„My parents died when I was five. I'm an orphan.”
„Who was that kind fellow who gave you away at our wedding?”
„Paid actor.”
„I said, I said I saw your dad on ‚Fantasy Island’!”
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Zwangsläufig. Denn das tägliche, normale Leben bietet eine enorme sich immer wieder nachfüllende Menge an Material für Streitschlichtungs-Soaps und Konsorten, die sich nach wie vor hoher Quoten erfreuen. Was wäre aber, wenn der Alltagswahnsinn, das nach außen hin normale Familiendasein, nur schmückende Fassade ist?
Das Ehepaar John und Jane Smith (Brad Bitt und Angelina Jolie) ist seit fünf oder sechs Jahren verheiratet und wohnt in einem ansehnlichen Haus in einem nicht minder ansehnlichen Vorort. Wer das „glücklich“ in Zusammenhang mit „verheiratet“ vermisst, hat richtig gelesen, denn glücklich kann man das Leben der beiden wahrlich nicht nennen. Angeödet vom zur Routine gewordenen Alltag gehen die Smiths tagsüber jeder für sich ihren augenscheinlich langweiligen Bürojobs nach, nur um abends still voreinander am gedeckten Esstisch zu sitzen und sich genüsslich schmatzend anzuschweigen. Die gelegentliche Bitte, ob einem das Gegenüber nicht kurz das Salz reichen könne, die süffisant mit dem Hinweis abgetan wird, dass sich das Salz genau in der Mitte des Tisches befindet (so muss es bei Mathematikern zu Hause sein!), sowie die anschließenden o
bligatorischen „Schatz“-Liebkosungen sind mit das Einzige, was das Schweigen der ach so attraktiven Eheleute durchbricht. Ansonsten: Tristesse, Traurigkeit, fehlende Leidenschaft. Wohlbemerkt: nach
außen! Denn was Ehefrau und Ehemann Smith auch dem jeweiligen Partner gegenüber verheimlichen, ist die Tatsache, dass das triste Familienleben nur Fassade ist für die wirklichen knallharten Jobs. Sowohl John als auch Jane sind nämlich Auftragskiller zweier konkurrierender Organisationen. Nur weiß die rechte Hand ausnahmsweise nicht, was die linke tut. Bis, ja bis zufällig beide Killer auf ein und denselben Fall angesetzt werden und sich gegenseitig die Tour vermasseln. Um Schadensbegrenzung zu betreiben, soll Jane, die noch nicht weiß, wer genau ihr dazwischengefunkt ist, für ihre Organisation den unliebsamen Störenfried ausschalten. Zu dumm, dass John zum Ziel hat, seinerseits die unbekannte weibliche Killerin zu liquidieren. Und so dauert es nicht lange, bis die Eheleute erkennen, wem sie damals vor dem Traualtar
wirklich Treue geschworen haben, bis dass der Tod sie scheide. Scheinbar liegt dieser Zeitpunkt näher als gedacht.
Was wurde nicht im Vorfeld gemunkelt, was wurde nicht alles behauptet, getratscht und geplaudert.
„MR. & MRS. SMITH” sei der Grund gewesen für das Zerwürfnis zwischen
Brad Pitt und Jennifer Aniston, welche zu Drehbeginn noch verheiratet waren, war wohl das bekannteste Gerücht. Tatsache: kurz nach Drehschluss wurden Pitt und seine Filmpartnerin ein Paar – und Aniston eine der begehrtesten Singlefrauen der Traumfabrik. So musste die Werbetrommel für
Doug Limans Action-Komödie gar nicht mal sonderlich viel gedreht werden, sorgte doch die Presse mit ihren sensationslüsternen Schlagzeilen und das Unwort des Jahres „Brangelina“ für die nötige Publicity. Pitt und
Angelina Jolie stopften das Sommerloch mit einem unglaublich aufgeblasenen Hype um sie, um ihre aufregenden Leben – und um den Film, mit dem alles seinen Anfang nahm. Scharenweise stürmten die Leute ins Kino, um mitreden zu können, und sorgten letztlich für geldgierig glänzende Augen bei der Produktionsfirma
Regency, welche das 110-Mio.-Dollar-Budget fast gänzlich alleine zur Verfügung gestellt hatte und sich schulterklopfend in ihrem Mut bestätigt fühlte, genau richtig gehandelt zu haben. Seltsam, dass von dem vollmundig versprochenen „erotischen Actionfeuerwerk“ – immerhin sind Brad Pitt und Angelina Jolie schon recht häufig auf diversen „Die schönsten Schauspieler“-Listen aufgetaucht – letztlich nicht viel auf der Leinwand zu sehen war. Da war der Hype wohl größer als die wirklichen Gegebenheiten, die Erwartungen vorab dementsprechend hochgeschraubt. Die Wahrheit kann manchmal schon grausam sein.
Schütteln wir also alle vorab mühsam gesammelten Vorschusslorbeeren ab und gehen strikt in medias res. Trotz der guten Grundidee zweier verheirateter Auftragskiller, die nicht wissen, wer der andere in Wirklichkeit ist, verliert sich
„MR. & MRS. SMITH” leider – vor allem gegen Ende – nur allzu schnell in einer Aneinanderreihung von Schießereien, Verfolgungsjagden und daran anschließenden Schießereien. Sind die anfänglichen Versuche der Smiths, sich gegenseitig möglichst charmant ins Jenseits zu befördern, noch recht amüsant („Schatz, hast du das überlebt?“), wird dieses Schema derart oft kopiert und angewandt, dass man geneigt ist, Einfallslosigkeit zu attestieren. Dabei ist das funkensprühende Treiben auf der Leinwand sowohl technisch als auch auf Seiten der Schauspieler zu keiner Sekunde unansehnlich. Vor allem Pitts und Jolies Spiel trägt sehr dazu bei, dass der Film letztlich ins Mittelmaß gerettet wird. Und doch durfte man, dem Hype Rechnung tragend, mehr erwarten. Mehr Knistern, mehr Humor – und zweifelsohne mehr Story. Das Drehbuch von
Simon Kinberg, der auch schon den Totalausfall „xXx 2 – The Next Level“ [2005] auf dem Papier zu verantworten hatte, folgt getreu dem Motto: „Es kracht und zischt – zu sehen ist nüscht“. „Nichts“ im Sinne von „Nichts, was nicht auch schon anderswo aufgetaucht ist“. Und dort dann wohl auch besser war. Erinnert man sich an den großartigen „Rosenkrieg“ mit
Michael Douglas und
Kathleen Turner und die Boshaftigkeit, mit der
Danny DeVito den alltäglichen Wahnsinn auf den Kronleuchter trieb, ärgert man sich hier zwangsläufig ob des verschenkten Potentials, denn hier musste die buchstäblich mörderische Energie der Hauptpersonen noch nicht einmal heraufbeschworen werden, um ihre zerstörerische Wirkung zu entfalten. So versuchen Brad Pitt und Angelina Jolie mit ihrer (guten) Performance, das Beste aus der dünnen Geschichte rauszuholen, doch schon alleine der völlig überzogene Showdown und das viel zu schnelle Ende manövrieren das hoch-gehypte Action-Spektakel ins Mittelfeld.
Nicht schlecht, bei weitem kein Totalausfall und auch streckenweise sehr unterhaltsam, aber eben im Endeffekt doch „nur“ teures Action-Kino ohne Sinn und Verstand, das alleine von seinen Schauspielern lebt, verkommt des hektische Treiben zu solider Durchschnittskost, die mit etwas mehr Feingefühl in Sachen Drehbuch und Inszenierung ein überdurchschnittliches Mahl hätte werden können. Was bleibt, ist eine Erkenntnis, die nicht einmal sonderlich überrascht, wenn man sie ausspricht. Manchmal ist das wirkliche Leben mit seinen unzähligen Gerüchten eben doch viel, viel interessanter als jede erst noch so originell klingende Drehbuchidee um rivalisierende Eheleute. In dem Sinne: Fröhliches Tratschen.