Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis…
ein perfektionistischer Filmemacher, der es nicht lassen konnte, eine Vorgeschichte zu einer gewaltigen Sternen-Saga zu erzählen und daraus eine Hexalogie zu machen. Ein großer Fehler, wie sich herausstellen sollte…
Nein Schluss damit! Ich höre nun auf den Moralapostel zu spielen, schließlich haben dies bereits so viele andere vor mir getan, dass es schon urlangweilig ist. Stattdessen werde ich kurz den spartanischen Inhalt des Drehbuchs wiedergeben und danach erörtern, warum „Star Wars: Episode1 – Die dunkle Bedrohung“ für mich als Anhänger der alten Trilogie kein guter Film ist.
Auf dem Wüstenplaneten Tatooine lebt ein kleiner Sklavenjunge namens Anakin Skywalker. Als eine sich auf der Flucht befindende Gruppe von Abenteurern, bestehend aus der hübschen Kind-Königin Amidala und zwei Jedis, im Hause des Knaben zuflucht sucht, soll das Schicksal, das dem unschuldigen Anakin nicht hold gesinnt ist und ihn viele Jahre später zum gefürchteten Schergen eines faschistoiden Systems und gleichzeitig (auf vielen Umwegen und nur kraft der Frucht seiner Lenden) zum Bezwinger des abgrundbösen Imperators werden lässt, seinen prophezeiten Lauf nehmen.
Der Einstieg in die Vorgeschichte ist zunächst wahrhaft gelungen. Wir sehen was passiert, wenn sich die raffgierige Handelsföderation mit den zwei Jedis Qui-Gon Jinn und Obi-Wan Kenobi anlegt, und dürf
en alsdann mit den beiden Hütern von Frieden und Gerechtigkeit die Reise durch den Kern des Planeten Naboo antreten, wobei – ganz in der Tradition des ursprünglichen „Krieg der Sterne“ (1977) und seinen Sequels – Lucas mit viel Humor und Selbstironie (Zitat: „Theres’s always a bigger fish“) arbeitet.
Man fühlt sich zunächst so sehr in die Klassiker hineinversetzt, dass einem schon vor Nostalgie die Tränen der Rührung in die Augen schießen, doch will einem das ehrfürchtige Erschaudern nur allzu schnell vergehen. Was nämlich großartig startet, endet in einem erzähltechnischen und inszenatorischen Fiasko, das zwar dem Fan von Popcorn-Kino gleich Dutzende visuelle, akustische und musikalische Orgasmen beschert, auf beinahe allen anderen Ebenen jedoch absolut versagt.
Wir erfahren rein gar nichts über die Charaktere, die einfach nur physisch da sind und nicht näher beleuchtet werden. Sogar in aufregenden Situationen wirken sämtliche Protagonisten vollkommen kühl und emotionslos. So wie sich die Kamera nur selten nahe an die handelnden Akteure heranwagt, die meiste Zeit die Schauspieler aus sicherer Entfernung abfilmt und sie in den vielen Frontalen des Cinemascope-Formats klein, unbedeutend und distanziert erscheinen lässt, will und kann sich auch der Zuseher in keiner Form mit den Personen, die wie schlampig geschnitzte Figuren auf einem überdimensionierten digitalen Schachbrett postiert und vergessen worden sind, identifizieren.
Auch über das innere Gefühlsleben von Amidala, den Jedis oder Anakin erfahren wir nichts; noch über ihre Hoffnungen, Ängste, Wünsche und Sehnsüchte. Jener bezaubernde Charme, mit dem Leia Organa und Han Solo so sehr punkteten, sowie die liebevollen und wortwitzigen Dialoge der Original-Trilogie werden nun restlos zugunsten Videospiel-Atmosphäre und aufgesetzt-komischer Gungens (für alle, die Binks auch nicht mögen: es gibt den so genannten "Corrector's Cut" bzw. "Phantom Edit", die inoffizielle Schnittfassung der Ja Jar-Hasser, welche sogar von Lucas selbst, „Solange kein Kommerz damit betrieben wird“, gebilligt wird) gestrichen.
Die Schauspieler scheinen sich des Status, denen ihnen George Lucas, der den großen Fehler beging sowohl Drehbuch als auch Regie zu verbrechen, zuschreibt, sehr wohl bewusst zu sein, und Größen wie Liam Neeson (eindeutig eine Überbesetzung), Ewan McGregor (welch Verschwendung!), Samuel L. Jackson und Natalie Portman (die sich angeblich irgendwo in den unendlichen Weiten ihres Kostüms verbergen soll) machen einen völlig unmotivierten Eindruck, blabbern ihre öden Texte wie auswendig dahergesagt und gelangweilt herunter und wissen mit ihren Rollen nichts anzufangen. Wir dürfen es ihnen nicht übel nehmen! Lucas hätte für diese weniger als eindimensionalen Figuren genauso gut ein provinzielles Schultheater-Ensemble als Besetzung seiner filmischen Katastrophe rekrutieren können, es würde nicht auffallen. Solange die Königin alle fünf Minuten ihre Garderobe wechseln darf, scheint ja für den großen Massa alles in bester Ordnung zu sein.
Des Meisters Argument, es handle sich bei Anakin Skywalker um einen kleinen Jungen, und deswegen sei aus seiner erste Episode eine sehr kindliche Story geworden, kann man so nicht gelten lassen. Schließlich beweist uns der erste „Harry Potter“, dass es auch anders geht, und Erwachsene sehr wohl durch „Kindergeschichten“ geradezu gefesselt werden können und sich vor Spannung und Aufregung die halben Fingernägel abkauen. Wenn man seine zentrale Figur allerdings nach der unbeabsichtigten Zerstörung des Kontrollschiffs der Handelsföderation (eigentlich eine gute und lustige Idee) nur ständig „Ups!“ aufsagen lässt und ansonsten keinerlei menschliche Regung in den Gesichtzügen des zukünftigen Darth Vader abzulesen sind, ist es einleuchtend, wo hier die wahre Wurzel allen Übels liegt.
Darth Maul – was hätte dieser an einen christlichen Teufel erinnernde Widersacher doch für ein Schurken-Potenzial innegehabt! Aber nein, er darf nur lässig mit dem Lichtschwert herumfuchteln und durch die Gegend hopsen, sodass der Star Wars-Fan sogar um seinen großen Bösewicht betrogen wird.
Lediglich der intrigante Senator Palpatine, der sich in Episode III zum gefürchteten Imperator aufschwingen und mit der dunklen Seite der Macht das gesamte Universum unterjochen wird, ist in seiner Darstellung herausragend und wird wie bereits in der alten Trilogie einwandfrei von Ian McDiarmid gemimt. Allerdings werden die komplexen, raffinierten Intrigen, Komplotte und Machenschaften des Sith Lords zu schlecht und oberflächlich abgehandelt, auf dass man dem Geschehen beim ersten Mal ansehen und als Nicht-‚Star Wars’-Kenner kaum folgen kann.
Wie auch immer, ich leide wohl an Geschmacksverwirrung. Denn George Lucas’ Großprojekt, das 16 Jahre nach „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ (1983) in den Kinos anlief, landete auf Platz sechs der Liste der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Vielleicht waren es aber auch bloß die Neugierde und das Fieber der Krieg-der-Sterne-Jünger, die so groß waren, dass man gar nicht anders konnte und ihn einfach ansehen MUSSTE oder des Monokapitalismus-Imperators diktierte tyrannische Konditionen an die Kinos (nur wenn der Film öfters am Tag gezeigt, ausschließlich in größeren Sälen gespielt wurde und keine anderen Filmstarts stattfanden, erhielt ein Kino eine Kopie).
Einige Positive Punkte und Trostpflaster, die den Film vor der schlechtesten Bewertung retten, vermag schließlich auch ich noch zu entdecken. Da wären einmal die vielen Anspielungen und Vorwegnahmen auf das künftige Geschehen, wie z.B. Greedo, der Kopfgeldjäger, der in „Krieg der Sterne“ von Han Solo in der Weltraum-Taverne erschossen wird, und hier ein Spielgefährte des kleinen Anakin ist, oder der besorgte Yoda – hier noch als liebevolles Puppenspiel (viva Frank Oz!) und nicht wie in den nachfolgenden Teilen eine pixelige schlechte Computeranimation – welcher raunt, dass er bezüglich des Jungen große Bedenken hat, während John Williams mit seinem London Symphony Orchestra das Thema des Imperial March bzw. Darth Vaders anspielt. Das musikalische Thema Anakins selbst ist übrigens auch eine sanfter orchestrierte und leichtere Variation jenes Marsches.
Humorvoll ist das Auftreten Jabba The Huts, der einen kleinen Alien das Kreischen lehrt, indem er den Ärmsten von der Balustrade hinunter stößt, oder einer Gruppe von Spielbergs E.T.s, die ganz klein auf einer Plattform im Senat zu erkennen ist. R2D2 und C3PO dürfen selbstverständlich auch nicht fehlen, und Warwick-‚Willow’-Davis, der in „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ einen Ewok spielte, hat seinen Cameo.
Mit seiner metaphysischen Konzeption, die sich von der (ursprünglich) ägyptischen und später christlichen Vorstellung der Jungfrauengeburt beeinflussen lässt und mit Anakin, der das Gleichgewicht der Macht wiederherstellen soll, die alttestamentliche Messiaserwartung übernimmt, knüpft der neue „Star Wars“ an die bereits lieb gewonnene New Age-Melange aus jüdischen christlichen, heidnischen und fernöstlichen Elementen und Traditionen an.
Die FX und digitalen Animationen, kunstvolle Designs, faszinierend-außergewöhnliche Kostüme und brachiale Soundeffekte lassen kaum Wünsche offen. Nicht umsonst wurde der Film für die drei Oscars Bester Ton, Bester Tonschnitt und Beste Spezialeffekte (wenn auch für die Goldene Himbeere, aber dies bezieht sich wohl eher auf die Story) nominiert.
Das absolute Highlight ist der Lichtschwert-Kampf zwischen Qui-Gon und Darth Maul, der nicht nur einmalig choreographiert ist, sondern auch soundtechnisch genial umgesetzt wird.
Diese kleinen Freuden erinnern den Fan, dass George Lucas einst großes Potenzial versprach, und das Science Fiction Kino mit seinem ersten Erfolg geradezu reformierte. Insgesamt sind jene Stärken aber für einen Film mit Überlänge (die DVD ist noch einmal um einige Minuten länger als die Kinofassung) deutlich zu wenig. Effekt-Orgien allein konnten über ein mieses Script noch nie hinwegtäuschen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Die dunkle Bedrohung“ der schlechteste und verzichtbarste Teil der neuen Trilogie ist, der nicht nur jeglichen Esprits, sondern auch des typische Charmes, welcher die alten Klassiker zu Blockbustern werden ließ, entbehrt. Es fehlt der Episode an Größe, Epik, Pathos und Spannung.
Deswegen darf es wirklich nicht verwundern, wenn die flache und lieblose Story extreme Längen aufweist: entweder jagt eine Effektsalbe die andere oder es passiert überhaupt nichts. Gerade in der Sequenz auf Tatooine ertappt sich das Publikum immer wieder dabei wegzudämmern. Zwar gibt es hier viele Dialoge, doch könnte man diese genauso gut ausblenden und stattdessen John Williams gelungenen Score etwas lauter abspielen, verpassen würde der Zuseher dabei wohl nichts.
Von einer „Bedrohung“ ist, obwohl die Todesraten auf Naboo angeblich enorm sein sollen, weit und breit keine Spur zu entdecken. Vielmehr ist Lucas’ Drehbuch und Regie die eigentliche Bedrohung, man muss aber der Gerechtigkeit festhalten, dass ihm die zwei darauf folgenden Episoden besser bzw. im Fall des krönenden Abschlusses des beeindruckenden Werdegangs Darth Vaders GUT gelungen sind (die Rezension, welche die dritte Episode so schlecht bewertet, habe nicht ich verfasst), und er bereit war aus den Fehlern dieses interstellaren Desasters zu lernen.
Mehr Informationen zur Star Wars Saga unter
http://starwars.darth-sonic.de