American Werewolf in London. Kevin allein in New York. Schweinchen Babe in der großen Stadt. Der weiße Hai in Venedig. Asterix in Ame - wait, what? „Der weiße Hai in Venedig“? Tatsächlich, so lautet der alternative deutsche Titel von „Shark in Venice“, dem neuen Haiklopper von Danny Lerner, der ja Genreerfahrung schon mit
Raging Sharks und Shark Zone sammelte. Produziert hat die Graupe dann auch niemand anderes als Avi Lerner, Trevor Short und Boaz Davidson. Lerner? Short? Davidson? Urghs, wir haben es also tatsächlich mit einem Tierhorrorklopper aus dem Hause Nu Image zu tun, eben jener Hinterhofklitsche, die uns einerseits Heuler wie
Operation Delta Force besorgte, uns aber auch immer wieder mal mit sehr feiner Genreware wie
Iceman verwundern konnte. Keine Panik, bzw. halt doch Panik: „Der weiße Hai in Venedig“ ist nicht etwa das Heimvideo des weißen Hais im Urlaub, sondern wahrlich eine Gurke vor dem Herrn, und eben kein gelungenes Futter für Fans.
Um Haie in Venedig geht’s eigentlich nämlich fast gar nicht. Mafioso Vito Clemenza überwacht eine Expedition in Venedigs Kanälen. Die Taucher rund um Professor Franks sollen eigentlich einen geheimnisvollen Schatz der Medicci finden, enden aber als Haifischfutter. Sohn David Franks, der in Amerika an einer Un
i lehrt (Tauchen oder sowas), erfährt davon und macht sich mit seiner Verlobten Laura, ebenfalls Dozentin (und Expertin für die Medicci, welch Zufall aber auch), nach Venedig auf, um der Sache auf den Grund zu gehen. Als Todesursache wird nämlich eine Schiffsschraube angegeben, und beim örtlichen Tauchgang findet David dann auch den Schatz, während sein Kollege ebenfalls von den Haien vernascht wird. Davon erfährt dann wiederrum eben Clemenza, unterbreitet David ein Angebot von 20 Millionen Dollar um den Schatz zu finden, und entführt Laura als Argumentationshilfe...
Argh! Die Idee, sich Haie in Venedigs Kanälen austoben zu lassen ist ja eigentlich wahnsinnig genug, um einen munteren Tierhorrorspaß auf die Beine zu stellen. Das Problem das sich aber bei Haifilmen stellt: entweder sie sind Scheisse, oder sie haben zumindest ein minimales Budget; und „Shark in Venice“ hat definitiv kein Geld zur Verfügung gehabt. Hauptdarsteller Stephen Baldwin, im Gesicht auf Cortison, am Bauch in Captain-Kirk-Bauch-einzieh-Gedenkmodus hampelt durch Stock Footage der italienischen Stadt und ansonsten durch Ostblock-Kulissen, die uns Italien vortäuschen sollen, um sich dann letztendlich gegen Dokuaufnahmen von Haien zur Wehr zu setzen. Richtig gelesen, es gibt im ganzen Film nicht ein einziges Haimodell das mit den Darstellern interagieren kann. Es sieht zwar in vereinzelten Attacken so aus, diese sind aber so schnell geschnitten und dilettantisch inszeniert, dass einem die Sache sowieso am Hintern vorbeigeht.
Namen- und gesichtslose Taucher werden von Dokuaufnahmen gefressen während sich Baldwin durch einen halbseidenen Krimiplot kämpfen muss; klingt langweilig? Und wie es das ist. Die Geschichte ist lächerlich geschrieben, potentiell wichtige Szenen enden im Nirgendwo (David findet das Notizbuch seines Vaters, dass ein bisserl Exposition enthält, die er sicherlich auch in der wikipedia hätte nachlesen können, bzw. einfach seine Verlobte zu fragen wäre sicherlich zu einfach gewesen, immerhin ist die angeblich Expertin auf dem Gebiet!), und technisch ist die Gurke auch noch äußerst lachhaft und voller Goofs. Herrlich, wie die Taucher mit Mundstücken zum Atem scheinbar problemlos funken können, dabei jedoch kein einziges Mal den Mund bewegen, von zwei halbseidenen CGI-Effekten von Haiangriffen, für die sich RTL in einem TV-Film schon schämen würde, ganz zu schweigen.
Ganz grauenhaft ist dann aber nicht nur Baldwins schlafwandlerische Perfomance, sondern viel mehr, dass Regisseur Danny Lerner in all der drittklassigen C-Action vergisst, dass er ja eigentlich einen Haifilm drehen wollte oder sollte. Zwei völlig kontextlose und darüberhinaus äußerst mies getrickste Haiangriffe auf Zivilisten müssen uns im Mittelteil daran erinnert, dass wir ja eigentlich einen Haifilm sehen, während die restlichen Haiattacken auf Taucher auch problemlos durch andere Mafiataucher hätten ersetzt werden können – es würde keinen Unterschied machen, nur das Gimmick des Films wäre dann halt hinfort.
Brillant durchgeknallt ist dann die Tatsache, dass Oberfiesling Clemenza die Haie doch tatsächlich selbst ausgesetzt hat, als seine Wachhunde, wie er es ausdrückt. WAS ZUM GEIER? Was sollen die bewachen? Den Schatz? Verdammte Axt, es geht die ganze Zeit darum, dass Clemenza diesen Schatz eben sucht! Ist natürlich die enorme Logik dieses Films, man setze Haie aus, um dann einen Taucher nach dem anderen zu verheizen bei dem Versuch, einen Schatz in haiverseuchtem Gewässer zu finden,
das man gerade selbst mit den Haien verseucht hat! Argh, mein Gehirn. Garniert mit torfnasigen „Stunts“ in Zeitlupe (ein Wheelie - wow! Baldwin rennt in Zeitlupe durch einen Karton - wow²!), null Budget, und nur wenigen Szenen die vielleicht tatsächlich in Venedig gedreht wurden, funktioniert „Shark in Venice“ leider vielmehr als Einschlafhilfe, anstatt als unterhaltsamer Haiklopper.
Was bekommt man also? Nunja, einen angeblichen Haifilm, der sich als Mafiakriminalfilmchen entpuppt, in dem ein abgewrackter Hauptdarsteller durch den Ostblock poltert, ausgeschmückt mit ein wenig Geschmodder in den Kreuzritterszenen (ja, ihr habt richtig gelesen, Kreuzrittergemetzel in einem fuckin' shark movie!), Mafiosi im Ninjamodus, Verfolgungsjagden die ständig über den selben Platz und an den selben Statisten vorbeigehen, und mit einem Plotpoint um den Ursprung der Haie, der seine Existenzberechtigung nur dadurch bekommt, dass der Bösewicht von seiner eigenen Kreation gefressen wird. Aber diese schon hundert mal gesehen „Ironie“ reißt den Hirnmist dann auch nicht mehr raus. Trotzdem bedanke ich mich herzlich bei 3L-film für die Bereitstellung des Presseexemplars. Schön dass auch die Anhängsel von eingekauften guten Filmen veröffentlicht werden, wenn man die eh im Paket erwerben muss. Oder war das Absicht, die Gurke zu kaufen?