Wie heißt es immer so schön? Spinnen seien faszinierende kleine Krabbler. Papperlapapp. Wer lässt sich denn umgarnen von ihren Fähigkeiten zur Anpassung und zum Überleben und ihrer Bedeutung für das ökologische Gleichgewicht? Das macht sie auch nicht viel hübscher. Die einzig wirklich bedeutende Frage für Alltagsarachnologen dreht sich doch ausschließlich um das Problem, wie man diese achtbeinigen Viecher aus der Wohnung verfrachtet, ohne sie berühren oder deren Überbleibsel von der Schuhsohle pulen zu müssen. Letzteres ist nicht nur unglaublich widerlich, dem geht auch immer ein eklig schmatzendes Geräusch voraus. Und wo wir gerade bei eklig sind. Wer einmal im Leben völlig ahnungslos mit Nase vorneweg in ein Spinnennetz gelaufen ist, kann den kunstvoll gewebten Klebestreifen auch nichts mehr abgewinnen. Dann wären da noch all die Nächte, in denen man aus dem Bett geklingelt worden ist, weil ein Freund sich in den Kopf gesetzt hat, dass er partout nicht schlafen kann, so lange irgendwelche Mitglieder der Ordnung der Araneae Seiltänze in seinem Keller vollführen. Standardsätze a la „Die haben mehr Angst vor dir, als du vor ihnen.“ führen in den wenigsten Fällen zum gewünschten Erfolg. Schock- und Konfrontationstherapien noch seltener. Da bleibt also nur eins zu tun. Der gute Sigi wusste schon, wovon er sprach als er von Projektion sprach. Zugegeben, er hatte aller Wahrscheinlichkeit nach nicht die Leinwandprojektion im Sinn, aber er war ja auch kein
großer Kinogänger.
Hypothese: Wir projizieren also Spinnen auf die Leinwand, um uns fiktiv an ihnen zu rächen. Dabei gehen wir äußerst geschickt vor. Erst lassen wir die Viecher nahezu unbesiegbar erscheinen und im Glauben, dass sie gewinnen werden, um dann im letzten Moment umso unerwarteter und effektiver zurückzuschlagen. Auf den Weg zum Sieg opfern wir ein paar Katzen, Sträuße und Opas, um den Erfolg noch ein bisschen aufbauschen zu können. So einfach und unterhaltsam kann Selbsttherapie sein.
Einer, der sich mit dem Projizieren von achtbeinigen Monstern auskennt, ist der Neuseeländer Ellory Elkayem. Bevor er mit ARAC ATTACK seinen ersten Kinofilm abgedreht hat, konnte er seiner Faszination mit Krabbelviechern schon in dem Kurzfilm LARGER THAN LIFE (1997) – der sich im Übrigen auf der bei Warner erschienenden DVD finden lässt – und dem TV-Film THEY NEST (2000) freien Lauf lassen. Erster ist übrigens sehr empfehlenswert und auch die Inspirationsquelle für dieses Filmchen gewesen. Letzteren kann man allerdings getrost Spinnweben ansetzen lassen.
Weil einem ermüdeten LKW-Fahrer ein Kaninchen mehr am Herzen liegt als seine hochtoxische Fracht, purzelt eine der Giftmülltonnen in den nächstgelegenen See nahe des Städtchens mit dem vielversprechend klingenden Namen Prosperity, irgendwo in Arizona. Da Umweltverschmutzung ohne Folgen witzlos ist, kommt es, dass der etwas kauzige Spinnensammler Joshua Taft (Tom Noonan, aus
BLUTMOND) die Insekten, die er an seine Spinnen verfüttert aus eben jenem See fischt. Die verseuchten Leckerbissen scheinen seinen Schützlingen äußerst gut zu bekommen, denn sie legen schnell an Größe zu. Das entgeht Joshuas einzigem Fan und Nachwuchsarachnologen Mike Parker (Scott Terra) nicht. Zu beunruhigen scheint es zu diesem Zeitpunkt jedoch keinen der beiden. Eine Woche später ist nur noch einer übrig, der das nachholen kann. Joshua ist nirgends auszumachen und anstatt der Spinnen findet Mike nur ein riesiges Spinnenbein.
Der Zeitpunkt für eine Rückkehr in seine Heimatstadt nach zehnjähriger Abwesenheit hat Chris McCormick (David Arquette, aus
Wes Cravens SCREAM) demnach erdenklich schlecht gewählt. Zu seinem Glück weiß er das noch nicht und kann so bei seiner verflossenen Jugendliebe Sam Parker (Kari Wuhrer, aus
ANACONDA) vorstellig werden. Die hat aber erst mal andere Sorgen. Ihre Tochter Ashley (Scarlett Johansson, aus
LOST IN TRANSLATION &
SCOOP) hält es nämlich für erstrebenswert mit ein paar halbstarken Motorcross-Fahrern durch die Gegend zu düsen, wo doch jeder weiß, dass diese bei einer Spinneninvasion ganz oben auf dem Speisezettel stehen. Und die ist bereits voll im Gange, da die Spinnen über verlassene Minenschächte bereits ihren Weg in die Stadt gefunden haben. Zuflucht verspricht jetzt nur noch die neu erbaute Shopping-Mall ...
Ein wirklicher Erfolg an den Kinokassen war der Film nicht gerade. Schade eigentlich, denn ARAC ATTACK macht dort alles richtig, wo man auch viel hätte falsch machen können. Es ist natürlich der Vorteil einer Parodie, dass sie sich selbst nicht allzu ernst nehmen braucht. Die Kehrseite des Ganzen ist dann häufig aber leider, dass sich an ihrer statt so manch ein Zuschauer umso ernster nimmt. Völlig unnötig. Natürlich hat man alles schon mal irgendwie, irgendwo gesehen und die Rahmenhandlung ist so vorhersehbar wie das gestrige Wetter. Der Film handelt nun mal von übergroßen, quiekenden, dämlichen Spinnen, die sich hüpfend über ein paar planlose Südstaatler hermachen. Man könnte also behaupten, alleine die Story zeige schon, wie liebevoll ARAC ATTACK die 50iger Jahre wieder auferstehen lässt. Trashig auf charmante Art und Weise, bedient sich der Film herrlich unbekümmert sämtlicher Genre-Klischees – und macht auch vor den Dialogen keinen Halt, die mindestens genauso haarsträubend platt und unwichtig sind wie in den großen Klassikern des B-Movies. Denn wäre der Film gut, wäre er schon wieder schlecht. Kein auch nur halbwegs vielversprechender Gag wird ausgelassen, was dem Zuschauer die ein oder andere aberwitzige Szene beschert und dem Begriff ‚Catfight‘ eine vollkommen neue Bedeutung verleiht. Die Schauspieler machen einen gewollt guten schlechten Eindruck und fügen sich nahtlos in das Gesamtpanorama ein. Mehr kann man von so einem Film nicht erwarten. Wer es trotzdem tut, sollte sich ihn gar nicht erst anschauen. Es sei denn natürlich, er will sich ärgern.
ARAC ATTACK ist mit Sicherheit kein Meisterwerk, dafür aber gute nostalgische Unterhaltung mit Phobiegarantie.
Chill-Skills:
Scarlett-Bonus: 5 (Noch ein wenig jung, die Gute, aber man erkennt schon, wo’s hin geht!)
Science-Anteil: 6 (Kleine Brüder sind doch zu etwas gut.)
Tarantulafaktor: 8 (Für die Erhaltung der Artenvielfalt!)
Shopping-Bonus: 6 (Einkaufen oder Überleben? Beides geht nicht.)
Quietsch-Anteil: 8 (So gut wie keine ruhige Minute!)