Typisch für Regisseur Brian De Palma beginnt der Film mit einer Steadycam-Sequenz, die kein Ende zu nehmen scheint: Pulizerpreisträger Peter Fallow (Bruce Willis) ist auf dem Weg zu einem Empfang zu seinen Ehren, und er hat schon eine Menge Alkohol intus, wie uns sein nahezu wortloses aber dafür umso flegelhafteres Benehmen deutlich vor Augen führt. Keiner der Menschen, mit denen er während dieser Kamerafahrt auf unangenehme Weise in Berührung kommt, stößt sich aber an seinem Auftreten, es wird vielmehr als Selbstverständlichkeit einfach übergangen, denn Peter Fallow ist jetzt ein Star.
Von Anfang an ist klar, hier geht es um die besinnungslose Belobhudelung vergänglicher Nichtigkeiten. Der einzige, der die gesamte Handlung über einen klaren Blick auf die Geschehnisse hinter die Tatsachen behalten wird, ist ironischerweise der ausnahmslos ständig betrunkene Erzähler Fallow, den man aber aufgrund seiner Selbstzerstörungswut auch nicht ganz ernst nehmen kann. Die Geschichte seines grandiosen Erfolgs als Autor und Journalist bildet nun die Binnenhandlung des Films.
Der erfolgreiche Börsenbroker Sherman McCoy (Tom Hanks) begeht eines Abends zwei folgenschwere Fehler. Als er seine Geliebte Marie (Melanie Griffith) anrufen will, wählt er aus Versehen die Nummer seiner eigenen Frau Judy (wunderbar überdreht gespielt von Kim Cattrall), und nachdem er Marie vom New Yorker Flughafen abgeholt hat, verpasst er eine Autobahnausfahrt und landet mitte
n in der kriminellsten Ecke der Bronx. Auf der Flucht vor zwei schwarzen Gangstern wird einer der beiden Bösewichte angefahren, Sherman und Marie kommen mit dem Schrecken davon; vorerst.
Eine Reihe weiterer unglücklicher Zufälle lässt die Situation für Sherman immer weiter eskalieren. Zuerst fällt der von Shermans Auto angefahrene Junge im Krankenhaus ins Koma, was der einflussreiche schwarze Reverend Bacon (fast übermächtig in Szene gesetzt, in einer seiner späten Rollen: John Hancock) als Anlass für den Aufruf zum Rassenkampf nimmt. Der jüdische Staatsanwalt macht bald darauf ebenfalls Jagd auf den fahrerflüchtigen Weißen aus der Oberschicht, um die schwarze Wählergruppe zu beeindrucken. Die Polizei und die Medien werden zu Instrumenten einer Hetzjagd gegen Sherman McCoy, der überhaupt nicht weiß, wie ihm geschieht: Er war es doch, der angegriffen wurde, um Himmels Willen! Doch die Wahrheit interessiert scheinbar niemanden, die Medienbosse wollen ihre Titelseiten füllen, die Politiker Wähler gewinnen, und auch Judy McCoy hat nach langen Jahren zumindest nach außen hin funktionierender Ehe nun ebenfalls Pläne jenseits des Lebens ihres mittlerweile arbeitslosen und vorbestraften Mannes.
Mit erbarmungsloser Konsequenz zerstört De Palma seine Hauptfigur. Die filmische Umsetzung könnte dabei typischer nicht sein: Jede Einstellung ist ein komponiertes Kunstwerk für sich, der Schnitt ist ruhig und lässt dem Zuschauer Zeit, jedes Detail eines Bildes wahrzunehmen. Diese Künstlichkeit der Darstellung passt in diesem Film hervorragend zum Inhalt: Sie ironisiert und distanziert. Egal wie schlecht es Sherman geht, man kann immer über ihn lachen.
Und zugleich muss man den Kopf schütteln über all die aufgeblasenen Affen, die sich selbst und das was sie tun so wichtig nehmen, dass sie ohne mit der Wimper zu zucken Shermans Leben zerstören.
Zum Schluss wendet sich das Blatt für Sherman natürlich noch mit Peter Fallows Hilfe, als er endlich gelernt hat, sich selbst auf die Füße zu stellen und als wahrer Held hinter den Schein der Welt der Einflussreichen und Wohlhabenden zu blicken.
In nahezu jedem Hinblick ist Fegefeuer der Eitelkeiten somit eine gelungene Satire auf die scheinbare Wichtigkeit der Mächtigen. Sie hat nur einen einzigen wirklichen Makel, doch dieser wiegt dafür umso schwerer: Brian De Palma ist ein Moralist, und als solcher hält er mit seiner Meinung nicht nur nicht hinter dem Berg, er legt sie seinen Charakteren sogar offen in den Mund, predigt im wahrsten Sinne des Wortes zu seinem Publikum: Kehret um von euren selbstsüchtigen Wegen! Suchet nach der Aufrichtigkeit, die in euch steckt und beflecket nicht das gute Gesetz durch eure bösen, bösen, schlimmen und vor allem ganz, ganz bösen Intrigen! (Frei nach Morgan Freemans alias Richter Leonard Whites Plädoyer am Ende der abschließenden Gerichtsverhandlung.)
Wer den Film in seiner ganze Fülle genießen will, sollte daher in dem Moment, wo Sherman freigesprochen ist, den Schnellvorlauf seines DVD-Players betätigen, um zuletzt noch einmal einen Blick auf den angesoffenen Bruce Willis zu erhaschen, bevor er ins Blitzlichtgewitter von Peter Fallows Pulizerpreisverleihung hinaustritt und der Film zu Ende ist.