Die Story klingt, als sollte auf Teufel komm raus ein Kultfilm entstehen: Ein gealterter Elvis kämpft im Altenheim zusammen mit einem Schwarzen, der sich für John F. Kennedy hält, gegen eine Mumie, die die Heimbewohner nach und nach ermordet. Was kann bei einer derartigen Prämisse wohl herauskommen? Erzwungener Kult? Unterhaltsamer Trash? Eine schwer verdauliche Absonderlichkeit?
Aber mal langsam. BUBBA HO-TEP erzählt tatsächlich die obengenannte Geschichte, aber er erzählt sie auf eine Weise, daß die Absurdität des Vorhabens überschritten und die Menschlichkeit der Figuren so weit in den Vordergrund gestellt wird, daß schlußendlich eine wehmütige kleine Beobachtung über das Älterwerden und über den Tod dabei herauskommt. BUBBA HO-TEP ist anrührend und verschmitzt, ein klein bißchen tiefsinnig und ein klein bißchen traurig.
Die Frage, warum Elvis in einem Altenheim dahinvegetiert, wird schon zu Beginn geklärt: Des Ruhmes müde, tauschte Elvis die Identität mit einem Doppelgänger, dem Imitator Sebastian Haff. Nachdem nun Haff für die dunklen Jahre in Elvis' Karriere verantwortlich war und letztendlich an einer Überdosis Tabletten in Las Vegas starb, gab es für den echten Elvis (bedingt durch einen Barbecue-bedingten Feuerunfall) keine Möglichkeit mehr, seine wahre Identität zu beweisen. Und so verbringt er nun seine Tage
in einem trostlosen, von der Menschheit größtenteils vergessenen Heim. Einen Großteil seiner Zeit verbringt er in einem Dämmerzustand, in der vielen Gedanken an seine nicht mehr funktionstüchtige Männlichkeit nachgehangen wird.
Im Heim freundet er sich mit einem anderen alten Mann an, der von sich behauptet, John F. Kennedy zu sein, der nach dem angeblich mißlungenen Attentat zu seinem Schutz hier untergebracht wurde. "Bei allem Respekt ... Sie sind schwarz", wundert sich Elvis. "Da sehen Sie mal, wie clever die Burschen sind", erläutert JFK. Typischerweise wird angenommen, daß Elvis' Geschichte stimmt (schon deshalb, weil er der Erzähler des Films ist) und JFKs Verschwörungstheorie versponnener Unsinn ist, aber natürlich besteht keinerlei Grund, daß wir Elvis' hanebüchener Story tatsächlich Glauben schenken sollten: Vielleicht ist auch er nur ein verwirrter alter Mann, der den Glanz vergangener (lebendigerer!) Tage herbeisehnt - ähnlich wie Kemosabe, einem Heimbewohner, der sich für einen Cowboy hält und den ganzen Tag mit Hut und Spielzeugpistolen herumläuft.
Elvis und JFK nehmen die Geschichte des anderen schnell für bare Münze und hinterfragen sich nicht mehr gegenseitig, was dem Film erlaubt, sich ganz ernsthaft auf diese beiden verschrobenen Alten einzulassen. Elvis bedauert, daß er damals nicht mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen konnte, aber JFK tröstet ihn: "Ich glaube, wir waren die besten Väter, die wir unter den besonderen Umständen sein konnten". Elvis fragt JFK nach seiner angeblichen Affäre mit Marilyn Monroe, worauf ihn der mit leichtem Grinsen einweiht.
Im Heim zieht einstweilen nachts eine Mumie durch die Gänge, die sich nach und nach über die Heimbewohner hermacht. Als Elvis und JFK sehen, wie der Untote Kemosabe ermordet, fassen sie den Plan, noch einmal in ihrem Leben etwas zu vollbringen, für eine Sache zu kämpfen. Es ist nicht schwer, in der Mumie schlichtweg den Tod zu sehen, der langsam Einzug ins Heim findet, und in dem Plan der beiden Alten einen aufkeimenden Lebensfunken und die Absicht, dem Tod mit einer gewissen Würde entgegenzutreten. Auch Kemosabes letzte Minuten - er starb laut Leichenbeschauer an einem Herzinfarkt - werden so dargestellt: In seiner Vorstellung, ein heldenhafter Cowboy zu sein, tritt er der Mumie wie im Duell mit seinen Plastikpistolen entgegen.
BUBBA HO-TEP hätte auf so viele Arten schiefgehen können, und auf so viele Arten ein schräger Trashfilm werden können. Regisseur Don Coscarelli, dessen PHANTASM-Filme schon als Allegorie über den durch das Land ziehenden Tod gelesen werden können, konzentriert sich aber so sehr auf seine Figuren und nimmt die beiden Alten so ernst, als wüßte er gar nicht, daß er einen Horrorfilm macht. Natürlich wird alles mit leichtem Augenzwinkern präsentiert, aber das Zwinkern schafft keine Distanz zwischen Zuseher und Geschichte - es ist keine ironische Brechung des Materials und kein herablassendes Zugeständnis dem Publikum gegenüber, sondern einfach eine Spielfreude, mit der sich Regisseur und Darsteller auf die Absurdität der Geschichte mit voller Hingabe einlassen.
Herzstück des Films ist dabei Bruce Campbells Darstellung von Elvis, die völlig frei davon ist, sich über die Figur lustig zu machen: Campbells Elvis ist tatsächlich einfach nur ein alter Mann, dem alle Bewegungen schon sehr schwer fallen, und der so sehr in der Vergangenheit lebt, der er so schmerzhaft hinterhertrauert. Gleichermaßen gut ist Ossie Davis als JFK, der dem alten Mann viel Würde verleiht.
Natürlich funktioniert BUBBA HO-TEP nicht als Horrorfilm: Er ist nicht unheimlich, und er ist auch nicht im herkömmlichen Sinne spannend. Und gleichermaßen ist der Film auch nicht als Komödie oder Parodie zu verstehen, weil er den Figuren dafür mit zu viel Interesse und Sympathie begegnet und ihnen ganz ironiefrei gegenübersteht. Was bleibt, ist einfach nur eine kleine Geschichte über das Alter - absurd und merkwürdig, aber ebenso originell und pointiert. Im wahrsten Sinne des Wortes ein außergewöhnlicher Film.