Ning
Produktion Bu He, Bin Lu
Darsteller Hurichabilike, Dawa, Geliban, Badema, Yidexinnaribu
Länge 102 min FSK o.A.
Kommentare zu dieser Kritik
Axel sagte am 01.12.2006 um 09:11 Uhr

Habe von dem Film noch nichts gehört ... aber nach Deiner Kritik habe ich ihn nun in meiner Onlinevideotheken-Wunschliste hinzugefügt und hoffe, dass er mir bald geschickt wird.

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