(USA, 1990)
"This is my house. I have to defend it."
Ganz im Ernst: Hat sich jemals auch nur ein Mensch für den Rest des Films interessiert?
Ich meine, niemand schert sich um die ersten 80 Minuten dieses Werkes, das von Anfang an reif war, von der Welt nicht beachtet zu werden. Wäre da nicht das berühmte und berüchtigte Finale mit den Einbrechern Joe Pesci und Daniel Stern, diese grandios-gnadenlose, sadistische Brutalitätenparade, auf die die Kinogänger damals schon so scharf waren. Der Rest ist Überflüssigkeit in Bild und Ton.
Und die geht so. Der kleine Kevin McCallister (Macaulay Culcin) ist der jüngste Spross in einer extrem vielköpfigen Familie, die ein großes Haus in einem prototypischen amerikanischen Vorort von Chicago bewohnt. Die Vorbereitung für den Feiertagebesuch bei Verwandten in Paris laufen auf Hochtouren. Dabei sehen wir, dass der kleine Kevin es nicht einfach hat mit seiner Verwandtschaft, die ihn latent als schwächstes Tier der Herde brandmarkt. Nachdem er wegen angeblichen Ungehorsams auf den Dachboden verbannt wird, wünscht er sich in einer Stunde der Bitternis, seine Familie möge verschwinden.
Und da in Weihnachtsfilmen öfters mal Wünsche wahr werden, geschieht dies auch. Am nächsten Morgen wird Kevin von den hektischen McCallisters einfach vergessen. Erst im Flugzeug durchfährt es Mutter Kate (Catherine O´Hara) wie ein Blitz. Während dessen feiert Kevin die neue Unabhängigkeit. Kauft alleine ein, schwängt mit Sonnbrille einen Kamm vor dem Badezimmerspiegel und singt hinein. Lernt den kauzigen Schneeschipper Marley (Robert Blossum) kennen, vor dem die Kinder Angst haben. Doch natürlich ist er ein armer, alter Mann, der seit 20 Jahren nicht mehr mit seinem Sohn geredet hat.
Kitsch eben.
Aber wie gesagt, das ist das Beiwerk. Regisseur Chris Columbus hätte im Grunde auch einen Kurzfilm machen können. Im Grunde geht es um das Gaunerpärchen Harry (Joe Pesci) und Marv (Daniel Stern). Die spionieren schon seit geraumer Zeit um das Haus der McCallisters herum, haben auch schon in der Nachbarschaft eingebrochen. Nach einigen gelungen Scharadespielchen kann Kevin nicht verhindern, dass sich die beiden sein trautes Heim als letzten großen Bruch aussuchen. Was dann auf der Leinwand passiert, ist im Grunde Krieg. Es sieht zwar nicht ganz so aus wie das, was man Abend für Abend in den Nachrichten sehen und mit einem Schulterzucken ignorieren kann, aber so in etwa lässt sich diese Viertelstunde beschrieben. Der kleine Kevin, der sich sein Spielzeuggewähr anschnallt und sich dazu entschließt, Haus und Hof gegen die Eindringlinge zu verteidigen, erinnert irriger Weise an palästinensische Kindersoldaten. Er steht stramm, hat den Ernst der Lage voll begriffen, und jeder Anflug von Kindsein ist aus seinen Augen verschwunden.
Und so wappnet er sich für das was kommt. Haushaltsgegenstände und Spielzeug werden zu Fallen und Waffen umfunktioniert, das Haus wird zur Festung. Roger Ebert fühlte sich in der Chicago Sun-Times sogar an das Anwesen aus Wes Cravens
Last House on the Left (
Das letzte Haus links, 1973) erinnert. An Harry und Marv wird so ziemlich alles ausprobiert, was weh tut. Den beiden werden schwere Farbeimer, Eisenwaren und Holzbalken an den Kopf geworfen, Nägel in die Nase gehauen, sie treten barfuss auf Christbaumkugelscherben, werden von rumpelnden Aktenschränken überfahren, Hände werden mit glühenden Türklinken verbrannt und Haare mit Flammenwerfern abgefackelt. Ein absurdes Fest der Folter, bei dem richtige Menschen schon zehnmal totgegangen wären. Tom und Jerry in echt. Man kann drüber lachen, weil wir ja wissen: Alles nur Spass, alles nur Film, und die haben's doch wohl verdient, oder?!
Zum Schluss kommen die beiden natürlich in den Knast und Kevins Mutter nach Hause, die beiden fallen sich in die Arme, und der mittlerweile zur Wertschätzung des Familiären geläuterte Dreikäsehoch bringt den alten Marley wieder mit seinem Sohn zusammen.
Und dann haben wir alle begriffen, worauf es an Weinachten, dem Fest der Liebe, wirklich ankommt. Auf, naja, Liebe halt. Demnächst auch bei uns wieder im friedlich-lieblichen Weihnachtsprogramm, auf einem Sendeplatz irgendwo zwischen
Braveheart und der
Herr der Ringe-Trilogie.