Es ist an der Zeit, seine Meinung zu dem Regisseur Christopher Smith, den man nach seinem mittelprächtigen „Tunnel der lebenden Leichen“-Verschnitt „Creep“ (2004) zu Unrecht womöglich vorschnell als Genre-Stümper abgestempelt hat, spätestens nach der Sichtung von „Black Death“ zu überdenken.
Obwohl ja eigentlich bereits dessen Zweitwerk, die böse Splatter-Satire „Severance“ (2006), einen Schritt in die richtige Richtung markiert hat und der darauf folgende Mystery-Thriller „
Triangle“ (2009) eine kleine, leider unterschätzte Perle am Genre-Strand darstellt, ist das Talent des sympathischen Briten allerdings mit seiner neuen Arbeit nun zur vollen Blüte herangereift.
Eine dynamische und tiefgründige Geschichte, interessante Charaktere sowie atemberaubende Aufnahmen und Sets (gedreht wurde übrigens im deutschen Sachsen-Anhalt) sind unter anderem die Zutaten, die Smiths Historien-Horror im Stil von Werken wie „Der Hexenjäger“ (1968) oder „Hexen bis aufs Blut gequält“ (1970) zu einem beachtlichen und wahrlich fesselnden Kino-Erlebnis machen.
Im Jahre 1348 hat die Pest in ganz Europa bereits Millionen von Menschen dahingerafft.
Aus Angst vor der tödlichen Bedrohung flüchten sich viele Verzweifelte in den Glauben, dass die Krankheit in Wirklichkeit eine Form von göttlichem Strafgericht darstellt.
Irgendwo soll nun allerdings ein abgelegenes Dorf existieren, dessen Bewohner bisher von dem
Schwarzen Tod verschont geblieben sind.
Der Ritter Ulric (Sean Bean schlüpft hier rein optisch erneut in seine Boromir-Rolle) wird mit einer Gruppe von Kämpfern und Folterern von der Kirche entsandt, um den dortigen Nekromanten zu stellen und dem offensichtlich teuflischen Treiben ein Ende zu bereiten.
Um den Ort aufzuspüren, werden die Männer von dem jungen Mönch Osmund (überzeugend natürlich: Eddie Redmayne, „Elizabeth - Das goldene Königreich“) begleitet, der im Grunde nur seiner geheimen Liebe folgt und sich von den rauen und konsequenten Handlungen seiner neuen Gefährten auf dieser gefährlichen Reise durch eine reale Hölle zunächst äußerst schockiert zeigt.
Nach Verlusten in den eigenen Reihen erreichen sie schließlich die Gemeinschaft, welche von der attraktiven aber offensichtlich wenig gottesfürchtigen Langiva (Carice van Houten, „
Black Book“) geleitet wird und die Fremden zunächst herzlich willkommen heißt.
Doch schon sehr bald stellt sich heraus, dass die anfängliche Gastfreundschaft nur dem äußeren Schein dienen sollte und in dem Dorf unheimliche Dinge geschehen…
Wenn man die Rezension ausnahmsweise mal mit den Kritikpunkten beginnen möchte, fällt eigentlich bereits auf, dass es an dem großartigen „Black Death“ tatsächlich nichts Gravierendes zu bemängeln gibt.
Abgesehen von der Entscheidung des Regisseurs, nicht nur die eindringlichen Schlachtszenen, sondern auch einige ruhigere Momente mit einer für diese Art von Film eher gewöhnungsbedürftigen Wackelkamera einzufangen, funktioniert dieser von der ersten bis zur letzten Minute - ohne zwischenzeitlich von inhaltlichen oder dramaturgischen Durchhängern unterbrochen zu werden - ganz ausgezeichnet.
Selbst wenn auch hier durchaus Inspirationen von älteren Klassikern wie den eingangs erwähnten Arbeiten oder Robin Hardys Meisterwerk „The Wicker Man“ (1973) und Jean-Jacques Annauds Umberto Eco-Verfilmung „Der Name der Rose“ (1986) erkennbar sind, werden diese Elemente von Christopher Smith nicht plump in einen großen Topf geworfen, sondern kunstvoll und harmonisch in seine bittere Geschichte über blinden Glauben, die Verführung des Hasses und letztendlich die Grausamkeit des Menschen eingewoben.
Im Zentrum der Odyssee steht übrigens nicht der in seine Mission verbissene Ulric.
Die weitaus interessantere Figur ist der naive Osmund, der bei seiner Entscheidung, die Männer zu unterstützen, unwissentlich mehr als sein Leben riskiert.
Er ist derjenige, auf den die folgenden, qualvollen Erlebnisse den größten Einfluss nehmen und ihn im Verlauf des Films unerwartete Dinge tun lassen.
„Black Death“ läuft nicht auf die einfache Aufklärung von irgendwelchen übersinnlichen Mächten hinaus, sondern ruft an seinem bedrückenden und finsteren Endpunkt noch einmal sämtliche Stationen der erbarmungslosen Reise ins Gedächtnis.
Ob und was genau in dem geheimnisvollen Dorf geschieht, spielt in der nach einem Drehbuch von Dario Poloni („Wilderness“) entstandenen, britisch-deutschen Produktion eigentlich nicht die größte Rolle – es geht um die Seelen der Protagonisten, um die Frage, wie lange ein Glaube standhält, bis der Zorn und die Enttäuschung an diesem zerren.
Die zum Teil verstörenden Bilder werden sich nach dem Ansehen noch eine Weile in den Köpfen der Zuschauer festsetzen und dieses grandiose und komplexe Werk so schnell nicht vergessen lassen.
Christopher Smith darf sich mit dieser famosen Leistung schon nachdrücklich zu den neuen Größen des Genres zählen.