„The most shocking film you`ll ever see!“ – irritieren lassen wird sich von diesem Spruch, mit dem die Produzenten des Horror-Remakes “Evil Dead” ihren Film auf dem Kinoplakat bewerben, sicherlich keiner, schon gar nicht, wenn er das Original – seinerzeit im Ultra-Low-Budget-Modus gedreht – gesehen hat. Und das nicht nur, weil Sam Raimis Dämonen-Schlachtfest „Tanz der Teufel“ damals eher durch hysterische Splatter-Comedy und kontrolliertes Overacting bestochen hat als durch herausfordernden Horror. Wir wissen: Auch die Zensur-Messlatte ist heute eine ganz andere als anno 1982. Raimis „Evil Dead“-Version schmort noch immer in den Katakomben der Jugendschützer, die Neuauflage wird es deutlich leichter haben. Doch vielleicht hört das Regisseur Fede Alvarez gar nicht so gerne, ist er doch anscheinend an den Start gegangen, um dem Affen (oder auch der FSK) ordentlich Zucker zu geben. Sein „Evil Dead“ hat tatsächlich Schmackes und brüstet sich mit genüsslich zelebrierten Blutbädern, doch die Rechtfertigung für seine in vielen Punkten umgemodelte, fade Interpretation des Kult-Films bleibt er uns schuldig.
Die drogensüchtige Mia (Jane Levy) macht mit Freunden einen Ausflug in eine entlegene Waldhütte, um zu entgiften. An Bord sind die engen Vertrauten Olivia (Jessica Lucas), Eric (Lou Taylor Pucci), Mias Bruder David (Shiloh Fernandez) und dessen Freundin Nathalie (Elizabeth Blackmore). Kaum in der Hütte angekommen, vernimmt Mia ein
en auffälligen Verwesungsgeruch im Keller. Ihre Leute schieben es auf Wahnvorstellungen, die sie durch die Drogen bekommen hat. Dennoch wagen sie einen Gang durch die Holztüre, um eine Etage tiefer nach dem Rechten zu sehen. Und siehe da: Dort finden die Erstaunten aufgehängte Katzen vor – und ein geheimnisvolles Buch mit dem okkult klingenden Namen Necronomicon. Einer aus der Gruppe liest laut dubiose, offenbar satanische Formeln vor. Ohne zu ahnen, dass sie damit einen Dämon aus seinem Dornröschenschlaf erwecken, der schon bald in Mia fährt, die daraufhin zur mordlüsternen Bestie mutiert…
Auf den ersten Blick wirkt Mias Drogensucht als Aufhänger bzw. Erklärung der Protagonisten für die ersten unheimlichen Vorfälle und Erscheinungen gewitzt, da Szenen wie die aus dem Original berühmt-berüchtigte Baum-Vergewaltigungs-Sequenz tatsächlich etwas Trip-artiges an sich haben. Doch sehr schnell wird dieser Ansatz wieder fallen gelassen und mit etwas Distanz zum Geschehen wirkt diese Idee wie ein mittelprächtiges Alibi. Auf einen ausgefeilten Prolog und einen wenigstens in seinen Grundzügen erkennbaren glaubwürdigen Puffer für die Dämonenhatz wurde zwar auch in Raimis Film verzichtet, doch nahm der das Ganze auch nicht annähernd so ernst wie Alvarez, der es schon deswegen besonders schwer hat, seinen Stoff mit humorloser Grimmigkeit an den Mann zu bringen, weil Drew Goddard letztes Jahr mit „The Cabin in the Woods“ doch erst den Waldhütten-Horror durch den Meta-Fleischwolf gedreht und somit der Harmlosigkeit preisgegeben hat, weil die Inszenierung wie die einer Reality-Show daherkam. So sehr der Blutzoll mithilfe ausgefallenster Werkzeuge wie elektrisches Brotmesser oder Nagelpistole in die Höhe getrieben wird – „Evil Dead“ wird den Charakter einer Geisterbahn in einem Themenpark nicht los. Zu hingebungsvoll verbeugt sich Alvarez immer wieder vor dem Vorbild – sei es in der schon erwähnten Baum-Szene, den subjektiven Steadicam-Fahrten durch das Dickicht oder dem Make-up beispielsweise des im Keller eingesperrten Monsters, das zwar dank technischer Möglichkeiten und höherem Budget stimmiger ausfällt als seinerzeit bei Raimi, aber sich deutlich an dessen Film anlehnt.
Der größte Teil des Comedy-Potenzials von „Tanz der Teufel“ ergab sich aus der Darstellung des Dämonenschlächters Ash, gespielt von Bruce Campbell, dem man sogar seine zuweilen stümperhafte Performance hoch anrechnete, weil sie so schön zum Comic-Appeal der Figur passte. Doch offenbar haben sich die Macher gedacht, sie könnten Campbells kultisch verehrte Figur eh` nicht toppen, und haben sie daher ganz aus dem Drehbuch gestrichen. Die Rolle von Ash verteilt sich im Remake quasi auf die versammelte Mannschaft des Casts. Nur leider verfügen die Damen und Herren zusammengerechnet noch nicht über das Charisma von Campbells Ash. Jane Levy, Jessica Fernandez, Shiloh Fernandez & Co. geben lediglich eine ganz gewöhnliche Schar junger Horrorfilm-Darsteller ab, von denen sich kein einziger als Publikumsheld profilieren kann. Derlei Veränderungen sind für ein Remake vielleicht gar nicht so schlecht, wie sie hier dargestellt werden – immerhin hatte Alvarez den Mut, sich an einem so mythisch umraunten Klassiker wie „Tanz der Teufel“ zu vergreifen, dessen Legendenstatus aus heutiger Sicht übertrieben wirken muss. Doch im letzten Drittel schippern die Drehbuchautoren dann doch in Fahrwasser, die dem zuvor so kompromisslosen Treiben einen entscheidenden Dämpfer versetzen (Auf Spoiler wird verzichtet).
Fazit: Fede Alvarez` Film ist nicht nur auf dem Papier „Evil Dead 2.0“. Der Regisseur ergeht sich in seinem Mix aus Remake und Hommage in schniekem Hochglanzdreck, der das inszenatorische Credo vergangener Horror-Neuverfilmungen wie „Texas Chainsaw Massacre“ oder „The Hills Have Eyes“ lustvoll auf die Spitze treibt. Doch ist die Vorlage in diesem Fall zu eigen, um sie einfach nur mit modernen Mitteln aufzupeppen und den aktuellen Genre-Trends anzupassen. „Evil Dead“ ist ein konsequentes, herzhaftes Splatter-Fest, das sich alle Mühe gibt, um dem Original zu huldigen und es gleichzeitig um ein paar Gimmicks zu erweitern. Die Mission ist gescheitert – wenn auch auf hohem Niveau…