Filme über Superhelden gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Die schiere Flut an Adaptionen aus den berühmten Comic-Schmieden
Marvel,
DC Comics und Konsorten entwickelte sich in den letzten Jahren zur regelrechten Gelddruck-Maschine, der etliche Helden einen zweiten oder sogar dritten Kinoauftritt verdankten. Und ein Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht in Sicht. Wäre es da nicht endlich einmal angebracht, den vorherrschenden Superhelden-Hype filmisch-gekonnt auf die Parodie-Schippe zu nehmen? Eine im Grunde interessante Frage, deren Beantwortung uns nur leider auch der vorliegende Film schuldig bleibt. Denn der chinesische Film
"UNZERTRENNLICH - INSEPERABLE" ist nicht etwa die vollmundig auf dem Cover versprochene Superhelden-Parodie, die das Motiv noch suggeriert und auf die alle so sehnsüchtig warten, sondern vielmehr der wohl unheldenhafteste Superhelden-Film der jüngsten Zeit. Klingt paradox, ist es aber gar nicht. Denn Kostümierung nebst Cape lässt nun einmal nicht jeden zwangsläufig zum Bilderbuch-Helden werden. Vielmehr entwickelt Regisseur und Drehbuchautor
Dayyan Eng vor unseren Augen ein eigenwilliges, ruhiges und durch und durch bedächtiges Porträt über einen stinknormalen Menschen, der seinen Platz in der Gesellschaft schlicht noch nicht gefunden hat. Mit (fast) fatalen Folgen:
Würde nicht zufällig
Kevin Spacey ("
American Beauty"
[1999]) nebenan wohnen, wäre unser Film nämlich bereits zu Ende, bevor er überhaupt richtig anfangen konnte. Doch durch das beherzte Eingreifen von Spaceys Figur Chuck wird glücklicherweise verhindert, dass sich unsere desillusionierte, vom Alltags- und Ehetrott verraten gefühlte Hauptperson Li (Daniel Wu) das Leben nimmt. Fortan begleitet Chuck den lebensmüden Li auf Schritt und Tritt, um ihn mittels einer teils eigenwilligen "Therapie" wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Der Beginn einer wundersamen, gleichsam verstörenden Freundschaft, die Li mehr als einmal an seinem Verstand zweifeln lässt...
Das Leben ist immer noch die größte Herausforderung, und nicht wenige zerbrechen an ihr wie eine filigrane Porzellanfigur, die durch eine unbedachte Bewegung vom Tisch auf den Boden der niederschmetternden Tatsachen gefegt wurde. Ein Wink, und plötzlich erinnern einzig Scherben an eine einst vollständige Existenz. Dieses Sinnbild ist bezeichnend für
"UNZERTRENNLICH - INSEPERABLE", der in seiner auf dem Papier doch recht simplen Grundidee (Mann entdeckt endlich seine Berufung im Leben) weitaus Tiefschürfendes versteckt, als man anfangs vielleicht noch meinen mag. So erwartet den Zuschauer nicht etwa ein pausenloses Gag- und Actionfeuerwerk, das einen frisch maskierten Superhelden nebst Gehilfen bei seiner doch recht skurrilen Arbeit zeigt; vielmehr ist dies die mit einigen amüsanten Zwischenschüben angereicherte Lebens- wie auch Leidensgeschichte eines Individuums, welches schlussendlich erkennt, wie wichtig es doch ist, nicht am eigenen Anspruch zu verzweifeln, etwas Besonderes zu sein. Auch wenn es zuweilen schwerfällt.
Das flatternde Cape, die peinliche Maske und der obligatorische Sidekick (verkörpert durch einen abermals grandios aufgelegten Kevin Spacey) sind hier dementsprechend schon nach kurzer Zeit allenfalls nur noch einige Utensilien unter vielen, aber keinesfalls die dringend benötigten Hauptzutaten im Lebens(einheits)brei. Denn nicht die Maske macht den Helden, sondern der Held die Maske. Oder anders gesagt: Das Leben, diese wenn man so will alles umgebende Maske allein, bringt keine Helden hervor. Wie auch, sind es doch die längst schon unter uns weilenden (Alltags-)Helden, die das Leben mitsamt aller Höhen und Tiefen tagtäglich nach ihren individuellen Vorstellungen formen.
Zugegeben, das klingt vielleicht schon sehr weit hergeholt, und sicherlich kann man in
"UNZERTRENNLICH - INSEPERABLE" auch einfach nur einen kleinen Independent-Film sehen, der einige mehr oder minder gelungene Drehbuch-Haken schlägt, um letztlich als allzu offensichtliche Ode an das Leben verstanden zu werden. Denn abseits der doch recht hanebüchenen Story-Wendung, die uns der Film gen Ende kredenzt und damit den Bogen zur Fantasy (über)spannt, funktioniert Dayyan Engs kleine Indie-Perle wunderbar als Zwischendurch-Unterhaltung, über die man nicht viel nachzudenken braucht, wenn man nicht will. Der schick inszenierte und jederzeit gut gespielte Film folgt strikt seinem roten Faden, berührt, ohne dabei rührselig zu sein und schafft es, die Lebensfreude, welche die Hauptfigur dank unterschiedlichster Einflüsse nach und nach wiederentdeckt, über den Bildschirm hinaus direkt auf den jeweiligen Zuschauer zu übertragen. Es ist ein Lächeln, das fortdauert. Und dafür kann man dem Film eigentlich nur danken.
xiè xiè!
Fazit: Klein, clever und lebensbejahend: Dayyan Eng ist mit seinem unterhaltsamen Filmdrama
"UNZERTRENNLICH - INSEPERABLE" ein durch die Bank grundsolides Werk gelungen, unter dessen Oberfläche mehr steckt, als man vielleicht anfangs noch erwartet.
Bilder & Cover: © capelight pictures