Nacht und Dunkelheit waren den Menschen immer schon unheimlich. In vielen Legenden und Sagen verheißt die Finsternis nichts Gutes und ist ein unheilschwangeres Omen. Schriftsteller wie Edgar Allan Poe, H.P. Lovecraft und – man darf ihn durchaus in einer Reihe mit den ersten beiden phantastischen Autoren nennen – Stephen King wussten und wissen es: mit der Dunkelheit ist nicht zu spaßen, können wir doch nie erkennen was in ihr lauert. Eben war es noch hell und wir fühlten uns wohl, plötzlich geht das Licht aus, und wir fragen uns ob wir denn wirklich alleine sind oder ob da nicht doch eine andere Präsenz lauert, die nur darauf wartet sich im Dunkeln auf uns zu stürzen
Diese fundamentale Furcht schlägt sich in unserem Sprachgebrauch nieder: Redewendungen wie „im Dunkeln tappen“, „eine dunkle Vergangenheit haben“, „eine finstere Miene aufsetzen“ oder die Umschreibung des Teufels mit „Fürst der Finsternis“ weisen darauf hin, dass die Abwesenheit des Lichts meist negativ konnotiert ist.
Auch „Pitch Black“ zu Deutsch: „Rabenschwarz“ startet den Versuch mit der Schwärze der Nacht und dem was sich in ihr verbirgt das Publikum zu ängstigen. Die Story dieses DUNKLEN Weltraummärchens ist dabei schnell erzählt:
Der interstellare Transporter „Hunter Gratzner“ gerät in einen Meteoritenschauer und legt auf einem öden Wüstenplaneten eine spektakuläre Bruchlandung, bei der die FX-Crew und der Tonmeister eine vi
suelle und akustische Orgie feiern, hin. An Bord befinden sich in künstlichen Tiefschlaf versetzte Passagiere, darunter auch der übermächtige Mörder Richard B. Riddick, der vom eiskalten Kopfgeldjäger John gefasst wurde und überführt werden soll.
Doch im Tumult des Absturzes gelingt es Riddick sich aus den Fesseln des Söldners zu befreien. Sind die anderen Überlebenden zunächst noch auf der Hut vor dem Kriminellen, müssen sie schnell erfahren, dass sie von einer anderen, weit größeren Gefahr bedroht werden. Der scheinbar tote Planet wird nämlich von geflügelten Monstren behaust, die sich nur in der Dunkelheit hervorwagen. Zuerst sind die Menschen noch zuversichtlich, dass ihnen nichts passieren kann. Immerhin hat der Planet drei Sonnen und es ist immer hell. Doch alle 23 Jahre gibt es eine Eklipse mit einer totalen Finsternis, die ausgerechnet jetzt (was für ein Zufall!) bevorsteht, und ist das Licht erst einmal geschwunden soll die Dunkelheit lange währen.
Um ihr Leben zu retten sind die ungleichen Charaktere gezwungen zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu helfen. Obwohl man dem listigen Riddick nicht trauen kann, stellt sich schon bald heraus, dass auch John kein tugendhafter Mensch ist und nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht die anderen Überlebenden gegeneinander aufhetzt.
Mag auch die Story sehr dünn und alles schon einmal da gewesen sein, ist „Pitch Black“ doch besser als man erwartet hat. Einerseits werden dem Zuseher sehr unterschiedliche und bunt zusammen gewürfelte Charaktere geboten, wobei nicht vorhersehbar ist wer überleben wird, andererseits wird die Spannung sehr langsam aufgebaut. Gerade die erste Hälfte, in der die Protagonisten eingeführt werden, Riddick ‚gezähmt’ wird und die Überlebenden das Geheimnis des Planeten ergründen, gestaltet sich spannend, und man kann Regie und Drehbuch zu Gute halten, dass sie zumindest versuchen ihren handelnden Akteuren Leben einzuhauchen und ihnen Tiefe zu geben, auch wenn dieser Ansatz von Feinzeichnung später im Sumpf der Effekte versinken wird.
Die Schauspieler, allen voran Vin Diesel, der nicht nur physisch sondern auch in der Rolle des gefinkelten Schwerverbrechers gigantisch ist, liegen mit ihren Leistungen eindeutig über B-Movie Niveau und zeigen Bemühen.
Drei Sonnen sorgen für eine unwirkliche und drückende Beleuchtung und verschaffen zusammen mit außergewöhnlichen Sets dem Film einen sehr irrealen und einzigartigen Look. Die Optik mit ihren stark verfremdeten Farben und überbelichteten, grobkörnigen Aufnahmen, dem beeindruckenden Sonnenuntergang, der einen riesigen Planeten am Horizont erscheinen lässt, interessanten Perspektiven und Riddicks Ego Perspektive und Nachtsicht garantiert ganz großes Science-Fiction Kino mit einer visuellen Verfremdung wie man sie nur selten in Filmen geringen Budgets erlebt, und betont damit den Kontrast zu der später eintretenden totalen Finsternis.
Die Soundeffekte sind sehr dynamisch, lassen das Geschehen mit Brachialgewalt krachen und nutzen alle Möglichkeiten des Surroundverfahrens, um die nimmersatten mutierten Riesenfledermäuse beängstigend über und um den Zuseher fliegen zu lassen.
Das Problem beginnt erst in der zweiten Hälfte, wenn die Dunkelheit Einzug hält, und die Viecher Jagd auf das Frischfleisch machen. Vielleicht wäre es wirkungsvoller gewesen wenn man die computeranimierten Kreaturen nicht sofort gezeigt, sondern längere Zeit mit Geräuschen, Schreien und Schatten gearbeitet hätte. Stattdessen verlieren sich hier Spannung und die in der ersten Halbzeit gut konstruierte Atmosphäre im digitalen visuellen Overkill.
Das ist eben das Problem von Filmen, die mit der Angst vor der Dunkelheit spielen wollen. Egal ob Twohys „Pitch Black“, „Fear of the Dark“ (2002) „They – Sie kommen“ (2002), „Der Fluch von Darkness Falls“ (2003) oder „Boogeyman – Der schwarze Mann“ (2005) wirklich gruseln können sie ihr Publikum nicht. Stattdessen zeigen sie die Bedrohung viel zu früh und machen aufgrund der heutigen Möglichkeiten von FX und digitaler Technologie aus einem guten Konzept flache Actionknüller.
Die Überlebenden verhalten sich auf ihrer Flucht völlig nach Schema F. Anstatt am selben Tau zu ziehen geraten sie sich in die Haare, gefährden in ihrer Hysterie die anderen, und John und Riddick starten in ihren Testosteron-Wallungen zu allem Überfluss noch einen persönlichen Krieg und Zweikampf. Der gottesfürchtige Imam Abi hingegen, der zwei seiner Söhne an die Ungeheuer verliert, bleibt in seinem Glauben stark und lässt sich auch durch Riddicks ständige Sticheleien in seiner Gottesfurcht nicht beirren sondern setzt dem ganzen Chaos durch blumige orientalische Weisheiten noch die Krone auf. Die tragende Identifikationsfigur und Quotenblondine Captain Carolyn Fry darf clevere und hilfreiche Einfälle haben und manchmal etwas mit Riddick, der auf ihre Haarfarbe steht und sich gleich zu Beginn heimlich eine Locke abschneidet, anbandeln.
Der Schluss vermag dann allerdings wieder zu überraschen, denn bis auf den coolen Machosprüche klopfenden Riddick überleben nur zwei unbedeutende Nebenrollen, und sogar die ansehnliche Carolyn landet doch nicht wie man die längste Zeit vermutet in Riddicks Bett sondern im Fressnapf der Geflügelten.
Fazit: Der in Australien gedrehte „Pitch Black“ ist trotz seiner Schwächen und inszenatorischer sowie dramaturgischer Widersprüche effektvolles und spannendes Unterhaltungskino mit viel Blut, zerfetzten, auseinander gerissenen Körpern und Gore. Die Bestien sind zwar nicht sonderlich interessant designt, das gehört aber nun einmal zu einem trashigen B-Movie und soll deswegen nicht negativ in die Bewertung einfließen.
Die spannende Einführung und Erkundung des Planeten, die Darstellung des coolen Antihelden Riddicks, der im Gegensatz zu anderen Filmen dieser Art vom Anfang bis zum Ende unsympathisch bleibt, seinen hohen A…faktor auch zum Scluß nicht verliert und nicht die für das Genre übliche Wandlung vom Bösewicht zum Good Guy durchmacht, und kein „gutes“ Ende liefern etwas mehr zusammengeklaute Originalität (widersprüchlich formuliert, aber auch im Klauen kann man originell sein), als andere Filme des Alien-Horrors.