VON GEWINNERN UND VERLIERERN
Des Finales zweiter Teil ist vorbei, die letzte Schlacht geschlagen, und soviel ist sicher: Im abschließenden 4. Kapitel der
Hunger Games-Filmreihe, das sich tapfer Minute um Minute dem unausweichlichen Showdown entgegen gekämpft hat, sind am Ende auf allen Seiten Opfer zu beklagen.
„MOCKINGJAY: TEIL 2" setzt nahtlos am (leider misslungenen) Cliffhanger-Finale des Vorgängers „
Die Tribute von Panem - Mockingjay: Teil 1“ [2014] an, in dem Mitstreiter Peeta (Josh Hutcherson) aus den Fängen des Capitols befreit werden konnte. Allerdings gibt sein mentaler Zustand Anlass zur Besorgnis, da er Katniss (Jennifer Lawrence), die Galionsfigur der Rebellen, nach erfolgter Gehirnwäsche nun plötzlich als Feind betrachtet, den es zu vernichten gilt. Dieser Umstand wirft Katniss aber nicht vollends aus der Bahn, bestärkt er sie doch einmal mehr in dem Entschluss, Präsident Snow (Donald Sutherland) und seiner Schreckensherrschaft endgültig den Garaus zu machen. Und so rückt der alles entscheidende Kampf unaufhaltsam näher, während der Feind nicht untätig bleibt...
Es herrscht Krieg in Panem. Diese Aussage ist nicht sonderlich überraschend, denn bereits im ersten Teil des gesplitteten Finales, der sich jedoch über weite Strecken noch als klaustrophobisch-kühles
Kammerspiel-Spektakel gerierte, standen die Weichen überdeutlich auf Konfrontationskurs. Nun, am Ende, entlädt sich das Konfliktpotential effektewirksam in einem tumultgeschwängerten Krisenherd, in dem das Gute dem Bösen gegenübersteht, während im Hintergrund pathetische Reden über neue Ordnungen und Ziele geschwungen werden. Wer hier letztlich wen für welche Zwecke instrumentalisiert, verbleibt zunächst ein Mysterium, das erst kurz vorm Abspann mittels einer dann doch recht unspektakulär in Szene gesetzten Wendung offenbart wird. Insoweit fischt der Film in denselben Gewässern wie auch schon die literarische Vorlage, welche in der Gesamtschau aufgrund mangelnder Tiefe deutlich schwächer als ihre beiden Vorgänger einzuordnen ist.
Als überraschend vorlagengetreue Verfilmung hatte
„MOCKINGJAY: TEIL 2" somit eigentlich schon im Vorfeld verloren. Ein Umstand, der durch die erfolgte Zweiteilung des Finales noch einmal verstärkt wurde, da im Grunde für die verbleibenden zwei Stunden nun nur noch ein Actionspektakel zur Verfügung stand. An allen Ecken und Enden wird plötzlich geschossen, gehetzt, geblutet und verletzt, natürlich immer unter der Prämisse, dass das Gute dem Bösen die Stirn bietet. Leider bleibt es zumeist bei dieser dann doch eher standardisierten Schwarz-Weiß-Malerei, die dem Kriegsschauplatz in opulenten Breitbild-Aufnahmen erkennbar mehr Beachtung schenkt als den zerrütteten und heldenhaft auf ihm kämpfenden Protagonisten. Das alles ist, ungeachtet der offensichtlichen Mängel, optisch abermals mehr als solide umgesetzt worden, lässt jedoch gezwungenermaßen die durchaus vorhandenen, kritischen Untertöne der aus der Sicht von Katniss geschriebenen Buch-Vorlage noch etwas mehr in den Hintergrund eines bloßen Schauwerte-Spektakels treten. Ein Spektakel, das gen Ende sogar noch kurzzeitig in tiefste Kitschgefilde abdriftet.
Kitsch und Dystopie? Richtig gelesen. Schon die Vorlage schreckte nicht davor zurück, es einem
Harry Potter gleichzutun und einen Epilog zu präsentieren, der sich nicht so recht in das (filmische) Gesamtgefüge einbetten lassen wollte. Hier wäre es ausnahmsweise besser gewesen, die letzten Seiten des Buches wissentlich zu ignorieren, was vom Grundton her viel besser zur Thematik und dem unserer Heldin Katniss Widerfahrenen gepasst hätte. Doch das Feuer der Hoffnung muss auch hier nonchalant mit dem Flammenwerfer des Vertrauens am Lodern gehalten werden. Somit wirkt dieser letzte Teil der Geschichte fast wie ein Fremdkörper in einem sowieso schon seltsam gewöhnungsbedürftigen, da einseitig actionlastigen Film. Schade. Denn dass es anders geht, haben die vorigen Filme bewiesen.
Man sieht: Im Falle von
„MOCKINGJAY: TEIL 2" hat die Zweiteilung eines Finales, dessen literarische Vorlage sich schon nicht übermäßig mit Ruhm bekleckert hat, nur bedingt Erfolg gebracht. Es liegen genau genommen ganze Bombenkrater zwischen Teil 1 und 2, stille Zeugen eines Entschlusses, der nicht nur auf der Leinwand etliche Opfer zu beklagen weiß. Und wer räumt am Ende auf? Diese Frage bleibt uns der nichtsdestotrotz versiert inszenierte Film ebenso schuldig wie jene, was es denn genau mit den auftauchenden CGI-Monstern im letzten Drittel auf sich hat. Buchkenner wissen freilich schon seit dem ersten Buch, um wen oder was es sich hier vermutlich handeln soll. Der buchunkundige Konsument hingegen darf sich ob fehlender Erklärung zurecht wundern. Und so ziehen sich weitere Versäumnisse durch die immerhin recht properen 132 Minuten Laufzeit, welche zwar niemals langweilen, aber die Klasse und Andersartigkeit des Wackelkandidaten „
Die Tribute von Panem - The Hunger Games“ [2012] oder in Abstrichen auch „
Die Tribute von Panem - Catching Fire“ [2013] vermissen lassen. Da kann eine
Jennifer Lawrence so aufopferungsvoll und solide agieren, wie sie möchte: Am Ende steht ein Abschluss, der optisch überzeugt, gut gespielt ist, aber nur in Teilen mitreißt. Der Rest ist altbekanntes Action-Kino (zum Teil
made in Berlin), das man leider schon vielfach besser gesehen hat.
Fazit: Solide, actionreiche Verfilmung des schwächsten Buches der
Hunger Games-Reihe.
Cover & Szenenbilder: © 2016 STUDIOCANAL GmbH