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von Justus von Dohnányi




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Focus

Focus

Ein Film von Glenn Ficarra, John Requa


WER MIT DEM DIEB TANZT


„Es war der bisher schmerzvollste Fehlschlag meiner Karriere.“ - Mit geradezu entwaffnender Ehrlichkeit schilderte der einst so erfolgsverwöhnte Will Smith in einem Interview mit Esquire kürzlich, wie hart ihn der Misserfolg des 130 Millionen Dollar teuren Vater-Sohn-Projekts „After Earth“ [2013] wirklich getroffen hat. Die Familien-Therapiesitzung in Spielfilmlänge konnte bei aller Bildgewalt nicht darüber hinwegtäuschen, dass für die Geschichte (Story: Will Smith) zum Teil äußerst fragwürdige Thesen und Weltanschauungen bemüht wurden, welche zu allem Überfluss durch das unterdurchschnittliche Schauspiel des Smith-Gespanns am Ende nur als leere Wort- und Ideen-Hülsen in Erinnerung blieben. Von jetzt auf gleich befand sich der Ex-Man in Black im unerwarteten Karrieretief, aus dem er sich nun langsam, aber sicher wieder herauszuarbeiten versucht.


Ob das mit dem vorliegenden Film gelingen wird, bleibt zunächst abzuwarten. In jedem Fall hört das neueste Will Smith-Projekt, welches endlich den erhofften Aufschwung bringen soll, auf den knackig-kurzen Namen „FOCUS“ und erzählt die Geschichte des Trickbetrügers Nicky Spurgeon (Will Smith), der die attraktive Jess Barrett (Margot Robbie) unter seine Diebesfittiche nimmt. Schon bald ist Jess nicht nur ihrem Meister ebenbürtig, was
Gaunereien anbelangt; zu allem Überfluss beginnen die beiden, romantische Gefühle füreinander zu entwickeln. Zu viel für Nicky, der die aufkeimende Romanze kurzerhand im Keim erstickt und Jess einzig mit dem Lohn für ihre gemeinsamen Betrügereien zurücklässt. Zu diesem Zeitpunkt weiß Nicky, der bereits seinen bislang größten Coup plant, freilich noch nicht, dass er Jess drei Jahre später in Buenos Aires wiedersehen wird, was sein Leben ab dann noch einmal gehörig durcheinanderwirbeln soll.


Die Ausgangslage für den neuen Film der Verantwortlichen hinter der Komödie „Crazy, Stupid, Love.“ verspricht auf dem Papier zumindest Einiges: Schöne, attraktive Menschen, flotte Gaunerspielchen und ein Setting, das allein lässig-entspannte Unterhaltung forcieren sollte. Und in der Tat präsentiert uns „FOCUS“ schon in den ersten Minuten exquisit ausgestattete Locations, die auch dementsprechend eingefangen werden, und kurzweilig-charmante Gaunerspielchen, wenn ein auf cool-lässig getrimmter Will Smith der optischen Augenweide Margot Robbie („Wolf of Wall Street“ [2013]) nach und nach sein illegales Handwerk erklärt. Hier erkennt der Zuschauer schnell zweierlei: Zum einen, dass es dieser Mann wohl auch fertig brächte, einem nackten Mann in die Tasche zu greifen, zum anderen, dass Schönheit nicht nur tückisch, sondern auch diebisch sein kann.


Die sich nun anschließenden Minuten lassen sich wohl am besten als Kriminaltango der Neuzeit beschreiben: Wenn sich Smith und Robbie unters Volk mischen und mit diebischer Freude Uhren, Schmuck und andere Accessoires an sich reißen, dann ist dies so elegant inszeniert wie eine Standard-Walzer-Kür, in der jede Drehung, jede Körperhaltung zwar penibelst einstudiert wurde - das Gesamtbild dieser körperlichen Schwerstarbeit versprüht aber dennoch eine Leichtigkeit, die das Ganze wie eine beiläufige Fingerübung erscheinen lässt. Die Gaunerei somit in gewisser Weise als Leistungssport-Alternative darzustelllen, ist fraglos aussergewöhnlich, in jedem Fall frech und ganz klar einer der besten Einfälle in dieser teils schwarzhumorig angehauchten Romantic Dramedy im fiesen Gauner-Millieu.


Problematisch wird die Chose erst, als die Story versucht, dramatische Wendungen und persönliche Krisen in den 106 Minuten Laufzeit zu etablieren. Ein ums andere Mal stellt sich der Film selbst ein Bein und bremst sich aus, indem etwa für die Geschichte relevante Details fortwährend nur angedeutet werden, nur um am Ende dann in komprimierter Form, aber mit nicht zu unterschätzender Wucht, auf den Zuschauer einzuprasseln. Die Leichtigkeit, die der eigentlich charmante „FOCUS“ bis hierhin versprühte, geht zwar nicht vollends flöten, erfährt aber einen gehörigen Dämpfer, wenn plötzlich eine Wendung auf die nächste folgt und sich der regelrecht ausgetrickst fühlende Zuschauer schließlich fragt, was genau er denn nun glauben soll oder nicht. Der für die deutsche Kinoauswertung bemühte Untertitel Traue niemals einem Dieb könnte somit wahrer nicht sein. Das wissen wir zwar eigentlich schon seit Danny Ocean und seinen Spießgesellen, doch diese kamen im direkten Vergleich und in ihrer letztlichen Plan-Offenlegung ungleich leichtfüßiger daher.


Wirklich schaden tut dieser Umstand dem Film aber nicht. Dazu ist die Spielfreude der Schauspieler nebst präsentiertem Sex-Appeal einfach zu groß, das Setting zu exquisit, die Sound-Untermalung zu lässig und die Regiearbeit zu versiert, als dass man „FOCUS“ einen irgendwie gearteten Strick drehen könnte. So ist Will Smiths Rehabilitationsversuch nach „After Earth“ zumindest nicht als gescheitert zu bezeichnen und ein immerhin kleiner Schritt in die richtige Richtung vollzogen. Jetzt überlegen wir nur noch, was ein etwas deutlicherer Fokus auf einer angenehm austarierten Story wohl am Ende ausgerichtet hätte, lassen vertane Chancen schließlich einfach das sein, was sie sind, und freuen uns stattdessen auf den kommenden DC-Blockbuster „Suicide Squad“ [2016], in dem Smith und Robbie ein weiteres Mal ihre Gauner-Qualifikationen unter Beweis stellen werden. Jetzt aber!


Fazit: Kein allzu großer Wurf, aber immerhin eine recht hübsch anzusehende, prominent besetzte und versiert choreographierte Diebes-Charade, die keinem wirklich wehtut.


Cover: © 2015 Warner Bros. Ent. Alle Rechte vorbehalten.


Eine Rezension von Stefan Rackow
(15. April 2015)
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Daten zum Film
Focus USA 2014
Regie Glenn Ficarra, John Requa Drehbuch Glenn Ficarra & John Requa
Produktion Kramer & Sigman Films / Zaftig Films Kamera Xavier Pérez Grobet
Darsteller Will Smith, Margot Robbie, Rodrigo Santoro, Gerald McRaney, B. D. Wong, u.a.
Länge 106 Minuten FSK ab 12 Jahren
Filmmusik Nick Urata
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