Hölzern, ausdruckslos und enervierend zähflüssig. Das sind pejorative Adjektive, die auf Rupert Sanders „
Snow White and the Huntsman“ (2012) am laufenden Band einschlugen. Die Intention allerdings, „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ auf den modernen
Live-Action-Kino-Usus anzuheben und das Mädchen mit den dunklen, ebenholzgleichen Haaren zum gestiefelt und gespornten Jean dArc-Verschnitt zu erklären, war keine grundsätzlich miserable. Ohnehin versprechen die Märchen-Umarbeitungen à la „
Alice im Wunderland“ (2010) und „Maleficent – Die dunkle Fee“ (2014) dieser Tage einen respektablen Umsatz, was nicht nur die (entbehrliche) Existenz von „Snow White and the Huntsman“ erklärt, der immerhin gut 400 Millionen Dollar in die Kassen schwemmte, sondern auch, warum das Fantasy-Debakel mit „The Huntsman & The Ice Queen“ eine weitestgehend unerwünschte Fortsetzung bekommt. Nun darf sich Cedric Nicolas-Troyan, zuvor eher oscarnominierter Mann für die Spezialeffekte, in Debütantenrolle an der Regie versuchen und das ausbessern, was Sanders gut 4 Jahre zuvor vermasselt hat.
Sicherlich, nicht alles an „Snow White and the Huntsman“ war missraten, immerhin schenkte uns der 170 Millionen Dollar schwere Blockbuster eine idealbesetzte Charlize Theron („
Mad Max: Fury Road“), die als tobsüchtige Königin in jeder einzelnen Szene brillierte. Danach allerdings wurde es äußerst knifflig, dem Film ein ernstgemeintes Lob entgegenzubringen. Um es schon einmal vorwegzunehmen: „The Huntsman & The Ice Queen“ ist besser als sein Vorgänger, was aber nicht gleichbedeutend damit ist, dass Cedric Nicolas-Troyan einen gelungenen Spielfilmeinstand feiert. Ohne Kristen Stewart („
Breaking Dawn - Bis(s) zum Ende der Nacht - Teil 1“), die dem Projekt angeblich ferngeblieben ist, weil ihr das Drehbuch nicht zugesagt hat und sich auch heute vor der Regenbogenpresse für ihre Affäre mit dem damals verheirateten Rupert Sanders rechtfertigen muss, findet „The Huntsman & The Ice Queen“ ihre feminine Kompensation in Jessica Chastain („
Interstellar“), die sich nun Seite an Seite mit Chris Hemsworth („
Thor“) durch die Wälder schlagen darf.
Allgemein lässt die weibliche Besetzungsliste die Zunge schnalzen, denn nicht nur Jessica Chastain zeigt sich in hautenger Lederkluft, auch Emily Blunt („Sicario“) ist als titelgebende Eiskönigin Freya mit von der Partie, während Charlize Theron als verschlagene Ravenna zu Anfang und zum Ende des Films noch einmal ordentlich mitmischen darf. Manch einer wird sich jetzt wohl die Frage stellen, wie es möglich ist, dass Ravenna im Nachfolger bei vollem Bewusstsein die Stirn in Hassfalten legen darf. Die Antwort lautet: „The Huntsman & The Ice Queen“ ist nicht nur sequentielle Weiterführung, sondern auch Prequel, in dem die von Tragik regelrecht ummantelte Geschichte der Ice Queen aufgefächert und zum narrativen Katalysator wird. Denn nachdem ihr das Herz gebrochen und jedwede Hoffnung auf eine rosige Zukunft im Schoße der eigenen Familie genommen wurde, brach sie auf, um ein eisiges Königreich in winterlicher Einöde zu errichten, in dem sich die Liebe als unverzeihliche Sünde verleugnet sieht.
Natürlich, das wissen wir nicht erst seit „
Schlaflos in Seattle“, kann man der Liebe ernsthaft keinerlei Einhalt gewähren. Und der Kampf, den der Huntsman und seine Holde Sara angehen, ist keiner, der sich um des Krieges willen entlädt, der politische oder wirtschaftliche Ziele legitimieren soll, sondern einer, der der Liebe Auftrieb verleiht. Dementsprechend sympathisch gestaltet sich „The Huntsman & The Ice Queen“, wenn er in ganz und gar naiv-romantischer Taktung aufzeigt, wie der Huntsman sich auch mal von seinen weiblichen Gefährten unterbuttern lässt – und es einfach hinnimmt. Ob Cedric Nicolas-Troyan aber in der Lage ist, Innovatives aus dem Köcher zu zaubern und einen Funken schöpferische (Spreng-)Kraft freizusetzen, muss negiert werden. Im Prinzip ist „The Huntsman & The Ice Queen“ ein konfuses Konstrukt, dramaturgisch unfruchtbar und visuell, bis auf so manch fabelhaftes Wesen und dem imposanten Winterpalais, wenig erquicklich. Teure Konfektionsware eben, aber, im Gegensatz zum Vorläufer, zumutbar.
Cover & Szenenbilder: © Universal Pictures 2016