Viel Stress im echten Leben, viel zu tun auf der Arbeit, ein langweiliger Sonntag Nachmittag im Dezember: was eignet sich da besser, als endlich mal wieder einen Film zu schauen? Und passend zur Jahreszeit einen Winterhorror, blutroter Schnee und nicht so vorweihnachtliche Stimmung inklusive – auch wenns bei uns immer Fondue gibt (was das mit dem Film zu tun hat, erfahrt ihr später). Nachdem wir ja bereits
Wrong Turn inklusive
Teil 2 sowie
Teil 3 abgehandelt haben, schließen wir diese Reihe (möglicherweise vorrübergehend?) mal ab und ziehen uns Teil 4 rein. Der will übrigens ein Prequel sein. Einerseits sind die Hintergründe der Inbreds völlig uninteressant, andererseits ist der Streifen dann auch ohnehin kein Prequel. Schön, haben wir das also auch (nicht) geklärt.
Eine Anstalt im Jahre 1974: hier sitzen die jugendlichen Inbreds ein (angeblich haben die sowas wie Charakterzüge und man erkennt die in den einzelnen Filmen – aber da das Make-Up eh dauernd schwankt und die Eigenschaften der Bösewichte völlig Wurst sind, heißen die ab jetzt Inbreds). Als ihnen die Möglichkeit zur Flucht offen steht, nutzen sie diese, töten gemeinsam mit anderen Insassen die Angestellten und sorgen in einer wunderbaren Szene für allerlei Chaos, um letztendlich den Leiter de
r Anstalt auf spektakuläre Weise zu zerfetzen (hier könnte man sich fragen: warum zum Geier steht so ein Mechanismus in der Anstalt?).
2003: eine Gruppe eigenschaftsloser Twentysomethings bestehend aus Whatsherface 1-8 sowie Final Girl nutzen das wunderbare Winterwetter, um einen Ausflug zu machen und zu feiern (never seen this plot before...). Als sie sich verirren und von einem Schneesturm überrascht werden, suchen sie – ihr ahnt es schon – Zuflucht in der verlassenen Anstalt. It's Schnetzel-Time!
Puh.
Also ich habe ja zugegebenermaßen nach dem recht öden Teil 3 nicht allzuviel erwartet. Vor allem, weil erneut Declan O'Brien als Regisseur an Bord ist. Dabei ist der Szenariowechsel sehr erfrischend, es geht eben nicht wieder durch dunkle Wälder, sondern der Film spielt zu 90% in der Anstalt. Die ist zwar optisch auch alles andere als abwechslungsreich, aber wenigstens versucht man mal neue Wege zu gehen. Das ist jedenfalls eine erfrischende Änderung. Dass der Film sich eigentlich als Prequel besteht (so lautet der Untertitel ja „Bloody Beginnings“), aber kein Prequel ist, habe ich ja oben bereits erwähnt – er springt sowieso nach der Pre-Credit-Sequenz in unsere Zeit. Hier muss auch gesagt werden: der Film fängt wirklich gut an, man will ihn danach einfach mögen. O'Brien orientiert sich hier etwas an Teil 2, indem er eine spaßige Grundstimmung schafft, ohne den Film zu einer offensichtlichen Komödie zu machen. Da brechen also die Bösen aus ihrer Zelle aus, das folgende Chaos in der Anstalt wird von klassischer Musik begleitet, und wenn der Opening Kill spektakulär mit dem Zerreißen eines Typen mittels Stacheldraht - irgendwo zwischen Saw und Hellraiser - endet, und in der folgenden Überblende ein junges Pärchen vögelt während sich auf dem Bett nebenan (!) zwei Lesben vergnügen, kann man sich kaum daran hindern, fröhlich zu grinsen und sich das nächste Bier aufzumachen.
Doch leider schlägt der Film dann eine ganz andere Richtung ein. Doch bevor
Spoiler folgen, sei hier erst einmal auf die grundsätzlichen Schwierigkeiten des Films verwiesen. Natürlich stellt niemand an einen solchen Filme hohe Ansprüche bezüglich seiner Story oder seiner Charaktere. Aber selbst für diesen Sektor ist Wrong Turn 4 schon sehr langweilig. Man hangelt sich wirklich von Kill zu Kill, zwischendurch passiert praktisch gar nichts von Interesse. Auch sind die Figuren selten blass, ich konnte mir ohne Übertreibungen nicht einen einzigen Namen merken! Keinerlei Charakterzüge unterscheiden die Figuren untereinander, und einzig das Final Girl ist von Anfang an völlig klar – der Rest ist schlicht Kanonenfutter, und selbst das Mädel ist einem völlig egal. Das erledigt der Film schon beeindruckend, leider im negativen Sinne. Ansonsten sei noch gesagt, dass Wrong Turn 4 zumindest technisch kompetent gemacht ist, und nach „Film“ ausschaut. Und: der Showdown ist relativ fad, aber der Schlussgag ist wirklich cool gemacht und kommt relativ überraschend. Insofern versöhnt der Film da wieder etwas.
Jetzt aber das große ABER: der Film würde sich in gehobener Mittelmäßigkeit platzieren, wenn O'Brien die FX-Szenen anders inszenieren würde. Doch diese sind leider in einem anderen Stil gehalten, als der Rest. Wo der überwiegende Teil des Films halt harmlos-stupider Horror-Schmarrn mit einem Augenzwinkern ist (ich wiederhole mich: der Film versucht auf fast schon beeindruckende Weise gar nicht, Interesse an seinen Figuren zu heucheln), packt O'Brien bei den Goreszenen viel zu oft die Hardgore-Keule aus und bewegt sich im Territorium viehischer Brutalität, wie man sie vielleicht von „Texas Chainsaw Massacre: The Beginning“ kennt (bei dem ich mich immer noch wundere, das sowas in Hollywood produziert wird). Dabei sind die eigentlichen Ideen nicht so das Problem: hätte man die grotesk genug inszeniert, hätte man wunderbar krude Blutspektakel bekommen. Nur lässt O'Brien diese Szenen total ernst wirken und tötet seine Figuren nicht nur auf möglichst kreativ-fiese Weise (das wäre wünschenswert), sondern schlachtet die Armen Opfer regelrecht ab. Einsamer „Höhepunkt“ ist dann eine wirklich recht grauenhafte Szene, in der Whatshisface 3 von den Inbreds mit einem Stacheldraht an einen Tisch geschnallt wird, um ihn anschließend bei lebendigem Leibe zu filetieren und die Fleischteile zu fritieren – und die Chose wird minutenlang von Wimmern und Betteln begleitet. Dass man das ganze auch humorvoller hätte darstellen können zeigt dann auch der Kommentar von Whatshisface 4, als er seinen Freunden berichtet: „They are eating him alive (Troll 2 Anspielung?) like some kind of fucked up fondue!“
Und diese Art der extremen Gewalt (nicht falsch verstehen: das Blut und die Körperteile stören mich gar nicht) stößt mir dann doch etwas sauer auf. Eine Szene wie: Whatsherface 2 wird vor den Augen ihres Freundes an einem Stacheldraht aufgehängt der ihr die Kehle aufschneidet, Freund liegt unter ihr und wird vollgeblutet, und als dann letztlich der Kopf abreißt und samt Körper neben den schwer traumatisierten Freund auf den Boden klatscht, ist das irgendwie nicht so richtig lustig.
Schade. Für Wrong Turn 5 wünsche ich mir also: genauso viel Gekröse, zumindest den Hauch von Figuren, und wieder deutlich mehr Spaß an der Sache. Dann gibt’s auch wieder einen Stern mehr.