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von Chris Moore




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I Sell the Dead

I Sell the Dead

Ein Film von Glenn McQuaid

Noch heute sorgt die Erwähnung der sogenannten Hammer-Filme bei Filmfans bisweilen für enthusiastische Begeisterung, denn keine andere Produktionsfirma hat in den 1950er bis 1970er Jahren derart viele im Horror- und Science-Fiction-Sujet angesiedelte Filmklassiker aus der Taufe gehoben wie die britische Hammer Film Productions. In Anlehnung an das französische „Theater der Empfindsamkeit“ (Théâtre du Grand-Guignol), gekoppelt mit der altbekannten britischen Gothic-Tradition, entstanden plötzlich mit rabiaten, direkter werdenden Mitteln immer neue, immer blutigere Werke, die sich gekonnt vom frühen unheimlichen Film abheben sollten. Die nächste Genre-Innovation, die etwa Christopher Lee („Dracula“ [1958]) erst zu der heutigen Horrorikone stilisierte, war eingeläutet.


Doch das Läuten verklang auch schon wieder nach nicht allzu langer Zeit, und der alles verschlingende Nebel des Konkurses kam über das Unternehmen, welches 1979 mit „Tödliche Botschaft“ seinen letzten Film produzierte: ein veritabler Flopp. So wurde es gespenstisch still um die Firma, woran auch immer wieder aufkommende Gerüchte um eine baldige Reaktivierung nichts zu ändern vermochten. Bis jetzt, wohlbemerkt. Denn mit „The Resident“ und „Wake Wood“ scheinen sich n
un endlich und ziemlich genau 30 Jahre nach dem frühen Ende von Hammer Films erste neue Langfilme der Firma zu realisieren. Totgeglaubte leben eben länger, das wusste schon Dracula...


„I SELL THE DEAD“ eignet sich in der Zwischenzeit als kurzweiliger Zeitvertreib, um das Warten erträglicher zu gestalten. Die Low-Budget-Horrorkomödie des irischen Regisseurs Glenn McQuaid wandelt nämlich bewusst auf den Pfaden der altehrwürdigen Hammer-Filme und atmet dabei detailverliebt den Geist jener Filmepoche, in der noch meterdicke Nebelschwaden über scheinbar verlassene Hochmoore waberten und irgendwo in weiter Ferne Wölfe ihr durchdringendes Heulen gänsehautfördernd Richtung Vollmond schickten. In einem solchen Moment tritt Francis Duffy (Ron Perlman, „Hellboy II“ [2008]) im wahrsten Sinne des Wortes in Erscheinung, wie ein hilflos am Boden Kauernder schmerzhaft erfahren muss. Der Priester befindet sich auf dem Weg zur Todeszelle von Grabräuber Arthur Blake (Dominic Monaghan, „Der Herr der Ringe“ [2001]), der in fünf Stunden hingerichtet werden soll. Sein Mentor Willie Grimes (Larry Fessenden, „Satan Hates You“ [2009]) hat bereits kurz zuvor seinen Kopf verloren. Es bleibt also nicht mehr viel Zeit, weshalb sich Blake daran macht, dem Priester seine Lebensgeschichte zu erzählen – die turbulente Geschichte zweier Grabräuber des 18. Jahrhunderts, die letztlich erkannten, dass es ratsam ist, bloß keiner Leiche zu vertrauen...


Während der eine nun also endlich versteht, was es mit dem Spruch auf sich hat, man würde seinen Kopf noch vergessen, wäre er nicht auf dem Hals befestigt, ist des Zuschauers Haupt glücklicherweise noch an seinem angestammten Platz. Zumindest trägt der rasche Einstieg in die Geschichte dazu bei, den mutigen Betrachter wenn schon nicht kopflos wenigstens kopfüber, ohne Rücksicht auf Verluste, stante pede ins 18. Jahrhundert zu befördern. Und diese Reise dürfte angesichts der liebevoll ausgestatteten Sets auf Anhieb gefallen. Hier umspielt Nebel eine nur sporadisch beleuchtete, heruntergekommene Spelunke, deren Mief man förmlich zu riechen glaubt, dort zeichnet sich eine Gestalt im dunklen Mantel kaum vom alles verschluckenden Dunkel der Nacht ab – unvermittelt werden wir Zeuge, wie eine längst vergangene, dunkle Zeit mit einfachsten, aber durchaus effektiven Mitteln ihre Wiedergeburt erfährt und sich als Kind mit einem Hang zur Morbidität aufspielt. Hier wird nicht etwa mit der Schippe fröhlich im Sand gebuddelt, sondern gleich schwereres Kaliber aufgefahren und die ein oder andere Leiche für den ansässigen Onkel Doktor herangeschafft. Überraschenderweise fällt das Schaufeln vor der Kamera dabei weitaus weniger blutig und grimmig aus, als es zunächst vielleicht klingen mag. Denn das von Dominic Monaghan und Larry Fessenden überaus solide verkörperte Grabräuber-Duo, dessen Anfänge wir episodenhaft in Rückblenden serviert bekommen, ist ob seiner skurril-schrulligen Ausgestaltung fast nicht zu übertreffen. Vor allem die trotz britischen Akzents im Original gut zu verstehenden Dialoge und intelligenten Schlagabtausche verleihen der Grabräuber-Mär plötzlich ein (sofern man es bei all dem Nebel überhaupt erkennen kann) ganz und gar anderes Gesicht, stellen dem Horror einen Partner in Gestalt der schwarzhumorigen Komödie zur Seite, der für einen kurzen Moment in der Lage zu sein scheint, die Dunkelheit zu lichten.


Doch man sollte sich nichts vormachen, denn Regisseur McQuaid denkt zu keiner Sekunde daran, von den Stärken seiner originellen, nichtsdestotrotz vorhersehbaren Geschichte abzulassen. Kameramann Richard Lopez („Lost Chi“ [2008]) kleidet McQuaids erweiterte Version seines eigenen Kurzfilms „The Ressurection Apprentice“ [2005] durchgehend in atmosphärische Bilder, die jedem gehuldigten Horrorklassiker zur Ehre reichen würden. Somit schafft die ansprechend-düstere Inszenierung einen Gegenpol zum schwarzhumorigen Unterton, welcher den Zuschauer vor allem im ersten Drittel des Films von einer Überraschung zur nächsten jagt, ohne dass Ermüdungserscheinungen aufkommen wollen. Doch keine Hatz erspart Blessuren, woran – seltsamerweise – gerade die Zentrierung auf die beiden Hauptdarsteller Schuld trägt. Den zum Teil sehr langen Gesprächen geschuldet ist nämlich ein für eine Horrorkomödie äußerst langsamer Erzählfluss, der sich zwar nicht wie der berühmte Kaugummi zieht (dazu passiert zu viel), jedoch den ein oder anderen Horrorfan vor allem angesichts der kurzen Laufzeit von knapp 85 Minuten einschließlich Abspann durchaus etwas enttäuscht zurücklassen könnte. Frei nach dem Motto: Zu wenig Zeit, um alle etwaigen Ideen umzusetzen, demgegenüber zu viel Zeit, um die Geschichte eines 13-Minuten-Films auszuschmücken? Nein, so gemein sollte man dann doch nicht sein, da wie so häufig in allem gleichzeitig ein wenig Wahrheit und Unwahrheit steckt. Denn in der Tat ist die Horrorkomödie die Filmwerdung der Umschreibung „kurzweilig“, erscheint doch ehe man’s sich versieht schon der kurze Abspann („A good cast is worth repeating“), der kaum Zeit lässt, um über den etwas erzwungenen und darüber hinaus nur leidlich unterhaltsamen „Clou“ am Ende nachzudenken. Begraben wir ihn einfach in einem dunklen Loch, häufen die Erde des Vergessens darüber und hoffen, dass keiner auf die Idee kommt, ihn wieder auszubuddeln. Aber man weiß ja nie...


„I SELL THE DEAD“ ist am Ende der Nacht ein überaus unterhaltsamer, bisweilen gemächlicher Abstecher in die gute, alte Zeit des unheimlichen Films, eine liebevolle Hommage mit gut aufgelegtem Cast, stimmigem Soundtrack aus der Feder von Jeff Grace („The House Of The Devil“ [2009]) und einer atmosphärischen Inszenierung, die Lust macht auf mehr. Auch wenn einige Patzer den ansonsten guten Gesamteindruck trüben wie der Nebel die Sicht, bedarf das Können, Altbekanntes derart originell zu präsentieren, uneingeschränkter Bewunderung. Und plötzlich ist unsereins dann doch noch in der Lage, etwas Licht in all der vorherrschenden Düsternis auszumachen. Man muss schlicht und ergreifend nur tief genug graben.



Eine Rezension von Stefan Rackow
(25. Oktober 2009)
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Daten zum Film
I Sell the Dead USA 2008
(I Sell the Dead)
Regie Glenn McQuaid Drehbuch Glenn McQuaid
Produktion Glass Eye Pix Kamera Richard Lopez
Darsteller Dominic Monaghan, Ron Perlman, Larry Fessenden, Angus Scrimm, John Speredakos, Eileen Colgan, Brenda Cooney, Daniel Manche, Joel Garland
Länge 85 Minuten FSK ab 16 Jahren
http://isellthedead.com/
Filmmusik Jeff Grace

Diese Rezension basiert auf der englischen Originalfassung, die im Rahmen des 16. Oldenburger Filmfests gezeigt wurde.
Kommentare zu dieser Kritik
Stefan R. TEAM sagte am 26.10.2009 um 15:07 Uhr

Am 27.11.2009 erscheint die Doppel-DVD zum Film über Splendid. Zeitgleich erfolgt die Blu-ray-Auswertung.

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