von Asokan Nirmalarajah
Action-Fans sind nicht sonderlich anspruchsvolle Gesellen. Wie die Bezeichnung schon andeutet, geht es ihnen bei ihrem cineastischen Speiseplan stets darum, dass auf der Leinwand auch genug Action zu goutieren ist, d.h. die oft umwerfend rasante, zuweilen gar in graziösen Zeitlupen eingefangene Bewegung von (menschlicher) Materie durch Raum und Zeit zwecks möglichst spektakulärer Kollision mit anderen Objekten. Kohärenz in Handlung und Charakterzeichnung werden bewusst ignoriert, um der Destruktion von oft gestählten Körpern und bevorzugt kostspieligen Dingen beizuwohnen. Je seltener sich die Figuren zwischen ihren handgreiflichen Konfrontationen zu Wort melden, und je spartanischer das durchkonstruierte Handlungsgerüst ihre Motive erklärt, umso besser. Von zentraler Wichtigkeit ist dagegen die Identifikation mit dem Helden, dessen agiler, kompetenter Körper die ernüchternde Passivität des Zuschauers kompensieren und den altbewährten Werdegang vom belächelten Außenseiter zum widerwilligen Helden durchleben soll. Und dazu gehören nun mal auch Faustkämpfe.
David Worths allzu wortlastig geratener Prügelfilm
Honor (2006) wird auf der DVD-Hülle als ein Produkt der Macher der unter Actionfans recht populären Martial-Arts-Streifen
Bloodsport (1986) und
Kickboxer (1989) angepriesen. Und in der Tat schreibt sich der seltsam steril fotografierte Film in die Genre-Tradition der erwähnten Jean-Claude-Van-Damme-Filme ein, indem er den Nahkampf verschwitzter Kampfsportler zum primären Schauwert erklärt, findet aber auch genug Zeit, um mit einer Geschichte zu langweilen, die sich ihre Klischeehaftigkeit und Berechenbarkeit nicht eingestehen will und stattdessen glaubt, als moralisch klare Meditation über die verheerenden Konsequenzen mit Gewalt erkämpfter Ehrenkodexe urbaner Jugendbanden den Actionfan zur Nachsicht zu bekehren.
Das moralische und emotionale Zentrum des Films nimmt LT Tyrell (Roddy Piper) ein, der sich als Straßenpolizist in den Straßen von Los Angeles auf seinen Ruhestand als Barbesitzer freut. Doch er hat noch eine Rechnung offen mit dem skrupellos brutalen Bandenführer Ray (Russell Wong), der einst Tyrells Sohn umbrachte und den er nun vor sich selbst zu retten versucht. Doch Ray lässt sich nirgendwo reinreden, und so zieht Tyrell mit seiner hübschen, jungen Partnerin Kate (Linda Parker) vom urbanen Schlachtfeld, um endlich mit seiner Frau Rose (Joanna Pacula) den Ruhestand zu genießen. Doch die Rückkehr von Rays einstigem Freund Gabriel (Jason Barry), der das Söldnerdasein der kriminellen Laufbahn vorzog, bringt die Fraktionen wieder gegeneinander auf, da Tyrell und andere Ladenbesitzer sich nicht mehr von Rays Geldeintreibern schikanieren und erpressen lassen wollen. Es kommt wie erwartet zum Showdown…
Man müsste eigentlich erwarten, dass die Macher von
Honor ihr Zielpublikum kennen und ihnen genau das bieten würden, was sie erwarten. Doch gerade die Action in diesem recht stümperhaft und lieblos dahin geklatschten Martial-Arts-Streifen ist die größte Schwäche des Films, der viel besser als Schwanengesang für den in die Jahre gekommenen Hauptdarsteller Roddy Piper funktioniert. Als WWF-Wrestler „Rowdy“ Roddy Piper zu Ruhm gelangt, ist der sympathisch freche, nun verknitterte Kanadier in der Filmwelt vorwiegend ein Begriff für sein herrlich rotziges Spiel in der Hauptrolle des kultigen Sci-Fi-Horrors
Sie leben! (1988) von John Carpenter, dem im Vorspann von
Honor eine kleine Hommage zuteil kommt. Hier ist er mehr bedächtig und reserviert als traurige Vaterfigur, dem die Söhne wegsterben oder weglaufen. Trotz unfreiwillig komischer Dialoge mag Piper in der arg klischeehaften Rolle des gutherzigen Polizeipensionärs mit Kampfeslust zu überzeugen. Das trifft jedoch nicht auf die übrige Besetzung recht renommierter Martial-Arts-Kämpfer zu, die sich nicht nur mit ihren lachhaft entwickelten Figuren und stupiden Dialogzeilen herumplagen, sondern auch in ihren Kampfszenen keinen rechten Eindruck hinterlassen.
Hier ist jedoch Regisseur und Kameramann David Worth zu tadeln, denn so kraft- und saftlos, um nicht zu sagen einfallslos und ermüdend sind hier die recht blutigen Kämpfe gefilmt, dass jegliches Gespür für Choreographie und physische Grazie verloren geht. In der Tat freut man sich bei
Honor mehr auf die Charaktermomente von Pipers Figur als auf die heftiger beworbenen Kämpfe, womit der Film glatt an seinem Zielpublikum vorbei inszeniert wurde. Da können auch mehr oder minder bekannte B-Film-Gesichter wie Jason Barry (
Beyond Re-Animator, 2003) und Russell Wong (
Romeo Must Die, 2000) nichts bewirken, geschweige denn die
Star Trek: Enterprise-Schönheit Linda Park und die divenhafte Joanna Pacula aus
Gorky Park (1983). Immerhin kann man sich aber auf der für diese nichtige Videopremiere beachtlich ausgestatteten Ascot-Elite-DVD amüsante, selbstironische Interviews mit den Darstellern ansehen. Dabei wollten wir nur ein paar ordentliche Faustkämpfe. Die Welt kann so ungerecht sein. Zu uns. Den Actionfans.