Drew Goddards „The Cabin In The Woods“ gehört zweifellos zu den ärgerlichsten Filmen, die mir in diesem Jahr unter Augen und Ohren gekommen sind.
Meta lautet das Zauberwort, das mir von den Anhängern des Streifens hartnäckig entgegen gehalten wird. Nein, das beeindruckt mich nicht und stimmt mich auch keinesfalls in meinem Urteil um: „The Cabin In The Woods“ ist ein wahrer Stinker vor dem Herrn, der in ungefähr so interessant anmutet wie das
Making Of zum „Scary Movie“.
Meta-Horror soll das sein? Doch wohl eher das laue Zitate-Lüftchen einer insgesamt miesen Genreparodie. Fünf Freunde fahren hinaus in den Wald - zu einer abgelegenen Holzhütte. Curt (Chris Hemsworth, „
Thor“) ist die Sportskanone, Jules (Anna Hutchison) seine aufreizende Freundin, Holden (Jesse Williams) die verklemmte Spaßbremse, Marty (Fran Kranz) der Kiffer der Truppe und Dana (Kristen Connolly) das nette
All-American-Girl. Und es verwundert nicht, dass es bald gewaltig im Unterholz raschelt, wenn man sich nur einmal die Figurenkonstellation und die finstere Location zu Gemüte führt. Neben einem unheilvollen Tankwart (ja, so einer wie in „
Wrong Turn“ und Co.) verheisst auch ein Vogel, der gegen eine mysteriöse, offensichtlich elektrisch geladen
e Wand im Nirgendwo fliegt, nichts Gutes. Ich darf an dieser Stelle die einmalige Warnung bekanntgeben, dass nun eine Filmbesprechung folgt, in der Inhalte und Details verraten werden, die manche Leser möglicherweise nicht vor dem Kinobesuch erfahren wollen.
Auf Angelsächsisch:
Spoiler!
Nicht nur wir Zuschauer beobachten nämlich das Treiben der Teenager, sondern auch einige andere Gestalten in einer Zentrale, tief unter der Erde. Diese verfolgen auf Videomonitoren jeden Schritt mit und manipulieren gar das Verhalten der Urlauber, indem sie auf ihrem massiven Schaltpult einige Hebel umlegen und so Luken öffnen oder Stoffe freisetzen können, die die Wahrnehmung der Kids verändern. Jetzt muss selbstverständlich noch
der Horror her, den das Quintett im Keller der Hütte findet. Dort liegt einiges an Schrott herum. Und ein Buch, mit dessen Zeilen sich die Leichen einer längst begrabenen Redneck-Familie heraufbeschwören lassen. Das Grauen ist eröffnet – und dem geneigten Genrekenner graut es, dass er dieses ganze Remmidemmi zuvor schon mindestens eine Million mal gesehen hat ...
„The Cabin In The Woods“ möchte vielleicht weniger spannend oder gruselig als seine Genrekollegen sein und das Publikum lieber durch sein vermeintlich cleveres Konzept begeistern. Dabei scheitert er jedoch kläglich, denn so richtig clever oder witzig kommt es leider nicht rüber, wenn man erneut einer Bande Jugendlicher zuschauen muss, wie sie im Wald von einer Horde grummeliger Zombies attackiert wird. Einwände?
Meta!? Aber ja: Da sind natürlich noch Sitterson (Richard Jenkins, „
Burn After Reading“), Hadley (Bradley Whitford, „
The West Wing“) und ihr Stab, die unterirdisch das Fiasko beeinflussen. Warum eigentlich und woher kommen die gezeigten Monster überhaupt. Zum ersten Punkt: Sie benötigen das Blut der Opfer. Dieses wird durch den Boden hungrigen Urwesen zugeleitet - die Darstellung dieser Adressaten würde H.P. Lovecraft glatt aus seinem Grabe steigen und Regisseur Goddard (Autor von „
Cloverfield“) plus Schreiber Joss Whedon („
Marvel's The Avengers“) für diese dünne Grütze erwürgen lassen. Punkt zwei: Wie ist es den Verantwortlichen nun gelungen, all diese kaum besiegbaren Ungeheuer relativ praktikabel steuern zu können? Haben etwa Indiana Jones und die Ghostbusters diese eingefangen und in massive Käfige gesperrt? Das Duo Goddard/Whedon hat es bei seinem Versuch, eine Art „Truman Show“ für das Gruselklientel zu erschaffen, eindeutig verpasst, seine Scheinwelt auch wirklich wasserdicht zu präsentieren. Wir sehen zwar, wie sich die Tricks technisch steuern lassen, nur können wir in keinster Weise nachvollziehen, wie dieses Gebilde überhaupt sicher konstruiert werden konnte, um einerseits kein Entkommen aus der Todesfalle zuzulassen und andererseits die bösen Flüche auch aus der „Realität“ fernzuhalten. Unter den Erscheinungen befinden sich Kreaturen aus mehr als fünfzig Jahren Genregeschichte – könnte wirklich eine schnöde Strombarriere deren Übertritt aus der Hölle verhindern?
Ich muss in solchen Momenten immer an Jason Reitmans scharfsinnige Satire „
Thank You for Smoking“ denken: Aaron Eckharts Charakter möchte als Vertreter der Tabakindustrie das Rauchen wieder salonfähig machen und trifft sich deshalb mit einem Hollywood-Agenten, dargestellt von Rob Lowe. Brad Pitt und Catherine Zeta-Jones sollen im neuesten Science Fiction-Streifen qualmen, bis die Zuschauer endlich selbst wieder zu den gesellschaftlich verpönten Glimmstängeln greifen. Eckhart hat einen Einwand: Würde nicht alles explodieren, wenn die Protagonisten sich im Raumschiff eine Zigarette anzünden?! Doch Lowe kontert: In der Wirklichkeit sei das womöglich so, aber das ließe sich mit einem Satz im Drehbuch leicht umgehen - indem dort einfach steht, dass ein
Dingsbums entworfen wurde, das die Gefahr der Entzündung verhindert. In „The Cabin In The Woods“ versucht so ein
Dingsbums das gesamte Szenario aufrecht zu erhalten, in Form eines kaum glaubhaften Sicherheitssystems. Glaubhaft? Horror? Nun, es sollte zumindest in der Geschichte plausibel erklärt werden, wie der Zauber nun funktioniert. Was sind hier die Regeln, wie harmonieren Technik und Magie miteinander? Im Prinzip bekommen wir einen ohnehin erbärmlich schlechten Schocker geboten, der nun außerdem in einen (
Meta-)Rahmen eingebettet wurde, welcher noch absurder wirkt als vieles, was ich bisher an miesen Backwoods-Slashern erleben durfte (und ich habe mich durch etliche dieser Filme gekämpft).
Da wir die Freunde in der Hütte eh als uninteressantes Monsterfutter abtun dürfen, konzentrieren wir uns also auf die Menschen im Kontrollbunker, die offenbar die Macher des heutigen Leinwandschmus darstellen sollen. Sie lachen, tanzen, schließen Wetten darauf ab, welches Wesen wohl von den Helden des Live-Streams hervorgerufen wird. Hadley ist enttäuscht, dass es nicht der Wassermann geworden ist, der den Teens zusetzen wird. „The Cabin In The Woods“ findet sein Finale in einem groß angelegten Splatterspektakel, während welchem sämtliche Kreaturen auf Knopfdruck ihre Zellen verlassen und über ihre Wächter herfallen. Den Wassermann wird Hadley dann endlich zu Gesicht bekommen. Und die Zuschauer werden Zeugen, wie die versammelte Familie der Kinoschrecken ganz viel
CGI-Blut durch die Gegend spritzen lässt. Ist das jetzt besonders clever, weil der Film in dieser Szene schlicht erfüllt, was das Publikum eigentlich eh von solch einem Streifen erwartet? Man muss hier auch beachten,
wer die Monster letztlich auf freien Fuß lässt - nämlich die beiden Überlebenden des Hütten-Szenarios. Es handelt sich dabei um den typischen Racheakt, den man halt erwartet, wenn Überlebende in Storys wie dieser ihren Peinigern gegenübertreten. Das ist nicht sonderlich originell, geschweige denn
meta. Am Ende reflektiert „The Cabin In The Woods“ eigentlich nicht viel, sondern hält sein Publikum auf ähnlich klamaukartige Weise zum Narren wie erwähnter „Scary Movie“. Viel käsiger Humor, viele platte Genrezitate, die nicht mehr versuchen, als den Fans ein zufriedenes
Aha! abzugewinnen. Die
Metaebene? Da wäre es sogar aufregender gewesen, auf das angestaubte Verfahren zurückzugreifen, dem Publikum Buzzer bereitzustellen, über welche es in der ersten Hälfte interaktiv mit der Handlung kommunizieren kann. Denn möchte man wirklich zusehen, wie einige Deppen in einer Zentrale hocken und einen miesen Streifen schauen, den sie selbst steuern können? Das ist so ernüchternd, wie 90 Minuten einem Playstation-Game beizusitzen, aber nie das Pad in die Finger zu bekommen. Macht das Spass? Mir zumindest nicht.
Am Ende des Films absolviert Sigourney Weaver einen Gastauftritt.
„Wir nehmen, was wir kriegen können“, sagt die dreifach oscarnominierte Schauspielerin durch die Leinwand zu uns. Und wir blicken auf die wenig illustren Rollen zurück, die der einstige Superstar in den letzten Jahren so verkörpern musste. Diese hier inklusive.