Es scheint fast, im Actionfilm sei ein zweiter Frühling angebrochen. Die alte Riege der harten Kerle erhebt sich noch ein letztes Mal und feuert aus allen Rohren: Sei es Bruce Willis in
Die Hard with a Vengeance (dem er sogar noch einen weiteren Aufguss folgen lassen will) oder Sly erst in
Rocky Balboa und bald in
John Rambo. Natürlich lockt das liebe Geld (gerade wenn ob mäßiger Projekte der Sturz in den Abgrund des Vergessens droht), doch besteht nicht gerade beim letzten Aufglühen die Chance auf einen besonders guten Film? Im B-Sektor jedenfalls haben die Herren Van Damme und Lundgren auf ihre alten Tage noch einmal einen gehörigen Qualitätsschub erfahren - erfuhr der Belgier viel Zuspruch für
Wake of Death und jetzt auch
Until Death, griff der Schwede gleich selbst zur Kamera und drehte
The Defender. 2005 erschien dann sein zweiter Streich:
The Mechanik - das ist Nikolai Cherenko (gespielt natürlich von Dolphie himself). Nachdem seine Frau und sein Sohn von Gangstern sinnlos erschossen wurden, geht der gelernte Ex-Elitesoldat und Automechaniker auf Jagd nach Genugtuung und richtet in einer kalten Nacht die Schuldigen, inklusive ihres finsteren Oberhaupts Sasha. Dann reist er in die USA, um ein neues Leben zu beginnnen. All das geschieht in den ersten fünf Minuten. Wie? Das war's? Nicht ganz: Leider hat Nikolai bei Sascha nicht ganz richtig gezielt und ihm nur eine Wange zerfetzt. Der Bösewicht, der
nun noch böser aussieht, sitzt immer noch gut im Sattel: Neben einigen Drogengeschäften betreibt er ein gut gehendes Edelbordell in Sankt Petersburg. Da er a) nie genug Geld und b) nie genug Mädchen hat, will er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Er entführt die Tochter einer reichen amerikanischen Familie, bereitet ihren ersten Abend in seinem Etablissement vor und fordert zudem noch Lösegeld. Die Betroffenen haben aber bereits genug Filme gesehen, um zu wissen, dass ihr Töchterlein ohnehin bald ohnehin in einer anderen Welt weilen würde und sieht nur einen Ausweg. Genau. The Mechanik.
Der ist zuerst unwillig, schließlich hat er seine blutige Vergangenheit hinter sich gelassen (
Rambo, anyone?). Auch Drohversuche (der gebürtige Ukrainer ist illegal eingewandert) nützen nichts. Erst ein Bild des tot geglaubten Übeltäters lässt den Hünen seine Einstellung überdenken. In Sankt Petersburg trifft er auf eine Söldnertruppe, die ihm bei seinem Einsatz helfen soll. Es beginnen die actionfilmtypischen Querelen ("Ich arbeite alleine!"), die vor allem dank der charismatischen Darstellerleistung von Ben Cross, der den Boss der Truppe spielt, aber nicht allzu nervtötend ausfallen. Kaum hat man sich dann zusammengerauft und unter ordentlichem Bleihagel die Geisel aus den Klauen ihres Fast-Zuhälters befreit, beginnt die Flucht. Denn leider hat sich Finsterling Sasha auch diesmal nicht so einfach erschießen lassen, sondern setzt alles daran, Nikolai & Co. in seine brutalen Finger zu bekommen.
Und jetzt beginnt, was diesen Film von normalen B-Reißern abhebt und ihm einen netten kleinen Winkel in unser wohlwollenden Erinnerung einrichtet: Die Odyssee durch das ländliche Russland hin zur finnischen Grenze. Mit wunderschönen Landschaftsaufnahmen, bewusst ruhigen, friedlichen Szenen und ordentlichen Darstellerleistungen in nachdenklicheren Momenten konterkariert der findige Schwede die recht konventionelle (nichtsdestotrotz aber auch sehr unterhaltsame) Einleitung des Films und schafft eine raue, natürlich wirkende, und tatsächlich fast romantische Stimmung, die auch davon profitiert, dass unter anderem in Bulgarien und Sankt Petersburg selbst gedreht wurde. Hier nämlich hat Dolph aus der Not eine Tugend gemacht und die budgetbedingte Drehortwahl auf gelungene Weise in die Story eingebaut, anstatt wie in anderen Actionern immer noch die USA als Schlachtfeld vorzutäuschen.
Die Krönung des Ganzen ist dann der Showdown des Films, in dem die beiden Erzfeinde in einem kleinen Dorf aufeinandertreffen und sich wortwörtlich auf Feldern und in Kuhställen bekämpfen. So seltsam das klingen mag, es bietet nicht nur eine Abwechslung zum sonst üblichen Beton-, Glas- und Stahlsetting, sondern funktioniert auch noch wunderbar und gipfelt in einem blutigen Ende.
The Mechanik bietet zwar weder eine kluge Geschichte (stattdessen leider einige nervende Flashbacks) noch differenziert ausgemalte Charaktere, hält sich also im Grundsatz an die Genrekonventionen, bietet mit seinen gelungenen ruhigeren Momenten und dem ländlich-sympathischen Setting aber zwei Pluspunkte, die den Film zusammen mit den brachialen Shoot-Outs und markanten Darstellungsleistungen aus der Masse herausstechen lassen und ihn zu einer klaren Empfehlung für den Actionfreund machen.