Was kommt dabei heraus wenn eine kommerziell sehr einflussreiche Firma wie die World Wrestling Entertainment (WWE) einen in dem Underground-Sub-Genre der Filmwelt wohl bekannten Regisseur wie Gregory Dark anheuert, damit dieser einen Film mit dem Wrestling-Superstar Glen Jacobs in der Hauptrolle dreht?
Nun, das Produkt ist eine Kreuzung zwischen Celebrity Deathmatch und einem klassischen Slasher-Horrorfilm. Sprich, ein Film, den man erst mal keinesfalls ernst nehmen darf, um eine MENGE Spaß an ihm zu haben.
Die Story:
Eine Gruppe jugendlicher Straftäter wird von den Leitern der betreffenden Strafanstalt zu gemeinnütziger Reinigungsarbeit an dem alten, ausgebrannten Blackwell Hotel verdonnert.
Ein Wochenende Schrubben bringt dann auch jedem einen Straferlass von einem Monat ein. Begleitet werden die 8 Teenies (jeweils 4 von jedem Geschlecht) von zwei Aufsehern, ebenfalls einmal männlich und einmal weiblich. Also eine sehr ausgeglichene Partie.
Vor Ort angekommen wird die Gruppe von dem anscheinend einzigen Bewohner des verlassenen Hotels empfangen. Einer älteren Frau, die offenbar die Aufsicht über das Hotel hat und sich als die Auftraggeberin des eingetroffenen Reinigungstrupps herausstellt.
Ausgerüstet mit ein paar Wischmobs und Wassereimer muss die Gruppe ein über 10 Stockwerke hohes, riesiges Gebäude auf Hochglanz polieren, für das ein Abriss die wohl naheliegendste Option wäre, um den Platz besser zu nutzen.
Da i
st es schon verständlich, dass die Kleinkriminellen den Mob schnell in die Ecke werfen und sich lieber mit anderen Sachen beschäftigen (wie Rum-Hängen, blöde Sprüche klopfen, sich auf Schatzsuche begeben, und natürlich das übliche: Drugs & Sex). Die Aufseher dagegen finden sich schon sehr bald an der Hotel-Bar zum gemütlichen Plausch vor ein paar Whiskey-Gläsern wieder.
Jeder scheint sich allmählich mit der Situation abgefunden zu haben, bis ein Psychopath, dem das Hotel jahrelang als Unterschlupf gedient hat, auftaucht und anfängt die neuen Gäste in Stücke zu zerlegen.
Das ist der Part, in dem die eigentliche Hauptfigur des Filmes, der Wrestler Glen Jacobs (alias Jacob „Kane“ Goodnight) ins Licht tritt. Dem männlichen Aufseher und ehemaligen Polizisten Blaine hatte dieser im Vorplot die rechte Hand abgerissen und hat dafür von ihm eine Kugel in den Hinterkopf eingefangen. Das macht sie natürlich nicht grade zu den besten Freunden, wenn sie sich hier in diesem verfallenen Gebäude, das etwas an das Overlook Hotel aus „The Shining“ erinnert, wieder begegnen.
Serienkiller Kane scheint einen sehr mysteriösen, geheimnisvollen Hintergrund zu haben. Nicht nur dass er mit seinem monsterhaften, gigantischen Körper, seiner Bärenkraft und zügelloser Wut alles zu Kleinholz verarbeitet, er besitzt auch eine gewisse übersinnliche, morbide Kraft, die ihn nahezu immun gegen Angriffe macht. Kane ist in Besitz der „Macht toten Fleisches“, das ihn zum einen fast unverwundbar macht und zum anderen allerlei Ungeziefer wie Maden, Würmer, Schaben und Fliegen anzieht.
Jedes Mal wenn Kane sich also in der Nähe aufhält, sich also gleich nebenan versteckt, die Kids beobachtet oder einfach auf den richtigen Zeitpunkt des Zuschlagens wartet, kündigt ihn ein Schwarm von Mistfliegen an. Ganz klarer grotesker Verweis auf „Candyman’s Fluch“, den die Bienen immer angekündigt haben.
Auch die Umstände um Kanes Kindheit und wie er zu dem Monster geworden ist – was im Laufe der ziemlich seichten Handlung allmählich ans Licht kommt – setzen sich aus allseits bekannten, klassischen Horrorfilm-Zitaten zusammen.
So ist der Drahtzieher hinter dem ganzen im Grunde Kanes Mutter, die ihren Sohn radikal-religiös aufgezogen hat, und ihn als Kind zur pädagogischen Erziehung in einen Käfig mit Porno-Magazinen gesperrt hatte, um ihn dadurch mit der körperlichen Sünde zu konfrontieren.
Ganz klarer Verweis auf „Freitag der 13.“. Das Resultat dieser fundamentalen Erziehung ist, dass Kane seinen Opfern die Augen mit den bloßen Händen heraus quetscht, um ihre Seelen (denn die Augen sind ja bekanntlich die Fenster zur Seele) für ihre Sünden zu bestrafen.
In anderen Eigenschaften hat Kane auch viel gemein mit Jason Voorhees. Beide sind von bärenartiger Statur, äußerst brutal und stumpfsinnig, berechenbar und praktisch unverwüstlich. Auch Kane verwendet neben seinem über alles geliebten Fleischerhaken, den er wie eine Angel nach seinen Opfern auswirft, gerne auch eine Axt oder ein langes Messer.
Was den Film von den anderen leider sehr zahlreichen, dritt- und viertklassigen Slasher-Filmen der letzten Jahre abhebt ist die Umsetzung. „See no Evil“ versucht es gar nicht, mit einer originellen Story aufzukommen, sondern schustert sie aus anderen Filmklassikern seines Genres zusammen. Darüber hinaus sind die Charaktere der jugendlichen Protagonisten so herrlich klischeehaft mit ihren dummen Dialogen und dem gänzlichen Verhalten, dass es eigentlich schon ironische Absicht sein muss und einen Teil der Freude ausmacht.
Die klaren Stärken des Films liegen nämlich in seinem visuellen Stil und den originellen akustisch-visuellen, sowie stilischen Akzenten. Die Art wie Gre“gory“ Dark den Zuschauer auf die Momente vorbereitet, bevor Kane zuschlägt, sind sehr vielseitig und überraschend. Die Musik dient hier nicht nur als Mittel zur Erzeugung von Spannung, sondern untermalt die im MTV-Look schnell geschnittene Action-Szenen. CGI-Effekte und Maskeneffekte wurden hier sehr effizient eingesetzt, um eine dementsprechende Wirkung beim Zuschauer zu erzielen. Die Meuchelszenen sind interessant konstruiert und schnell im Ablauf. Zeitweise erinnert der Ablauf sogar an zeitgenössische Filme wie „Final Destination“.
Hervorzuheben ist auch, dass der Film sofort zur Sache kommt und es im Grunde nie langweilig wird. Glen Jacobs als der Bösewicht gibt eine sehr glaubwürdige Darstellung des lakonischen, ja fast stummen Psychopathen. Und bei seinen Auftritten ist eine Gänsehaut garantiert.
Leider ist die Auflösung der Handlung zum Schluss nicht nur sehr (selbst für einen Slasher-Film) über alle Maße vorhersehbar sondern wirkt auch sehr aufgezwungen. Das zieht den Film natürlich etwas herunter, doch auch dieser Schnitzer wird noch durch eine letzte Überraschung zum Schluss wieder gut gemacht. Denn der Abgang von Jacob Goodnight (so Kanes offizieller Filmname, der witziger Weise in keiner Szene fällt) ist allemal beachtenswert, einmalig und aufwendig inszeniert. Die dem Regisseur Dark zur Verfügung gestellten 8 Millionen Dollar wurden hier allemal gut investiert.
Doch Zuschauer, denen Saw II und III sowie „The Hills Have Eyes“ zu grausam war, seien gewarnt, „See no Evil“ ist noch brutaler und gemeiner, schon allein durch die Szenen, in denen den Opfern die Augen mit bloßen Fingern herausgekratzt und -gequetscht werden.
Sehr blutig....
P.S.: Bisher ist dieser Film in deutscher Sprache noch nicht erschienen.
Kinowelt wird aber zum 18. Mai 2007 eine geschnittene und eine Uncut-Fassung herausbringen.
Wers bis dahin nicht erwarten kann, kann sich den UK-Import auf DVD besorgen (siehe Amazon-Link).