John Rambo sitzt nach den Ereignissen des
ersten Teils in einem harten Knast ein und darf Steine klopfen. Das findet er eigentlich gar nicht einmal so schlecht, denn hier weiß er, woran er ist. Doch eines Tages tritt Colonel Trautman erneut auf den Plan und unterbreitet ihm ein Angebot, dass im Straffreiheit verspricht, wenn er einen letzten Auftrag erledigt: Rambo soll herausfinden, ob in Vietnam immer noch amerikanische Kriegsgefangene festgehalten werden, und gegebenenfalls mit Fotobeweisen zurückkommen. Rambo nimmt das Angebot an, doch die Verantwortlichen rund um den bürokratischen Murdock sehen Rambo als entbehrlich an, und auch die bösen Russen mischen in Vietnam mit. Rambo beginnt erneut, einen eigenen Krieg zu führen...
Die Filmreihe um Rambo basiert auf dem Buch First Blood von David Morrell. 1982 entstand der von Kollege Beitinger besprochene Rambo aka First Blood und wurde ein immenser Erfolg. Der Film änderte jedoch relativ viel vom Buch ab, so dass Rambo hier eben jener traumatisierte Soldat ist, während er im Buch wohl tatsächlich die brutale Kampfmaschine ist, in die er später auch in den deutschen Sprachgebrauch einging. Jedenfalls veränderte die Verfilmung das Ende des Buches, und Rambo wird verhaftet. Dieses Ende wurde auf Initiative von Stallone vorsorglich gedreht und letztendlich auch benutzt, da das Testpublikum empört auf das eigentlich
e Buchende reagierte. Nachdem der erste Film dieser enorme kommerzielle Erfolg wurde, erschien es natürlich logisch, dass es einen Nachfolger geben sollte. Schlussendlich lag auch ein Drehbuch vor, geschrieben von keinem geringeren als James Cameron, der an Terminator arbeitete, aber auch das Drehbuch zu eben diesem Film und auch Alien 2 schrieb. Passenderweise legte Morrell selbst einen Nachfolger hin, was ohne den Film eigentlich unmöglich gewesen wäre, und somit entstand Rambo 2 - Der Auftrag. Und genau dieser Rambo 2 ist schon ein ganz besonderes Stück Film, wie ich im folgenden aufzuzeigen versuchen werde.
Eigentlich, wenn man Rambo 2 mal ganz nüchtern betrachtet, ist der Film praktisch gesehen nichts anderes als ein B-Movie im Gewand eines A-Movies. Man könnte sogar soweit gehen, dass Rambo 2 eine Kopie des ein Jahr früher entstandenen Chuck-Norris-Vehikel "Missing in Action" (demnächst mehr zu dieser Reihe bei MBF, haha...) ist. Auch "Missing in Action" erzählt die Geschichte eines ehemaligen Elitesoldaten und Vietnamveteranen, der nach dem Krieg auf der Suche nach verbliebenen amerikanischen Kriegsgefangenen ist und dazu erstmal ordentlich im Dschungel aufräumen muss und vielen philippinischen Statisten ihr fiktives Lebenslicht erlischen lässt. Dabei ist Rambo 2 nicht minder reaktionär wie "der kleine Bruder", dazu aber später mehr. Doch wo Missing in Action eben B-Movie und Videothekware ist, ist Rambo 2 der Nachfolger eines erfolgreichen Films, selber ein Blockbuster und eben A-Movie in Reinform. Man sollte hier nur einmal einen finanziellen Vergleich ziehen: Rambo 2 kostete ungefähr das 22-fache von Missing in Action, bei einem für damalige Verhältnisse gigantischen Budget von ca. 44 Millionen Dollar! 44 Millionen Dollar, das sind im Vergleich zu Return of the Jedi (1983) ca. 10Mio. mehr, das sind 16Mio. mehr als Tempel des Todes oder auch 26Mio. mehr als James Camerons Materialschlacht Alien 2. Und mit solch einem hohen Budget solch einen Film abzuliefern - das erfordert eigentlich mehr Mut als selbst Rambo ihn hat.
Rambo 2 ist, salopp gesagt, reaktionär wie Arsch. Natürlich sind die Vietnamesen, wie sollte es anders sein, einfach böse Menschen. Die einzige Vietnamesin, die irgendwie differenziert gezeichnet ist, ist die Agentin Co Bao, die sogar bei Kampfmaschine Rambo Gefühle wecken kann. Aber nun gut, die Dame arbeitet ja auch für die Amerikaner und scheint zumindest rein optisch europäische/amerikanische Vorfahren zu haben. Der Rest sind einfache Abziehbilder des Bösen. Sie bleiben gesichts- und profillos und dienen nur dazu, dass sie Rambos Kugeln abfangen, damit diese doch nicht den schönen Regenwald noch mehr kaputt machen. Rambo 2 schafft es tatsächlich, keinerlei Charakterzeichnung zu etablieren. Aber gut, selbst die Macher waren sich bewusst, dass man einen Bösewicht braucht, damit man jemanden hatte, mit dem Rambo erst recht abrechnen konnte. Gut dass gerade noch der Kalte Krieg war, und es "den Russen" noch gab. Politisch gingen die USA unter Ronald Reagan nach dem Vietnamtrauma wieder auf einen offensiveren Kurs, und historisch gesehen wird der Vietnamkrieg oft als Stellvertreterkrieg bezeichnet. Da erscheint es nur plausibel, dass man einen Bösewicht braucht, auf den Amerika seinen Hass projizieren kann: Bühne frei für Lt. Col. Podovsky und seinen Gefährten Sgt. Yushin.
Podovsky und Yushin sind beides Mitglieder der russischen Armee und landen mitsamt privater Einheit im vietnamesischen Lager um Rambo nach seiner Gefangennahme zu vernehmen. Witzigerweise ist Podovsky der einzige Bösewicht im Film, der auch nur ein Wort auf Englisch äußert, wenn man Murdock mal ignoriert. Die Vietnamesen reden wenn überhaupt nur vietnamesisch, Yushin sagt gar nix. Podovsky ist dann auch der interessanteste Bösewicht des Films, er trägt manchmal sogar Brille und klärt Rambo über den tatsächlichen Sachverhalt einer Funkübertragung auf, aber das sind auch die einzigen Momente in denen er sowas wie Tiefe erhält. Ansonsten ist er abgrundtief böse weil er halt böse ist, und böse, weil er halt Russe ist. Dementsprechend geht er auch mit brutalster Gewalt vor und lässt Rambo von seinem Handlanger Yushin foltern. Yushin wirkt in etwa wie eine russische Version von Rambo, stoisch im Blick (und Schauspiel), stumm, stämmig und - wer hätte es erraten - böse. Natürlich unterliegt er Rambo im Zweikampf, was ja zu erwarten war. Hier gibt es übrigens schon ein Problem, die Abgänge der Bösen sind einfach nicht spektakulär genug. Die gelungenste, und legendärste, Sterbeszene hat ein Vietnamese, während bei Podovsky und Yushin leider etwas Fantasielosigkeit herrscht. Man sieht schon, die Darstellung der Personen in Rambo 2, ihrer Handlungsmotive und Charakterzüge ist ihn ihrer Plattheit und reaktionären Gesinnung nicht nur unglaublich (oder für ein A-Movie "unglaubbar") absurd, sondern auch schon fast rassistisch.
Diese fast schon lächerliche Absurdität überträgt sich dann auch auf die Figur des John Rambo, der hier endlich zu der Person wird, die ihn dann auch in den deutschen Sprachgebrauch gebracht hat: Rambo wird zur gewalttätigen, unbarmherzigen und nicht zuletzt unbesiegbaren Kampfmaschine. Stallone selbst unterstützt das noch mit einer ungemein imposanteren Physis als beim Vorgänger, und wenn Rambo dann durchtrainiert, verschwitzt, halbnackt und mit Raketenwerfer uns vom Cover grimmig anblickt, dann ist klar: der Mann macht keine Gefangenen und ist nun zur Comicfigur mutiert. Auch der ganze Film ist eigentlich mehr Comic als ernsthafte Auseinandersetzung mit dem politischen Hintergrund. Für die Action im Drehbuch war übrigens James Cameron verantwortlich, die politischen Anteile wurden wohl von Stallone selbst geschrieben. Die Inszenierung hebt das ganze dann in ganz andere Höhen der Lächerlichkeit, seien es die Explosionspfeile die ganze Hütten zerstören, oder auch die unzähligen anderen, gigantischen Feuersbrünste wenn so ziemlich alles in die Luft fliegt. Ganz besonders schön ist die Szene als Rambo am Wasserfall bombadiert wird, und es eindeutig mehrere Explosionsherde zu sehen gibt. Das Rambo hier endlich ganz locker und wild fuchtelnd aus der Hüfte schießt ist dann eigentlich überflüssig zu erwähnen - genauso natürlich, dass er zielsicher seine Feinde damit in die Hölle schickt.
Das Problem daran ist, dass der Film sich dafür noch viel zu Ernst nimmt. Da gefällt mir der dritte Teil dann doch deutlich besser, da er so manchen knackigen One-Liner einbringt, während Rambo 2 noch der ganz knallharte Actionthriller mit politischem Hintergrund sein möchte. Der Film wird aber trotzdem nie wirklich langweilig, es gibt kaum Längen und natürlich ist der Film sehr kompetent gemacht. Regie führte zwar auf dem Papier George P. Cosmatos, aber wikipedia schreibt passenderweise, dass er den Film "ghost-directed" hat. Die eigentliche Regiearbeit wurde wohl von Stallone selbst erledigt. Positiv hervorzuheben ist dann auch der Aufbau des Films. Er hält sich relativ eng an die dramatische Struktur des Vorgängers: zu Beginn der stoische Antiheld im Knast, der dann einen neuen Krieg beginnt. Auch in Rambo 2 wendet er Guerillataktiken an und besiegt die Gegner durch überlegene Fähigkeiten trotz unterlegener Ausrüstung (was völlig konträr zur eigentlichen historischen Wahrheit ist, aber das nur am Rande). Doch wo Rambo im letzten Drittel des ersten Teils noch gezielt Zerstörung hinterlässt um seine Gegner abzulenken, läuft er im zweiten Teil dann tatsächlich Amok und vernichtet einfach alles kommunistische.
Stallone spielt hier natürlich die Hauptrolle und mach das trotz schrecklicher 80er Jahre Frisur doch ganz gut. Es ist halt seine Paraderolle, der knorrige Krieger ohne Emotionen. Richard Crenna ist hier wieder eindeutig der beste, aber man schaut den Film ja nicht wegen schauspielerischer Leistungen. Voyo Goric, der Yushin darstellt, ist halt da und foltert, spielt aber nicht. Sein bekanntester Film neben Rambo 2 dürfte Van Dammes Lionheart sein. Steven Berkoff hat immerhin 89 Einträge in seiner Filmografie, kann als Podovsky minimal Akzente setzen und war immerhin in Barry Lyndon zu sehen. Der Darsteller des schmierigen Bürokraten Murdock, Charles Napier, ist ein echter Veteran und bringt es auf 188 Einträge als Schauspieler, immerhin auch in Schweigen der Lämmer oder Blues Brothers. In einer kleinen Nebenrolle ist noch Martin Kove zu sehen, bekanntes Gesicht aus zahlreichen B- und C-Movies.
Grundlage dieser Rezension war die deutsche DVD von Kinowelt. Das Bild ist sehr gut, den Ton kann ich mangels momentan verfügbarer, vernünftiger Anlage schwer bewerten. Extras gibts auch ein paar, dafür ist das Cover - pardon - arschhässlich bei dieser älteren DVD. Darüberhinaus ist die DVD aufgrund des bösen bösen, ultrabrutalen, menschenverachtend-gemeinen Filmes der sich darauf befindet immer noch indiziert. Ein guter Witz der verantwortlichen Gremien. Aber man darf ja als Erwachsener den ungeschnittenen Erwachsenenfilm Rambo 4 in Deutschland auch nicht sehen, weil er jugendgefährdend wäre...ja ne, is klar.
Fazit: Rambo 2 ist ein herrliches und unglaublich reaktionäres Stück Film und absolut Kind seiner Zeit. Das Drehbuch und vor allem seine Charaktere sind vergessenswürdig, dafür wird der Film nicht langweilig und überzeugt mit seinen spektakulär-absurden Actioneinlagen. Der erste ist intelligenter, der dritte nicht mehr so bierernst, daher ist der vorliegende Film meiner Meinung nach der schwächste der Originaltrilogie.