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Macbeth

Macbeth

Ein Film von Geoffrey Wright

Das Interesse an Adaptionen von Stücken William Shakespeares scheint auch über Jahrhunderte hinweg nicht zu versiegen. Die Ansatzpunkte können verschiedener nicht sein. Manch einer bewegt sich mit Vorliebe in traditionell anmutenden Gefilden, wie etwa Michael Radford (DER KAUFMANN VON VENDIG, 2004) und – um den Blick ein wenig zurück schweifen zu lassen – Laurence Olivier (HAMLET, 1948). Andere fühlen sich im modernen Gewand wohler, so z.B. Baz Luhrmann (ROMEO + JULIA, 1996) und Michael Almereyda (HAMLET, 2000). Wiederum andere können sich nicht recht für eine Variante entscheiden und verbinden beides auf surreale Art und Weise miteinander, wie Julie Taymor (TITUS, 1999).

Geoffrey Wright entschied sich für ein modernes Gewand und verlegt sein MACBETH in die Unterwelt des australischen Melbourne. Dass es ihm bei seiner Verfilmung nicht um die realitätsgetreue Darstellung der australischen Unterwelt ging, wird schnell ersichtlich, da sich die komplette Handlung losgelöst vom modernen staatlichen Zwängen abspielt, geradezu hermetisch getrennt vom Rest der Welt, ihren eigenen Regeln folgend. Hier kann Duncan noch der König sein, der er in der literarischen Vorlage war und seines Amtes walten ohne irgendwelcher Konsequenzen ausgesetzt zu sein, wie ein richtiger König eben. Ein König der Unterwelt unter dem Macbeth kein tapferer Edelmann ist, sondern ein getreuer Drogendealer, der für seinen König keine Schlacht schlägt, sondern in eine Schieße
rei bei einem Drogenhandel verwickelt wird. Nach der Schießerei begegnet Macbeth drei seltsamen Frauen – Gothic-Girls, Hexen -, die ihm die Zukunft vorhersagen. Er wird Thane von Cawdor und dann König werden, sein Freund Banquo aber Vater von einer Reihe Königen. Macbeth, zunächst noch skeptisch, wird kurz darauf tatsächlich zum Thane von Cawdor, da sein Vorgänger in Ungnade gefallen ist. Die Prophezeiung geht ihm nunmehr nicht mehr aus dem Sinn, haben doch die drei Hexen ihm auch den Königstitel angekündigt, und er berichtet seiner Frau von dem merkwürdigen Zusammentreffen. Diese kennt den zaghaften Charakter ihres Mannes und stiftet ihm zum Mord an König Duncan an, um den Verlauf des eigenen Schicksals zu beschleunigen. Zögernd willigt Macbeth ein und ermordet Duncan noch am gleichen Abend. Malcolm, Duncans Sohn und der rechtmäßige Thronerbe, flieht aus Angst vor weiteren Intrigen und Macbeth wird tatsächlich zum neuen König ausgerufen. Doch kann er sich seines Triumphes nicht lange erfreuen, da er schon bald von Sorgen um die Sicherung seiner neuerworbenen Position heimgesucht wird, die ihn dazu veranlassen immer skrupelloser gegen mögliche Gegner vorzugehen.
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Die Frage nach der Unveränderlichkeit des Schicksals ist eines der zentralen Themen MACBETHS, dem in dieser Verfilmung, wenn überhaupt, nur eine marginale Bedeutung zugesprochen wird. Es erscheint zunächst auch schwierig sich diesem Thema in einer modernen Adaptation anzunähern, darf man doch nicht verkennen, dass unbedingte Schicksalsgläubigkeit heutzutage nur noch bedingt zu finden ist, mit Sicherheit aber kein gesamtgesellschaftliches Phänomen mehr darstellt, wie es dies noch im 17. Jahrhundert zu Lebzeiten Shakespeares in Europa der Fall war. Und doch drängt sich einem die Frage immer wieder auf. Wäre Macbeth ohne Kenntnis der Prophezeiung ebenfalls König geworden? Oder ist er es nur aufgrund der Prophezeiung geworden, die ihm in letzter Konsequenz erst die Motive für seine Taten geliefert hat? Über Antworten darf man an dieser Stelle nur spekulieren, denn selbst das Stück gibt darauf keine endgültige Antwort.

Der Handlungsverlauf orientiert sich stark, wenn auch nicht sklavisch, an der literarischen Vorlage. Die Dialoge setzen sich aus den Originalversen zusammen. So weit, so üblich. Im Gegensatz zu den Adaptionen von Orson Welles aus dem Jahre 1948 und Roman Polanski aus dem Jahre 1971 – die beide werkgetreu im Mittelalter angesiedelt sind -, verlagert Geoffrey Wright die Handlung in die Gegenwart, in einen hochstilisierten, atmosphärisch dichten australischen Untergrund. Luxus und Dekadenz sind geradezu spürbar. Die Darsteller sind allesamt stets modisch und Stil sicher gekleidete junge Leute, die zum Glück mehr zu bieten haben, als schön aussehend durchs Bild zu schreiten. So gut Sam Worthington auch den Macbeth mimt, so unglücklich ist Wahl der australischen Unterwelt als Handlungsort. Die enorme charakterliche Wandlung die Macbeth im Laufe des Stücks durchmacht verliert dadurch von Anfang an stark an Bedeutung. Anders formuliert: Die moralische Fallhöhe ist bei weitem nicht mehr so tief. War Macbeth in Shakespeares Stück ein angesehener und ehrbarer Edelmann, der sich erst durch die drei Hexen und dann angestachelt von seiner Frau hat korrumpieren lassen, so ist er in Wrights Verfilmung ein Drogendealer, ein Verbrecher, der zwar innerhalb des Verbrecherkreises, in dem er sich bewegt, einen loyalen Ruf genießt, von außen betrachtet jedoch von vorneherein kein angenehmer Zeitgenosse ist. Duncans Ermordung präsentiert sich in diesem Licht lediglich als Berufsrisiko und Macbeths Griff zur Macht als logische Konsequenz seines steigenden Einflusses. Dies ist wohl nicht im Sinne Shakespeares, wenn man überhaupt so vermessen sein kann, diesen benennen zu wollen.

Geoffrey Wright bedient sich lediglich der Geschichte ohne sich tief schürfender mit dem Stoff auseinanderzusetzen. Wright bedient sich ihrer allerdings so vortrefflich, dass das Schauen kurzweiliges Vergnügen bereitet, obwohl man den Handlungsverlauf von vorneherein kennt. MACBETH funktioniert – ein großes Stück weit natürlich dank der hervorragenden, lang erprobten Vorlage – als Film, dürfte Shakespearefreunde aufgrund der streckenweise oberflächlichen Herangehensweise jedoch eher enttäuschen.

Eine Rezension von Anja Mikolajek
(18. November 2007)
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Daten zum Film
Macbeth Australien 2006
Regie Geoffrey Wright Drehbuch Victoria Hill, Geoffrey Wright
Produktion
Darsteller Sam Worthington, Victoria Hill, Lachy Hulme, Gary Sweet, Steve Bastoni, Matt Doran
Länge 105 Minuten FSK 18
Die DVD erschien am 26. Oktober 2007 bei SUNFILM Entertainment. Enthalten sind die deutsche und englische Sprachfassung, sowie ein Making Of mit zahlreichen Interviews mit Cast und Crew und ein Audiokommentar.
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