(USA, 1988)
“The course is chosen... toward death“
Religion macht in kommerziellen Filmen fast immer eine schlechte Figur. Entweder man geht ihr auf den Leim und kauft ihr die schleimige Botschaft ab, dass Gottvertrauen alles ist, was der Mensch braucht. Oder aber sie hat die A-Karte gezogen und ist lediglich für emotive Schauwerte und Effekte zu gebrauchen. Entweder, Religion ist das einzig Gute und Wahre, oder aber sie ist mit Düsternis und Gefahr konnotiert. Das ist naturgemäß vor allem bei Horror- und Okkultthrillern der Fall.
Die Siebziger haben den Unterhaltungswert dieses Feldes besonders kultiviert und für alle späteren Genrewerke fruchtbaren Boden hinterlassen. William Friedkins
The Exorcist (1973) und Richard Donners
The Omen (1976) sind zwei besonders prominente Beispiele.
The Seventh Sign (
Das siebte Zeichen, 1988) von Carl Schultz hat sich vom Sujet her an den ganz großen Eintopf gewagt. Hier steckt alles drin: Bibel, Gotteszorn, Apokalypse. Es war eine ganz und gar kommerzielle Angelegenheit, bei der mit Fug und Recht nicht allzu viel Anspruch unterstellt werden darf. Doch auch wenn die Macher hier in erster Linie das schnelle Geld im Auge hatten (und das merkt man dem Film auch an) – das Thema gibt einiges her.
Vor allem hatte Schultz den ganz natürlichen Gruselfaktor des ‚Buchs der Bücher’ erkannt. D
enn man darf das ja mittlerweile sagen, ohne vom Religionslehrer ausgepeitscht zu werden: die Bibel war der erste Splatter-Film auf Papier. Und ein astreiner Schauerroman darüber hinaus, lange vor Poe und Radcliffe, Blackwood und Lovecraft, Stoker und Shelley, oder E.T.A. Hoffmann. Auch die manchmal sehr morbide anmutende christliche Ikonographie, die düsteren Bilder und Malereien, haben sicherlich dazu beigetragen, dieses Gruselpotenzial zu konstituieren.
Schultz verknüpft zuerst zwei Ebenen, die wir jedoch recht schnell zusammenbekommen können. Jürgen Prochnow, großartig wie fast immer, stapft durch die weite Welt, bricht vergilbte Briefe mit Siegeln auf, und kurz darauf passieren dann: Zeichen. Tote Fische am Strand. Flüsse, die sich rot färben. Ihm auf den Versen ist ein mysteriöser Gesandter aus dem Vatikan, Pater Lucci (Peter Frieman).
Schon in den ersten Minuten erzeugt Schultz Gänsehaut via Geschichte. Wenn zum Beispiel dieser Pater Lucci in einem Dorf in der israelischen Wüste steht, das mysteriöserweise eingeschneit wurde, und er – nicht ohne dramatische Pause – einwirft: „Diese Stadt wurde auf den Ruinen einer noch viel älteren Stadt erbaut. Ihr Name war Sodom.“ Diese schön-schaurigen Effekte haben eine eigene, natürliche Kraft, die mal zur Abwechslung nicht komplett aus dem Reich der Phantasie kommt, sondern aus der Historie. Gut, auch da ist Mythologisierung dabei, aber wen schert denn so was?
Der Fremde, der sich David Bennet nennt, taucht bald in Los Angeles auf und spricht für das Zimmer vor, das die junge Abby Quinn, gespielt von Demi Moore, zu vermieten hat. Man ahnt selbstredend, dass David nicht durch Zufall dort aufkreuzt.
Und: Abby ist schwanger.
Ihr Mann Russel (Michael Biehn) ist Anwalt und versucht verzweifelt, einen jungen Mann vor der Gaskammer zu bewahren. Er zündete seine Eltern im Schlaf an, weil sie Inzest trieben. Und da war die Todesstrafe fällig. Gottes Wille, comprende?!
Es häufen sich bald die Anzeichen, die vom Ende der Welt künden. Damit haben David und Pater Lucci zu tun, doch die Rollen zwischen gut und böse sind nicht so klar verteilt, wie es zuerst scheint. Im Finale laufen die Stränge zwischen der Hinrichtung und der Geburt von Abbys Baby zusammen.
The Seventh Sign ist Unterhaltungs- und Spannungskino der Achtzigerjahre. Gutes Kino. Die meisten Kritiker waren nicht begeistert, an den Kinokassen war es ein mittelmäßiger Erfolg. Aber trotzdem konnte Schultz eine schöne, schaurige Atmosphäre auf die Leinwand bannen. Demi Moore spielt die vom Einbruch des Irrationalen bedrohte junge Frau genauso ansehnlich wie Prochnow den mit leiser, salomonischer Stimme sinnierenden Todesengel aus dem Jenseits. Ihren stärksten Moment (der gleichzeitig ein introvertierter Höhepunkt des Filmes ist) haben beide, als sie vor dem Fernseher sitzen und die Bilder aus aller Welt von nichts anderem als Gewalt und Chaos künden. Kriege, Hungersnöte, Umweltkatastrophen. Bilder, die in diesem Kontext zu vorausschauenden Zeichen des Untergangs gerinnen. „Ich dachte, die Welt hätte sich geändert. Aber das hat sie nicht. Der Kurs ist vorprogrammiert… auf Zerstörung.“
Einzig das Ende des Films ist missionarischer Kitsch. Schultz vollzieht eine recht späte Wende und bringt es tatsächlich fertig, aus der eben noch bedrohlichen Atmosphere des Religiösen affirmative Errettungsphanatsien zu basteln. Die Menschheit erhält eine zweite Chance. Und die soll sie, gottverdammt noch mal, auch nutzen. Da kann man nur sagen: Puh, gerade noch mal gut gegangen!
Ich kann nichts dagegen machen, aber
The Seventh Sign bleibt genau so lange gut, so lange er Religion auf sinistre Schauwerte abklopft. Das mag etwas unfair sein. Aber für einen Unterhaltungsfilm ist das alle mal die bessere Variante.