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Spezialeinheit Werwolf

Spezialeinheit Werwolf

Ein Film von Evgen Mitrofanov

Ostfront 1942: Um das Kriegsglück zu wenden unternimmt die russische Armee mehrere Kommandoaktionen, die aber ausnahmslos in die Binsen gehen. Als nun in der Ukraine das neue Hauptquartier Hitlers, der Bunker „Werwolf“ gebaut wird, wittert man eine doppelte Chance: einerseits möchte man diesen Bunker um jeden Preis vernichten und damit ein Festsetzen der Deutschen an der Ostfront verhindern. Andererseits will man den Einsatz nutzen um endlich den Maulwurf in den eigenen Reihen zu entlarven. Flugs stellt man eine Truppe aus verschiedenen Spezialisten zusammen und setzt diese nahe der 30km-Marke um „Werwolf“ ab. Doch schon bald erfährt die Truppe ihren wahren Auftrag: nicht etwa die Vernichtung „Werwolfs“ steht auf dem Programm, vielmehr soll gleich Hitler liquidiert werden, der der Einrichtung einen Antrittbesuch abstatten will...

Womit schon das erste Problem auftaucht, das ich mit dem Film habe: warum zum Geier muss es bei dieser Variante des Dreckigen Dutzends eigentlich ausgerechnet um ein Attentat auf Hitler gehen? Das tut rein gar nichts zur Sache! Gerade weil sich der Film bierernst nimmt und sich selbst im Jahre 1942 verortet, kann man sich natürlich denken, dass Hitler den Film überlebt (uh, böser Spoiler...)! Von daher muss sich der Film eines Taschenspielertricks bedienen um Spannung zu halten; aber selbst dieser Trick wird ziemlich gegen die Wand gefahren, indem er bereits ziemlich am Anfang erraten wird – übrigens in einer Oben-
Ohne-Szene Hitlers, so etwas habe ich aus gutem Grunde auch noch nie zu Gesicht bekommen. Somit ist mir völlig unverständlich, warum der Film diese Entscheidung trifft, die Mission der Truppe zu ändern. Die „einfache“ Zerstörung der (übrigens real existierenden) Bunkeranlage Werwolf hätte es genauso getan und hätte eben nicht zu diesem dämlichen Szenario geführt, das der Film nun gezwungenermaßen auffahren muss und sich dadurch selbst die Spannung nimmt, da man sich zumindest den Ausgang des Plans, Hitler zu töten, ja logischerweise denken kann.

Aber gut, diese Storyentscheidung muss man dann halt – so unsinnig sie auch immer sein mag – akzeptieren und den Film nicht von vornherein komplett auflaufen zu lassen. Dieser Plot ist dann auch weniger das Problem als vielmehr die technische Umsetzung und die ganze Inszenierung des Films; diese ist nämlich ziemlich grauenerregend! Denn neben dem eigentlichen Unternehmen gibt es noch einen zweiten Handlungsstrang an der Heimatfront. Die verantwortlichen Generäle wollen den Verräter entlarven und suchen diesen natürlich im Führungsstab. In quasi endlosen Wiederholung werden sie nicht müde zu betonen, dass sie ja einen Maulwurf suchen. Ja, ich weiß! Ihr braucht das nicht hundert Mal wiederholen! Munter wird dann mit russischen Namen um sich geworfen; Namen von Leuten, die man ihm ganzen Film ohnehin nicht zu Gesicht bekommt. Die Auflösung dieses Subplots lässt dann das ganze vorher sowieso komplett sinnlos erscheinen, wenigstens kann „der eine“ (fragt mich nicht nach Rollennamen) rein äußerlich als etwas verhärmter Günther-Jauch-Doppelgänger für Freude sorgen. Diese ganzen Szenen hätte man problemlos kürzen oder ganz weglassen können und sich mehr auf den Men-on-a-Mission-Plot konzentrieren können, da der Film mit knapp 112 Minuten ohnehin viel zu lang ist.

Inszenatorisch ist der Film ein Trümmerfeld von Inkompetenz. Da beugt sich Hitler im Zug zusammen mit Himmler über eine Karte, und nach einem Schnitt sehen wir auf einmal schwarz-weißes Archivmaterial davon. Nutzen? Null. Da winkt dann eben jener Hitler aus dem Fenster, und wir sehen nicht etwa Komparsen auf einem Bahnhof, sondern erneut historisches Material in schwarz-weiß von winkenden Menschen. Warum zum Teufel macht man sowas? Abgesehen davon beginnt der Film schon enorm verwirrend: nach einem obligatorischem Prolog bekommen wir eine Titelsequenz zu sehen, mit den (unleserlichen weil nicht übersetzten) Namen der Darsteller, unterlegt von Bildern aus dem späteren Film und Großaufnahmen der Personen – schwer zu beschreiben, aber man kann sich das in etwa wie einen Vorspann einer TV-Serie vorstellen (dieser Vorspann findet sich übrigens als „Originaltrailer“ in mieser youtube-Qualität 1:1 auf der DVD; an dieser Stelle vielen Dank an Sunfilm für das Rezensionsexemplar!). Überhaupt bleibt dieser Eindruck bestehen: „Spezialeinheit Werwolf“ wirkt nicht nur qualitätsmäßig wie eine (schlechte) TV-Produktion, gerade im Hinblick auf Schnitt und Szenenabfolgen gewinnt man immer mehr den Eindruck, es handele sich bei dem Film um einen Zusammenschnitt einer TV-Serie – allerdings einen wirklich misslungenen Zusammenschnitt. Verifizieren kann ich diese Annahme aber nicht, da nicht einmal die Internet Movie Database diese Produktion kennt.

Während die vielen Dialogszenen rein zweckmäßig abgefilmt werden, scheint zumindest in den wenigen Actionszenen manchmal so etwas sie Inspiration durch. Das geht dann leider soweit, dass sich der Regisseur zu Kameramätzchen hinreißen lässt und etwa eine Kugel eines Scharfschützen ins Ziel begleitet – technisch im Rahmen anständig gelöst, aber irgendwie völlig fehl am Platze. Eben jene Scharfschützen des Teams (zwei an der Zahl) löschen innerhalb von 3 Minuten übrigens eine Patrouille von 20 deutschen Soldaten aus, die wie die Fliegen fallen während auf der Tonspur Maschinengewehre erklingen. Stichwort Tonspur: interessant ist, dass die Deutschen ein sehr gestelztes Deutsch mit etlichen kruden Pausen mitten im Satz sprechen. Schaltet man auf die russische Tonspur um, hört man tatsächlich genau das gleiche! Nicht etwa mit Untertiteln, sondern einfach mit einem russischen Voiceover. Das ist herrlich! Und eben jene Szene mit den Scharfschützen zeigt auch, dass der Film ein weiterer Vertreter des „Kriegs als Abenteuer“ Genres ist, und keinerlei kritische Töne zulässt. Die deutschen sind die üblichen Monster, was man vor allem an einer Szene sieht, die darüberhinaus auch noch die Episodenhaftigkeit des ganzen verdeutlicht: deutsche Offiziere wetten bei Gefangenenerschießungen, wieviele Schädel eine einzige Kugel nacheinander durchschlagen kann. Die Auflösung der Szene? Quasi nicht existent: einer der beobachtenden Russen will einschreiten, sein Offizier verbietet es ihm, Schwarzblende, nächste Szene.

Abgesehen davon weiß der Film auch sonst nicht, was er eigentlich will bzw. wie er in seine verschiedenen Plotpoints eine Logik bekommt. Da trägt das russische Kommando deutsche Uniformen und bekommt entsprechende Pässe, infiltriert Werwolf aber an keiner Stelle im Film sondern schießt die einzelnen Wachposten einfach nieder (denen es übrigens nicht gelingt trotz Schießereien und Explosionen Alarm auszulösen, aber so sinds halt die Deutschen). Da starten Partisanen ein Ablenkungsmanöver, das eigentlich gar nichts bringt weil es niemals nötig wird, die Deutschen abzulenken. Und wenn dann am Ende der Film in die Gegenwart springt und (meines Wissens) am Originalschauplatz einen kurzen Epilog zeigt, dessen emotional impact gegen 0 geht, kann man nur noch den Kopf schütteln.

Zusammenfassend ist „Spezialeinheit Werwolf“ also keine moderne Variante des Dreckigen Dutzends, sondern ein Kuddelmuddel von einem Film, das weder handwerklich noch narrativ auch nur ansatzweise überzeugen kann. Mit einem grotesken Schnitt, Szenen die im Nirgendwo beginnen und auch dort wieder enden, ordentlichen Schauspielern und stellenweise sehr speziellen Dialogen scheitert der Film leider auch als Trashfest oder Kriegsexploiter – denn dazu ist er einfach zu lang und vor allem: langweilig!

Nein, liebe Filmproduzenten aus Russland: das war nix.

Eine Rezension von David Kugler
(21. Mai 2010)
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Daten zum Film
Spezialeinheit Werwolf Russland, Ukraine 2009
(Okhota na vervolf)
Regie Evgen Mitrofanov Drehbuch
Produktion Filmua Group
Darsteller Vladimir Litvinov, Boris Galkin, Karl Seibert, Thomas Ernst
Länge ca. 112 Minuten FSK 16
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