Mila - kann lachen
Wie die Sonne über’m Fujiama
Mila - kann machen
Was sie will und was noch keiner tat.
Mila - kann fliegen
Wie die Schwalben über’m Fujiama
Mila – kann siegen
Irgendwann ist sie ein Superstar!
Wer von uns in seiner Kindheit lieber Animeserien als Walt Disney Kurzfilme im Fernsehen verfolgt hat, wird an jener bekannten Reihe über ein volleyballbegeistertes Mädchen aus Japan nicht vorbei gekommen sein. Mila „Superstar“ ist ein zu Beginn der Serie zwölfjähriges kränkliches Mädchen, dass durch ihre Liebe zu diesem bestimmten Sport Disziplin, einen starken Willen und vor allem wahre Freundschaft kennenlernt und sich im Laufe der Jahre zu einem erfolgreichen Teenager mit Kampfgeist entwickelt.
„Mila Superstar“ basiert auf dem 12bändigen Manga „Atakku No. 1“, einem japanischen Comic, von Chikako Urano, welcher wöchentlich in dem Mädchenmagazin „Margaret“ zwischen 1968 und 1972 erschein, wo unter anderem auch die Geschichte von „Lady Oscar – Die Rosen von Versailles“ zu lesen waren. 1969 wurde auch die Serie zum Manga das erste Mal im japanischen Fernsehen ausgestrahlt und verbreitete sich bald auch in andere Länder wie Deutschland, die USA, Italien, Spanien und Usbekistan, wo sie überall sehr beliebt unter den jugendlichen ZuschauerInnen wurde.
Was ist also das Geheimnis von „Mila Superstar“? Was macht die Geschichten rund um ein weinerliches, zierliches Mädchen im Sporttrikot mit braunem Pferdeschwanz und gelber Schleife in verschiedensten Ländern so mitreißend? Zunächst einmal bietet die Hauptfigur vor allem für jüngeres Publikum von Anfang an Möglichkeiten zur Identifikation. Mila ist liebenswert und herzlich, allerdings sehr schüchtern, unsicher und oft missverstanden. Im Laufe der Serie muss sie oft einen Weg finden, sich durchzusetzen, begegnet vielen Niederlagen und Missverständnissen, gewinnt treue Freundinnen und stellt sich neuen Herausforderungen. Auch wenn sich diese Erlebnisse meist um das Thema Volleyball ranken, dürfte es doch nicht schwer fallen, das Gesehene zu abstrahieren und auf eigene Erfahrungen zu projizieren.
Tatsächlich dreht sich beinahe jede Folge nur ums eins: Volleyball. Mila und auch ihre Teamkameradinnen werden zunehmend verrückt nach diesem Sport, der sie als Mannschaft zusammenschweißt und Teamgeist fördert. Als ZuschauerIn ist man aber weniger davon genervt und überfordert, sondern wird viel mehr von der Begeisterung mitgerissen und möchte selbst die verschiedensten Angrifftechniken lernen und VolleyballerIn werden. Als erste Animeserie, die Mädchensport thematisierte, verursachte „Mila Superstar“ einen gewissen Hype wie auch beispielsweise „
Dirty Dancing“ auf Tanzschulen.
Die Werte, die die Jugendserie vermittelt, sind ein absoluter Pluspunkt. Mit viel Kreativität werden die Sportlerinnen immer wieder mit neuen, unlösbar erscheinenden Aufgaben konfrontiert, denen sie sich stellen müssen. Hierbei wird immer wieder betont, dass häufig nicht ein Sieg, sondern Kampfgeist und Zusammenhalt entscheidend im Leben sind und dass man mit einem starken, optimistischen Willen oft schon mehr erreichen kann als mit Talent und perfekter Technik. Somit werden auch ZuschauerInnen mit einbezogen, die sich selbst nicht als Sportkanone sehen. Zwar beginnt die Serie etwas langsam, gewinnt aber im Laufe der Folgen an Fahrt und wird zunehmend interessanter. Mit Nebenthemen wie Freundschaft, Intrigen, die erste Liebe und Verlust wird der Plot mit dem Fokus auf Volleyball abgerundet und ergibt ein schönes Gesamtbild.
Das Erscheinungsdatum der Serie gibt Anlass sowohl zu positivem als auch zu negativem Urteil. Auf der einen Seite scheint der ein oder andere überrascht zu sein, dass „Mila Superstar“ doch eine so alte Serie ist, die in den sechziger Jahren entstand. Hierfür wirken so manche Bewegungssequenzen und schnelle Schnitte relativ fortschrittlich und handwerklich gut gemacht. Wieder ein Beispiel dafür, dass Japan auf dem Gebiet der animierten Serien und Filme ein Vorreiter in Sachen ausgefeilter Technik zu sein scheint. Auf der anderen Seite erkennt man aus heutiger Sicht schon Mängel, was die Bildqualität angeht. So wechseln oft inmitten einer Folge Kontraste und Sättigung; von der einen auf die andere Sekunde ist das Bild plötzlich von einem Grau- oder Rosaschleier überzogen, die Farben sind wenig kräftig und die Zeichnungen (vor allem vom Hintergrund) eher simpel und unaufwändig gehalten. Das dürfte ein Pixar- und Disneygewohntes Auge schon stören.
Ein weiterer Nachteil des Animes ist eine bestimmte Philosophie, die uns heutzutage schon sehr altbacken erscheint. Oftmals reichen verbale Mittel als Überzeugungsmethode bei Mila und ihren Freundinnen nicht aus. Nahezu ständig gibt man sich Ohrfeigen, die dann auch noch die gewünschte Wirkung erzielen und die Geschlagene wachrütteln. Dieses Mittel der körperlichen, wenn auch eher wenig brutalen Gewalt erscheint einem doch manchmal eher fehl am Platz. Dass man sich erst schlagen lassen muss, um zum richtigen Weg zu finden, ist wohl mehr als kontrovers.
Was man der Serie zugute halten muss, ist ihre Komplexität und die Kreativität mit der sie ihren Plot gestaltet. Schon allein die Zahl der verschiedenen Angriffstechniken deutet auf redliches Bemühen, Volleyball von verschiedenen Facetten und als vielseitigen Sport interessant und attraktiv zu zeichnen. Es werden viele unterschiedliche Charaktere verschiedenster Nationen dargestellt, die für Mila eine wichtige Rolle spielen und zu Freunden werden.
Allerdings konnte bei den vielen Figuren und immer neuen Spielerinnen das deutsche Synchronstudio wohl nicht mithalten. Die Synchronisation ist zunächst einmal ganz in Ordnung. Milas quietschige Stimme könnte dem ein oder anderen zwar recht schnell auf die Nerven gehen, allerdings sind dafür andere Rollen sehr gut nachgesprochen worden. Nachteilig ist hierbei aber der Mangel an SynchronsprecherInnen, da viele Nebenrollen oftmals den gleichen Sprecher haben, was dem Zuschauer gerade bei markanten Stimmen schon als störend auffällt.
Trotz einiger negativer Aspekte schaffte es „Mila Superstar“, Kultstatus zu erlangen. Schon allein das Titellied, was sich über 700.000mal verkaufte, ist bei Fans immer noch ein Ohrwurm und kann aus dem Stehgreif mitgesungen werden. 1977 und 2004 erschienen Fortsetzungsgeschichten zu „Atakku No. 1“ im „Margaret“. Die ersten DVD-Boxen wurde 2003 in Japan veröffentlich und kosteten zunächst rund 600 Euro (!). Vier Jahre später wurden dann erneut DVDs heraus gebracht, für die Fans dann „nur noch“ umgerechnet 140 Euro springen lassen mussten. In Deutschland ist der Spaß dann doch etwas billiger, wobei anzumerken ist, dass Japan und Deutschland bisher leider die einzigen Länder sind, in denen die Serie auf DVD veröffentlicht wurde. Zusätzlich entstanden in Japan auch noch vier Kinofilme, die für den heimischen Markt produziert wurden, und außerdem im Jahr 2004 eine Realserie.
Trotz kleiner Mängel ist „Mila Superstar“ dennoch eine mit viel Kreativität produzierte Serie, die einfach schon aufgrund ihrer Eigenschaft, die erste ihrer Art gewesen zu sein, Originalität beweist und zurecht Kultstatus inne hat.