Von Seiten der Literaturwissenschaft herrschte lange Zeit große Skepsis gegenüber Verfilmungen literarischer Werke, vor allem wenn sich diese gewisse Abweichungen von der Vorlage erlaubten. Sofort wollte man wissen, wieso nun der innere Monolog aus Kapitel 63 nicht enthalten ist, oder wieso der Todesfall des Großcousins der Tante des Protagonisten (Kapitel 94) entfiel, wo doch besagte Tante eindeutig in der neu hinzugefügten, fünf Minuten langen Sex-Szene auftaucht. Wer solche Ansprüche an Adaptionen stellt, der/die wird mit
Impostor wohl nicht glücklich werden, übernimmt der Film doch nur die grundlegenden Elemente aus der gleichnamigen Geschichte von Phillip K. Dick. Und was, wenn man ihn als eigenständigen Film betrachtet? Nun, wir werden sehen...
Die Erde befindet sich mal wieder im Krieg mit Außerirdischen – sooft, wie das passiert, sollten wir vielleicht einmal darüber nachdenken, ob es nicht vielleicht doch an uns, und nicht an „denen“ liegt. Spencer Olham (Gary Sinise), dem Protagonisten von
Impostor, gegenüber dürfte ich solche Gedanken freilich nicht äußern, immerhin haben die bösen Extraterrestrischen seinen Vater auf dem Gewissen. Seitdem ist er darauf aus, es den Wesen vom anderen Stern heimzuzahlen, und als genialem Wissenschaftler könnte es ihm sogar gelingen: Bereits zu Beginn des Filmes ist die Wunderwaffe gegen den intergalaktischen Feind fertiggestellt und soll bei nächster Gelegenheit der Kanzlerin der E
rde vorgeführt werden – Demokratie gibt es zwar keine mehr in der Welt von
Impostor, aber zumindest die Gleichberechtigung scheint sich durchgesetzt zu haben.
So weit kommt es dann allerdings gar nicht, denn am Arbeitsplatz angekommen wird Spencer festgenommen. Major Hathaway, Geheimdienst, vermutet nämlich, dass Olham eigentlich nicht Olham ist, sondern ein außerirdischer Klon, der eine Bombe in sich trägt. Die einzige Möglichkeit, klare Verhältnisse zu schaffen, wäre es Spencer das Herz zu entfernen. Handelt es sich dabei um eine Bombe, so war er ein Klon, und sollte es doch ein echtes Herz sein, nun, manche Risiken muss man eingehen, so zumindest die Meinung von Hathaway. Nachvollziehbarerweise ist Olham, gänzlich von seiner eigenen Menschlichkeit überzeugt, von solch einer Hexenprobe wenig begeistert und wehrt sich mit aller Kraft gegen Hathaways Pläne, wobei Herr Sinise leider sehr übertriebenes Schauspiel an den Tag legt.
Seine Bemühungen bleiben nicht ohne Erfolg: Er schafft es tatsächlich zu entkommen, was vor allem auf schlecht ausgebildetes Sicherheitspersonal zurückzuführen ist. Und damit sind wir an dem Punkt angelangt, an dem sich Kurzgeschichte und Film wirklich trennen. Bei Phillip K. Dick treten nun Panik, Zweifel und die für ihn typische Frage, was eigentlich einen Menschen ausmacht, in den Vordergrund, Gary Fleders Film konzentriert sich auf den Aspekt der actiongeladenen Flucht.
Diese führt nun in das Elendsviertel der Stadt, durch stillgelegte Tunnel, zurück ins Herzen der Zivilisation - das Krankenhaus, in dem Olhams Frau arbeitet, und in dem er sein früheres Genmaterial mit dem jetzigen vergleichen kann - und über die Heilanstalt hinaus. Dabei kommt weder der Hauptcharakter, noch wir ZuschauerInnen zur Ruhe: unmittelbare Schnitte, rasante Kameraschwenks und ungewöhnliche Einstellungen lassen uns an der Panik und Verwirrung Olhams teilhaben. Und weil das noch nicht genug Action ist, gibt es auch noch einige Kämpfe, in denen Spencer vollkommen überraschend enormes Geschick beweist.
Schließlich kommt Olham hinter die Wahrheit, Zeit für das große Finale des Filmes. Die Auflösung will ich selbstverständlich nicht verraten, hält sie doch sogar für KennerInnen der Kurzgeschichte eine Überraschung bereit – hinsichtlich der Spannung ein gelungener Höhepunkt des Filmes, über den man allerdings nicht zuviel nachdenken sollte.
Das ist dann auch die zentrale Schwäche des Filmes: Die Änderungen gegenüber der Kurzgeschichte wurden in ihren Konsequenzen nicht wirklich zu Ende verfolgt, wodurch sich bei genauerem Nachdenken viele Plotholes offenbaren. Das trübt den Spaß natürlich ein wenig. Auch können die SchauspielerInnen nicht immer ganz überzeugen, vor allem Vincent D'Onofrio enttäuscht als Major Hathaway: Der gute Mann wirkt einfach wenig bedrohlich, das trottelige Verhalten des Charakters macht die Sache da nicht besser. Gary Sinise schlägt sich trotz des erwähnten Over-Acting gut, und hier muss auch betont werden, dass es sich um eine außergewöhnlich schwierige Rolle handelt: An einer ähnlichen Konzeption - die Suche nach seiner wahren Identität bzw. die Fraglichkeit dieser - sind schon andere gescheitert, z.B. Herr Schwarzenegger in
Total Recall. Von diesen Schwächen abgesehen ist
Impostor aber ein durchaus unterhaltsamer Film; und viel mehr versucht er meines Erachtens auch nicht zu sein. Und so kann auch eine enttäuschende Literatur-Adaption ein spannender Film sein – man darf sich nur nicht zuviel erwarten.