Der Drummer Roberto Tobias (Michael Brandon) fühlt sich seit einiger Zeit von einem unbekannten Mann verfolgt. Als ihm dieser eines Nachts erneut auffällt, folgt er ihm bis in ein Theater und will ihn dort zur Rede stellen. Dabei kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern, bei welcher Roberto seinem Verfolger aus Versehen ein Messer in den Körper rammt und jener tot zusammenbricht. Daraufhin sieht der unfreiwillige Totschläger eine weitere mysteriöse Gestalt mit einer Maske auf einem der Balkone, welche Fotos von dem Vorfall gemacht hat.
Am nächsten Tag entdeckt Roberto die Fotos zwischen seinen Schallplatten und ihm wird bewusst dass irgendjemand aus seinem Freundeskreis ein grausames Spiel mit ihm treibt.
Schließlich kann er aufgrund seiner Schuld nicht die Polizei einschalten und auch seiner Frau Nina (Mimsy Farmer, bekannt aus „The Perfume Of The Lady In Black“ und „Autopsy“) erzählt er vorerst nichts von seiner Situation. Nachts wird er nun allerdings regelmäßig von einem Alptraum einer altertümlichen Exekution gequält: Bevor er jedoch das Gesicht des Verurteilten vor dessen Enthauptung erkennen kann, erwacht er jedes Mal.
Als sich nun Morde in seinem direkten Umfeld ereignen, sucht Roberto bei dem abgewrackten Godfrey (dargestellt vom italienischen Kultstar Bud Spencer) und dem schwulen Privatdetektiv Arosio (Jean Pierre Marielle) Hilfe. Langsam lassen sich die verschiedenen Puzzleteile zusammensetzen, doch je näher die Beteiligten dem Geheimnis kommen, desto mehr begeben sie sich in tödliche Gefahr…
„Vier Fliegen auf grauem Samt“, welcher 1971 an verschiedenen Drehorten in Italien entstanden ist, stellt nach „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ (
„The Bird With The Crystal Plumage“, 1970) und „Die neunschwänzige Katze“ (
„The Cat O' Nine Tails“, 1971) den dritten Teil der von Italiens Giallo-Meister Dario Argento erdachten „Tier-Trilogie“ dar, deren Werke allerdings inhaltlich nicht zusammenhängen, sondern lediglich durch die Tatsache zusammenhängen, dass das betreffende Tier im Titel stets einen Schlüssel zur Lösung des Geheimnisses beinhaltet.
Nun handelt es sich bei dem vorliegenden Film ohne Zweifel um das rarste Werk des Horror-und Thriller-Visionärs, weshalb der Fan bisher auf alte Tapes und qualitativ eher miese Bootlegs zurückgreifen musste. Der Grund dafür dürfte an der Tatsache liegen, dass die Rechte des Streifens für den amerikanischen Markt bei „Paramount“ liegen, die es bisher nicht fertig gebracht haben, „Vier Fliegen“ eine würdige DVD-Umsetzung zu spendieren bzw. ihre Vertreiber-Stellung für den Film an eine kleinere Firma wie „Anchor Bay“, die dort viele Perlen des Regisseurs in edlen Editionen herausgebracht hat, abzutreten.
Ein möglicher Grund, warum Argento sich bisher nicht selbst für eine Neuauflage seines Filmes stark gemacht hat, könnte darin liegen, dass der Regisseur mit seinem Endprodukt selbst nicht völlig zufrieden ist. Man muss an dieser Stelle festhalten, dass „Vier Fliegen“ tatsächlich nicht so fesselnd wie der Erstling und auch nicht so homogen wie das etwas schwächere Zweitwerk geraten ist: Schließlich stellt er auch den Schnittpunkt zwischen den doch eher traditionellen Krimi-Wurzeln Argentos zu einem höheren künstlerischen Anspruch dar, welchen er mit dem Folgewerk „Profondo Rosso“ (
„Deep Red“, 1975) vollends entfalten kann.
Die Schwächen von „Vier Fliegen“ sind offensichtlich und dürften wohl so einige Zuschauer irritieren. Da wäre zunächst einmal der Vorspann, welcher einem Videoclip einer 70s-Rockband (der Hauptcharakter ist schließlich Drummer und ist hier mit seiner Band zu sehen) gleichkommt und trotz seiner recht gelungen Umsetzung kaum auf die Atmosphäre des Films einstimmen kann. Was darauf folgt ist die knappe Einführung von Roberto, welcher vom Hauptdarsteller Michael Brandon nicht mit besonders viel Elan zum Leben erweckt wird. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass dem Protagonisten die durchaus ernsten Ereignisse nicht so sehr kratzen, wie dies im wirklichen Leben normalerweise der Fall wäre. Zwar agieren auch in anderen Filmen des Regisseurs die Darsteller oft traumwandlerisch, doch bei Brandon bekommt man leider manchmal den Eindruck als sei er gerade erst aus dem Bett gekrochen – wirklich aufblühen tut er nur in recht wenigen Szenen.
An die ersten Spannungsszenen von „Vier Fliegen“ (der von Roberto begangene und vom Mörder fotografierte Totschlag) schließt sich eine kurze Filmstrecke an, die durch ihre übertriebenen humoristischen Einlagen (der erste Auftritt von Bud Spencers dargestellter Figur „God“ Godfrey wird von einem „Hallejuliah“-Chor untermalt…) den Zuschauer zunächst die Nase rümpfen lässt.
Einige Gags sind zwar bereits in den Vorgängern vertreten gewesen, doch hier hat es Argento ein wenig sehr auf die Spitze getrieben. Wer nun allerdings entsetzt nach der Fernbedienung greift um der Gaudi ein Ende zu bereiten, verpasst einen am Ende doch noch sehr geglückten Abschluss von Argentos erster Trilogie (mit
„Suspiria“ wird der Maestro 1977 eine zweite in Angriff nehmen…).
Irgendwie ist es schon erstaunlich, wie der Regisseur es schafft, die genannten Mängel durch einige äußerst gelungene Szenen (hier sei die Mordszene im Park besonders hervorgehoben) und einen nun stetig steigenden Spannungsaufbau auszubügeln und das Ganze sogar mit einer (vor allem für einen Film von ´71) spektakulär umgesetzten Endsequenz zu krönen. Auch sollte erwähnt werden, dass die Auflösung der Geschichte – die trotz einem nach einem riesigen Schild mit der Aufschrift „Realitätsverlust“ schreienden Einfall - als geglückt verbucht werden kann. Die Morde sind von Argento natürlich wieder in üblicher Manier aus der Sicht des Killers gehalten und sind teilweise für die damaligen Verhältnisse sehr brutal geraten.
Nach „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ und „Die neunschwänzige Katze“ arbeitet er zudem das dritte und – bis zu seinem 1996 gedrehten Werk „The Stendhal-Syndrome“ – letzte Mal mit dem meisterhaften Komponisten Ennio Morricone (
„Spiel mir das Lied vom Tod“, „Frantic“, „Im Vorhof der Hölle“) zusammen, dessen Soundtrack auch hier perfekt zum Film passt und oftmals allerdings durch Schlagzeug/Bass-Einlagen ergänzt wird.
Leider erlauben es die genannten Umstände nicht, das Werk auf Grundlage einer qualitativ ansprechend gemasterten Version zu rezensieren, daher fällt es tatsächlich schwer, eine Aussage über diverse audio-visuelle Aspekte zu machen. Letzten Endes bleibt also die Feststellung, dass „Vier Fliegen auf grauem Samt“ nicht unbedingt einen absoluten Meilenstein im Schaffen Dario Argentos darstellt, aber dennoch auf jeden Fall das Prädikat „gut“ verdient…mit Vorschau auf das folgende Meisterwerk:
PROFONDO ROSSO